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  Im Angesicht Der 14 Nothelfer

domradio
March 18, 2010

http://www.domradio.de/aktuell/62459/im-angesicht-der-14-nothelfer.html

Die bayerischen Bischofe gehen in der Missbrauchsdebatte voran

Devotionalien sind in diesen Tagen nicht wirklich ein Verkaufshit in Vierzehnheiligen, sagen die wenigen Handler, die ihre Stande geoffnet haben. Dabei erlebt der oberfrankische Wallfahrtsort seit Dienstag einen wahren Ansturm. Denn mit den bayerischen katholischen Bischofen ist auch die Weltpresse in den malerischen Ort mit seiner Balthasar-Neumann-Basilika gekommen, wo traditionell die 14 Nothelfer verehrt werden.

Das ungewohnlich gro?e mediale Interesse kommt vor allem daher, dass der Missbrauchsskandal durch Falle bei den Regensburger Domspatzen und im Erzbistum Munchen-Freising auch die Familie des Papstes aus Bayern und damit eine neue Dimension erreicht hat. Die „New York Times“ berichtet seither in gro?er Aufmachung uber den suspendierten Kurseelsorger von Bad Tolz, der sich vor Jahrzehnten an Kindern vergriff und dafur auch verurteilt wurde. In der Amtszeit von Joseph Ratzinger als Munchner Erzbischof war der Priester aus Essen ubernommen worden, wo er bereits auffallig geworden war.

Und so gibt es aus Vierzehnheiligen Schaltungen in die Heimat, ein Privatsender ubertragt die Pressekonferenz des Fruhjahrstreffens der Bischofe live im deutschen Fernsehen. Die Journalisten, darunter Reporter aus Italien und den USA, erleben Oberhirten, die trotz erkennbarer Anspannung klar Stellung beziehen und sich in der Frage positionieren, wie die Kirche kunftig mit Missbrauchsfallen in ihren Reihen umgehen soll. Das einstimmige Votum aus Bayern wird auch fur die Deutsche Bischofskonferenz nicht folgenlos bleiben.

Wahrend dort noch uber eine Reform der Leitlinien von 2002 nachgedacht wird, schaffen die bayerischen Bischofe Fakten: Bei jedem Verdacht von sexuellem Missbrauch und korperlicher Misshandlung wollen sie die Staatsanwaltschaft einschalten - selbst wenn das Vorkommnis offenkundig verjahrt ist. Diese Meldepflicht wird in Bayern ab sofort praktiziert. So lautet der Beschluss.

Bayerns Bischofe haben sich die Maxime der „Null Toleranz“ zu eigen gemacht, fur die auch Papst Benedikt XVI. schon seit langem einsteht. Im Unterschied zu etlichen Medienvertretern sehen sie jetzt aber nicht zuerst das Kirchenoberhaupt am Zug. „Wir als bayerische Bischofe haben hier die Verantwortung“, sagt der Munchner Erzbischof und Konferenzvorsitzende Reinhard Marx auf die Frage, ob nicht Papst Benedikt XVI. direkt zu den Fallen in seiner Heimat Stellung nehmen musse. Die bisherigen Au?erungen des Kirchenoberhauptes seien jedoch eine Ermutigung, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten, lasst Marx wissen.

In der Debatte um institutionelle Entschadigungszahlungen signalisieren die Bischofe Gesprachsbereitschaft. Zunachst seien die Tater gefragt, hei?t es. Wo sie jedoch verstorben seien oder aus anderen Grunden nicht herangezogen werden konnten, habe die Kirche eine „moralische Pflicht“, den Opfern auch uber das gesetzlich gebotene Ma? hinaus zu helfen. Gehe es dabei zwar nicht primar um Geldfragen, werde in den nachsten Wochen aber auch uber „finanzielle Aspekte“ zu reden sein, sagt der Erzbischof.

Ein Zeichen will der bayerische Episkopat setzen, nicht nur durch Erklarungen, sondern auch durch Gesten. Am Abend zuvor haben sich die Bischofe in der barocken Wallfahrtskirche zum Gottesdienst versammelt. Die Banke sind voll besetzt. In einem eigens formulierten Vergebungsgebet bitten sie die Opfer um Verzeihung, mahnen aber auch zum Gebet fur die Tater. Dann zundet jeder Diozesanbischof fur sein Bistum eine Kerze an. Scham, Betroffenheit, aber auch Emporung, fasst Marx die Emotionen seiner Mitbruder zusammen.

Der gastgebende Bamberger Erzbischof Ludwig Schick au?ert die Hoffnung, dass von dem Bischofstreffen ein positives Signal ausgeht. Glaubt man den Statements der Kirchganger, die in Vierzehnheiligen von Kameras und Mikrofonen eingefangen werden, ist noch nicht ausgemacht, ob das Zeichen auch ankommt. Letztlich schaut auch das Kirchenvolk in diesen Tagen nach Rom.

 
 

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