BishopAccountability.org
 
  Immer Neue Missbrauchsfälle: Eine Chronologie
Bischofskonferenz Schwieg Lange
ZDF heute
February 22, 2010

http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/23/0,3672,8039703,00.html

GERMANY -- Mitte Januar wurden Missbrauchsfälle an einer Berliner Jesuitenschule publik - und seitdem gibt es ständig neue Vorwürfe. Die lange Liste der Missbrauchsfälle und das lange Schweigen der Kirche: ein überblick.

# Mitte Januar: Der Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, informiert rund 500 Schüler der "potenziell betroffenen" Abiturjahrgänge 1975 bis 1983 per Brief über mögliche Missbrauchsfälle an der renommierten Jesuitenschule. Er entschuldigt sich für "ein Wegschauen" im Lehrerkollegium und im Orden und ruft Betroffene auf, sich zu melden.

# 29. Januar: Mertes räumt auf einer Pressekonferenz sieben bisher bekannte Missbrauchsfälle ein. Als Täter werden zwei Patres genannt. Die Berliner Staatsanwaltschaft übernimmt das Ermittlungsverfahren vom Landeskriminalamt. Mit der katholischen Kirche geht Mertes kurz darauf hart ins Gericht: Sie leide "an Homophobie" und habe sich beim Thema Sexualität vom realen Alltag weit entfernt, sagt er in einem Interview. Nach Angaben des Ordens war das Canisius-Kolleg bereits 1981 von Schülern auf übergriffe aufmerksam gemacht worden. Die Ordensleitung war spätestens 1991 über Missbrauchsfälle informiert.

# 29. Januar: Das Erzbistum Berlin räumt ebenfalls Ermittlungen wegen Missbrauchs gegen einen früheren Pfarrer der katholischen Heilig-Kreuz-Gemeinde in Berlin-Hohenschönhausen ein. Die Vorfälle, die sich 2001 ereignet haben sollen, sind dem Erzbistum seit Sommer 2009 bekannt.

# 1. Februar: Der Skandal weitet sich bundesweit aus: Der ranghöchste deutsche Jesuit, Pater Stefan Dartmann, erklärt bei einem Besuch in Berlin, ihm seien bislang 25 Opfer bekannt. Außer den 20 Betroffenen am Canisius-Kolleg seien es drei an der Hamburger St.-Ansgar-Schule und zwei Personen am Jesuitengymnasium in St. Blasien im Schwarzwald. Die beiden beschuldigten Patres Peter R. und Wolfgang S. gehören dem Orden seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr an, waren danach aber in anderen katholischen Einrichtungen im In- und Ausland tätig.

# 2. Februar: Der Missbrauchs-Skandal erfasst nun auch das Bistum Hildesheim. Hier war einer der beiden beschuldigten Ex-Jesuitenpatres von 1982 bis 2003 als Seelsorger tätig. Zwei Fälle von sexuellen übergriffen sind bekannt. Der damalige Bischof Josef Homeyer räumt ein, dass er "aus heutiger Sicht die Vorwürfe zu wenig ernst genommen und die Tragweite der weiteren Entwicklungen eindeutig unterschätzt" habe. Die deutschen Bischöfe kündigen an, sich auf ihrer Vollversammlung vom 22. bis 25. Februar in Freiburg mit dem Missbrauchsskandal bei den Jesuiten zu beschäftigen.

* 3. Februar: In Berlin wird nach Angaben des Jesuitenordens gegen einen weiteren Patres wegen Missbrauchs zwischen 1976 und 1981 ermittelt. Der Priester war als Religionslehrer auch an der katholischen Liebfrauenschule tätig. Das Erzbistum Berlin kündigt eine umfassende Aufklärung des Falls an. Kurz darauf sagt der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, dass die katholische Kirche alle Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester aufklären wird.

* 7. Februar: Bei der Missbrauchsbeauftragten des Jesuitenordens, Ursula Raue, haben sich mittlerweile 30 frühere Schüler des Berliner Canisius-Kollegs gemeldet. Dazu kommen bis zu zehn weitere Fälle in Jesuitenschulen in Bonn, Hamburg und St. Blasien. Bekannt wird auch, dass in einem 2004 erschienenen Buch ein Ex-Schüler bereits den Missbrauch durch Priester geschildert hat. Papst Benedikt XVI. verurteilt die Taten kurz darauf als Verstoß gegen die Rechte von Kindern.

* 12. Februar: Der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky warnt davor, die katholische Kirche und ihre Schulen unter Generalverdacht zu stellen. Die Glaubwürdigkeit der vielen engagierten Priester und Pädagogen dürfe nicht wegen der Schuld Einzelner zerstört werden. Zugleich räumt er Defizite in der Aufklärung von Missbrauchsfällen ein.

* 16. Februar: Der Augsburger katholische Bischof Walter Mixa führt den Missbrauch auf die zunehmende Sexualisierung des öffentlichen Lebens zurück, die "abnorme sexuelle Neigungen eher fördert als begrenzt". Er verweist darauf, dass der Anteil der Vorkommnisse in kirchlichen Einrichtungen in einem "verschwindend geringen" Promille-Bereich liege. Das Priester-Zölibat hat aus Mixas Sicht die Taten nicht befördert.

