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  Papstbrief Enttäuscht Missbrauchopfer

Spiegel
March 20, 2010

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,684784,00.html

GERMANY -- Der Hirtenbrief des Papstes zum Missbrauchskandal ruft ein geteiltes Echo hervor. Trotz Benedikts Schweigen zu den Fällen in Deutschland loben katholische Kirchenvertreter und Laien das Schreiben. Reformer und irische Opfer dagegen zeigen sich verärgert.

Hamburg - Der Papst kommt an. Wenigstens bei den Kirchenführern. Die loben den Hirtenbrief von Benedikt XVI. an die irischen Katholiken in den höchsten Tönen. Das Schreiben zu den Missbrauchsfällen sei ein zentraler Schritt auf dem Weg zu einer Erneuerung der Kirche, sagte das Oberhaupt der irischen katholischen Kirche, Kardinal Sean Brady: "Lasst uns beten, dass dies jetzt der Beginn einer großen Zeit der Wiedergeburt der irischen Kirche wird."

Der Papst hat sich in seinem mit Spannung erwarteten Hirtenbrief an die Katholiken in Irland bei den Opfern sexueller Gewalt entschuldigt.

ähnlich das kirchliche Echo in Deutschland - obwohl die Hoffnung vieler Katholiken, der Papst möge auch die Fälle sexuellen Missbrauchs in den deutschen Bistümern ansprechen, enttäuscht wurde: Benedikt XVI. erwähnte sie mit keinem einzigen Wort explizit.

Kein Problem, meinen die deutschen Katholiken. Da der Brief an die irische Kirche gerichtet sei, wundere er sich nicht darüber, dass Missbrauchsfälle in Deutschland nicht erwähnt würden, erläuterte der Trierer Bischof Stephan Ackermann, der auch Beauftragter der katholischen Kirche zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch ist. Auch der Vatikan weist die Kritik am Schweigen zu deutschen Fällen zurück. Der Papst werde "einen angemessenen Weg finden, um auch auf die deutsche Situation Bezug zu nehmen", so Vatikan-Sprecher Federic Lombardi.

Die deutschen Kirchenführer etikettieren das Papstschreiben an die Iren um: Es soll nun gleichsam an die Deutschen gerichtet sein. Was der Papst den Iren sage, habe Geltung für die ganze Kirche und sei "eindeutig eine Botschaft auch an uns in Deutschland", sagte Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Der Skandal sexuellen Missbrauchs sei kein bloß irisches Problem, "er ist ein Skandal der Kirche an vielen Orten und er ist der Skandal der Kirche in Deutschland".

Hirtenbrief ein "eindrucksvolles Dokument"

Das Zentralkomitee der Katholiken in Deutschland unterstützt diese Linie. Der Brief an die Iren sei ein "eindrucksvolles Dokument, das auch der katholischen Kirche in Deutschland helfen kann, die richtigen Konsequenzen zu ziehen", sagte der ZdK-Vorsitzende Alois Glück. "Mit einer geradezu schonungslos offenen Sprache" befasse sich der Papst mit der Situation in Irland, "mit Schuld und Versagen" und den notwendigen Konsequenzen. Glück sagte: "Mit diesem Brief setzt sich Papst Benedikt erneut beispielhaft und klar für die kompromisslose Aufklärung von sexuellem Missbrauch und ebenso unmissverständlich für die Opfer ein."

Das Schweigen des Papstes zu den Missbrauchsfällen in Deutschland irritiert Glück nicht. Denn es bestehe kein vernünftiger Zusammenhang mit der Situation in Irland. Der Hirtenbrief befasse sich vielmehr sehr konkret mit der Lage in der dortigen katholischen Kirche, so Glück.

Andere aber sind offenbar schwer enttäuscht vom schweigenden Benedikt. Es sei sehr schade, dass sich der Papst nicht zu den Missbrauchsfällen in Deutschland geäußert habe, sagte Christian Weisner, Sprecher der Reformbewegung "Wir sind Kirche". Und weiter: "Das Schweigen des Papstes kommt nicht gut. Es wird sicher nicht seine Autorität und sein Ansehen in der Kirche erhöhen." Dabei hätte ihm, so Weisner, "schon ein Wort des Mitgefühls an die Opfer Sympathien eingebracht". Der Brief vermittle aber den Eindruck, es gehe dem Papst hauptsächlich um das Ansehen der Kirche.

"Dieser Brief ist noch nicht der große Durchbruch"

Der Hirtenbrief könne nur ein erster Anfang sein. Eine sorgfältige Prüfung der innerkirchlichen Strukturfragen stehe noch aus. Dabei gehe es ihm vor allem um eine Debatte über den Zölibat und eine Neuausrichtung der kirchlichen Sexuallehre, sagte Weisner: "Es wird immer noch nicht gesehen, dass es sich nicht nur um Einzelfälle handelt, sondern dass es ein globales Strukturproblem ist." Das Umsteuern müsse deutlich weiter gehen: "Dieser Brief ist noch nicht der große Durchbruch."

Als ärgerlich wertet Weisner zudem, dass der Papst die äußeren Umstände mitverantwortlich macht. So hatte Benedikt in dem Brief geschrieben, das Problem des sexuellen Missbrauchs von Kindern müsse im Gesamtkontext der "raschen Transformation und Säkularisierung der irischen Gesellschaft" und des "schnelllebigen sozialen Wandels" verstanden werden.

Große Enttäuschung über Benedikt auch bei den irischen Opferverbänden. Statt nur die Vergangenheit zu verurteilen, hätte der Papst mehr auf Konsequenzen und die Zukunft eingehen müssen, hieß es. Vor allem aber hätte er die Art und Weise verurteilen sollen, wie die Kirche den Missbrauch systematisch und über Jahre verdeckt gehalten habe, sagte Maeve Lewis, die Leiterin der Opfergruppe "One in Four".

Benedikt habe "eine glorreiche Möglichkeit verstreichen lassen, den Kernpunkt des kirchlichen Missbrauchsskandals anzusprechen: Die absichtliche Politik der katholischen Kirche bis in die höchsten Ebenen, Missbrauchstäter zu beschützen und damit Kinder zu gefährden", so Lewis. Opfer Andrew Madden erklärte, er habe keine Bestätigung gebraucht, dass Missbrauch eine Straftat und Sünde ist: "Die Entschuldigung von heute gilt nicht für die Verschleierung." Das aber sei ebenfalls eine Sünde gewesen, da deshalb viele Kinder weiterem Missbrauch ausgesetzt worden seien.

[summary]

The pope's pastor letter on the abuse scandal has been met with mixed reception. Despite Benedict's silence on the cases in Germany, Catholic Church representatives and lay people have praised the letter while victims appear to be annoyed.

Bishop Stephan Ackermann of Trier was not concerned that the pope didn't discuss the situation in Germany since the letter was addressed to the Irish church. Vatican spokesman Federico Lombardi said the pope will find an appropriate way to discuss the German situation.

 
 

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