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  Weitere Falle Von Missbrauch

taz
February 1, 2010

http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/weitere-faelle-von-missbrauch/

Der Schulleiter rechnet damit, dass sich noch mehr Betroffene melden.

In Hamburg haben sich drei ehemalige Schuler gemeldet, die missbraucht wurden. Unter Verdacht steht derselbe Pater wie an der Berliner Canisius-Schule. VON F. BOGER & C. FULLER

Nach dem Bekanntwerden von Missbrauch an der Jesuiten-Schule Canisius in Berlin kommen jetzt nach und nach weitere Falle ans Licht. An der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule haben sich bisher drei ehemalige Schuler gemeldet, die missbraucht wurden. Auch das Jesuitenkolleg St. Blasien im Sudschwarzwald will mogliche Vorfalle prufen. In beiden Fallen ist der mutma?liche Tater Pater Wolfgang S., der am Berliner Canisius-Kolleg unterrichtet hat. Der Pater war von 1979 bis 1982 in Hamburg und von 1982 bis 1984 in St. Blasien tatig. 1991 trat er aus dem Orden aus und lebt jetzt in Chile.

Friedrich Stolze, der Schulleiter der Hamburger Sankt-Ansgar-Schule, rechnet damit, dass sich noch mehr Schuler melden werden. "Einer der drei Betroffenen hat mir den Hinweis gegeben, dass es noch mehr Missbrauchsfalle gab", sagte er der taz. In einem Fall habe sich eine Mutter gemeldet, deren Sohn heute seelisch krank sei. "Das war ein sehr bewegendes Gesprach", sagte Stolze. Er habe inzwischen alle Schuler, Lehrer und den Elternrat schriftlich benachrichtigt. Wie er jetzt weiter damit umgehe und ob er ehemalige Schuler anschreibe werde, wisse er noch nicht.

Am St.-Blasien-Kolleg im Sudschwarzwald hatte der Rektor, Pater Johannes Siebner, am Montag alle Schuler zu einer internen Versammlung zusammengerufen, um auf Fragen zu den Vorfallen zu antworten. "Ich muss davon ausgehen, dass es auch an unserem Kolleg Falle gibt, das hat mir der Leiter der Jesuiten in Deutschland mitgeteilt", sagte Siebner der taz. Bei der Versammlung waren rund 600 der 900 Schuler anwesend. "Ich mochte meine Schuler nicht den Tumulten einer Offentlichkeit aussetzen, die jetzt von au?en auf sie eindringt und sie verunsichert." Die Versammlung sei ein Angebot an die Schuler gewesen, keine Pflichtveranstaltung. "Es gibt ja auch Schuler, die das gar nicht horen wollen", erlauterte Siebner. Zu den konkreten Einzelfallen wollte er nichts sagen: "Ich mochte die Opfer nicht ein zweites Mal zu Opfern machen, indem ich uber Falle spreche."

Am Canisius-Kolleg in Berlin sind inzwischen 20 Betroffene bekannt, die zwischen 1975 und 1982 Opfer sexuellen Missbrauchs geworden waren. Die Staatsanwaltschaft pruft die Falle. "Es spricht aber vieles dafur, dass die Taten verjahrt sind", sagte Staatsanwaltssprecher Martin Steltner am Montag der dpa. Das betreffe auch etwaige Vorwurfe an den Jesuiten-Orden wie Strafvereitelung oder unterlassene Hilfeleistung. "Die Prufung dauert noch an."

Der Ordensfuhrer der Jesuiten in Deutschland, Stefan Dartmann, entschuldigte sich am Montag im Canisius-Kolleg bei den Opfern. "Sie tragen belastende Erinnerungen mit sich und erheben jetzt ihre Stimme. Sie bitte ich auch im Namen des Ordens fur alle Missbrauche, die sie erlebt haben, um Vergebung." Ebenso bitte er um Entschuldigung fur das, was an "Notwendigem von Verantwortlichen" unterlassen worden sei.

Pater Wolfgang S. soll sich im Januar in einem Brief an die Opfer gewandt und sich entschuldigt haben, meldete der Spiegel. Er gab an, bereits 1991 seinen damaligen Provinzialoberen informiert zu haben. Dartmann bestatigte dies und kundigte an, die Akten uberprufen zu lassen, um "festzustellen, was genau die Jesuiten damals wussten und welche Konsequenzen erfolgten", sagte er laut Spiegel.

 
 

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