* 18. Februar: Mindestens 115 Opfer sollen bundesweit an Schulen des Jesuitenordens in Deutschland seit den 50er Jahren missbraucht worden sein. Die sexuellen übergriffe seien nicht nur vereinzelt, sondern systematisch begangen worden, sagte die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens in einem Zwischenberichts. Derweil berichten auch die Pallottiner über Fälle sexuellen Missbrauchs in einer früheren Ordenseinrichtung: Ein Schüler des ehemaligen Konvikts Sankt Albert in Rheinbach bei Bonn habe vor zwei Jahren angegeben, er und zwei weitere Jungen seien Anfang der 60er Jahre von einem Pater missbraucht worden, sagt ein Sprecher der deutschen Pallottiner-Provinz. Der beschuldigte Pater sei in den 1960er Jahren aus dem Orden ausgeschieden. Die Schule wurde 1967 geschlossen.

* 20. Februar: Der "Spiegel" berichtet von Missbrauchsfällen auch in zwei ehemaligen Heimen der Salesianer Don Boscos in Augsburg und Berlin. Ebenfalls betroffen seien ein ehemaliges Kinderheim der Vinzentinerinnen im oberschwäbischen Oggelsbeuren sowie das Maristen-Internat im bayerischen Mindelheim und das frühere Franziskaner-Internat in Großkrotzenburg bei Hanau. Massive Missbrauchsvorwürfe gebe es auch gegen frühere Mitarbeiter des Franz-Sales-Hauses in Essen, einer renommierten Behinderten-Einrichtung. Laut "Frankfurter Rundschau" soll es zudem im Sankt Ludwig Kolleg der Franziskaner-Minoritäten Vorfälle gegeben haben. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger fordert die Bischöfe in dem Magazin zum Handeln auf. Sie erwarte "konkrete Festlegungen, welche Maßnahmen für eine lückenlose Aufklärung ergriffen werden".

* 22. Februar: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, äußert sich erstmals öffentlich zu dem Skandal: Zum Beginn der Frühjahrsvollversammlung erklärt er: "Ich entschuldige mich bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens geworden sind." Die katholische Kirche in Deutschland dringe auf eine umfassende Aufklärung. Zudem werde sie versuchen, den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen übergriffen zu verbessern.

[summary]

This is an overview of the numbers of cases of child sexual abuse in the Catholic Church that have been revealed since mid-January.

In mid-January, Father Klaus Mertes, rector of Berlin's Canisius College, informed 500 students by letter that possible abuse occured at the school from 1975 to 1983. He apologized that staff had a blind eye to the allegations and he asked for victims to come foward.

Jan. 29: Father Mertes admitted at a press conference of seven previously known cases of abuse by two priests. The Berlin public prosecutor took over the investigation.

Jan. 29: The Berlin archdiocese acknowledged investigation into abuse against a former priest at Holy Cross parish in Berlin-Hohenschoenhausen. The incidents are alleged to have happened in 2001 but was known to the archdiocese since the summer of 2009.

Feb. 1: The scandal began to spread nationwide. Father Stefan Dartmann said during a visit to Berlin that 25 victims were known. Besides 20 students at Canisius, there were three at St. Ansgar School, Hamburg, and two at St. Blaise school in the Black Forest. The accused priests, Peter R. and Wolfgang P., were former Jesuits but were active in other Catholic institutions at home and abroad.

Feb. 2: The scandal moved to the Hildescheim diocese where one of the two accused former Jesuit priests served as pastor from 1982 to 2003. Two cases of sexual assault were known. Bishop Josef Homeyer said from today's perspective the allegations were seriously and implications for further developments were clearly underestimated. The Germany bishops were set to discuss the abuse issue at their plenary meeting to be held in Freiburg from Feb. 22 to 25.

Feb. 3: In Berlin, cases of abuse surfaced by one priest who was also a religion teacher at Notre Dame Catholic School. The Berlin archdiocese announced an investigation. Shortly therafter, Hans Langendorfer, secretary of the bishops' conference, said all cases of abuse would be investigated.

Feb. 7: Lawyer Ursula Raue, representing the Jesuit order, said that 30 former pupils of Canisius College had been abused. Additional cases were revealed in Bonn, Hamburg and St. Blaise. Pope Benedict XVI condemened sexual abuse of minors shortly thereafter as a violation of the rights of children.

Feb. 12: Berlin Cardinal Georg Sterzinky said the credibility of dedicated priests and teachers should not be destroyed because of the guilt of individuals. He also acknowledged shortcomings in the investigation of abuse cases.

Feb. 16: Bishop Walter Mixa of Augsburg attributed the abuse cases to increasing sexuality in public life and pointed to what he called abnormal sexual preference. He said incidents within the church were small.

Feb. 18: At least 115 victims of abuse since the 1950s were known in Jesuit schools. The sexual assaults were not isolated but were systematically committed. Meanwhile, reports on cases of sexual abuse involving the Pallottines began to surface. A student at the former St. Albert Seminary on the Rhine river Near Bonn said two years ago he reported that he and two other boys were abused in the early 1960s by a priest. The accused priest left the order in the 1960s and the school closed in 1967.

Feb. 20: Abuse cases were reported at two former homes of the Salesians of Don Bosco in Augsburg and Berlin. Also affected were the Daughters of Charity and a former children's home in Upper Swabia, the Marist board school in Mindelheim, Bavaria, and the former Franciscan boarding school in Grosskrotzenburg, Hanau. A large number of abuse allegations were made against former employees of the Franz-Sales House in Essen, a well-known facility for disabled people. An allegation was also made at St. Louis College. The federal justice minister urged the bishops to take action.

Feb. 22: Archbishop Robert Zollitsch, who heads the bishops' conference, is expected to make his first statement on the scandal at the bishops spring meeting.

 
 

Any original material on these pages is copyright © BishopAccountability.org 2004. Reproduce freely with attribution.