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  Canisius-kolleg: 15 Weitere Missbrauchsopfer

Main Post
January 29, 2010

http://www.mainpost.de/nachrichten/politik/brennpunkte/Canisius-Kolleg-15-weitere-Missbrauchsopfer;art112,5447872

Das Jesuitengymnasium "Canisius-Kolleg" in Berlin.

Mittlerweile haben sich 15 weitere mannliche Opfer gemeldet, seit bekanntgeworden war, dass zwei Lehrer am Canisius- Kolleg in den 70er und 80er Jahren sieben Schuler sexuell missbraucht hatten. Das gab der Rektor der Privatschule, Pater Klaus Mertes, am Freitag bekannt. Alle hatten die beiden Padres als Tater beschuldigt, die auch schon die ersten Missbrauchsopfer genannt hatten.

Die Vorfalle kamen ans Licht, weil sich Mertes in einem Brief an etwa 600 ehemalige Schulerinnen und Schuler gewandt hatte. Die Staatsanwaltschaft pruft, ob wegen der Tatvorwurfe noch eine Strafverfolgung moglich sei. Einige der Missbrauchsopfer hatten trotz ihrer Leiden ihre eigenen Kinder auf das katholische Gymnasium geschickt, sagte die Rechtsanwaltin und Beauftragte des Jesuitenordens fur Falle von sexuellem Missbrauch, Ursula Raue.

Mertes hatte nach eigenen Angaben schon 2004 und 2005 von jeweils einem Missbrauchsfall erfahren. Damals hatten ihn die beiden Opfer um Diskretion gebeten, daher habe er nicht weiter recherchiert, sagte er. Als sich bei ihm im Dezember und Januar dann jedoch funf weitere Opfer meldeten, entschloss sich Mertes zu dem Brief. Die neuen Berichte ehemaliger Schuler hatten ihn uberzeugt, dass es sich nicht nur um Einzelfalle, sondern systematischen Missbrauch gehandelt habe. Einer der Tater soll sich laut Mertes bereits bei Anwaltin Raue gemeldet und die Taten gestanden haben.

Teil der Aufklarungsarbeit wird laut Mertes nun sein, mogliche Fehler innerhalb der Schule aufzudecken. Immerhin habe es lange Jahre entsprechende Geruchte, aber keine Aufklarung gegeben. Daher musse untersucht werden, ob Padres oder die Schulleitung wissentlich weggeschaut hatten. «Die Schuler haben mir glaubwurdig die damalige Institution als eine ,wegschauende' Institution beschrieben», so Mertes. «Das Wegschauen beginnt immer in dem Moment, wo Sie etwas horen und sich entscheiden: ,Ich will das gar nicht wissen'.»

Er vermute au?erdem, dass zumindest einer der beiden Padres Anfang der 80er Jahre die Schule verlassen musste, weil es einen eindeutigen Verdacht auf Missbrauch gegeben habe. Mertes betonte auch, dass sich innerhalb der katholischen Kirche einiges andern musse. «Die Missbrauchsfalle - nicht nur hier, sondern auch die der vergangenen Jahre - stellen eine schwergewichtige Frage an die katholische Kirche. Namlich, ob sie Missbrauche begunstigt, durch ihre Kultur, durch ihr System», sagte der Pater. «Ich glaube, dass es zwei Stichworte gibt, mit denen die katholische Kirche arbeiten muss: Phobie und Sprachlosigkeit.»

Die katholische Kirche habe ein Angstproblem, besonders mit der Homophobie. Au?erdem sei Sprachlosigkeit ein Problem beim Thema Sexualitat. «Wenn sich die Lehre der katholischen Kirche zur Sexualitat so weit von den realen Fragestellungen, auch junger Menschen, entfernt, dass sie mit den realen Erfahrungen praktisch nichts mehr zu tun hat, dann fuhrt das die junge Generation zu ganz gro?en Teilen in eine Sprachlosigkeit.» Beide Themen konnten zu Problemen fuhren, denen sich die katholische Kirche stellen musse.

 
 

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