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  Enfant Terrible Der Katholischen Kirche

By Carsten Volkery
Spiegel
March 31, 2010

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,686749,00.html

Bischof Walter Mixa: "Die Kirche muss nerven"

Als konservative Reizfigur provoziert er seit Jahren, Mitschuld fur den Kindesmissbrauch in der Kirche suchte er in der sexuellen Revolution. Nun erheben ehemalige Heimkinder Vorwurfe gegen den Augsburger Bischof Mixa - er soll sie als Pfarrer geprugelt haben.

In der katholischen Kirche spielt der Augsburger Bischof Walter Mixa seit Jahren die Rolle des Enfant Terrible. Er gefallt sich darin, gegen die Mehrheitsmeinung und liberale Tendenzen anzugehen. Es uberraschte daher niemanden, als er kurzlich die Mitschuld fur den Kindesmissbrauch in der Kirche ganz au?erhalb des Klerus suchte.

Die "sogenannte sexuelle Revolution", verkundete Mixa, sei daran "sicher nicht unschuldig". Das klang so, als sei vor 1968 in der Kirche alles mit rechten Dingen zugegangen. Dabei zahlen die funfziger Jahre zu den dunkelsten Kapiteln in der Missbrauchssaga. Es war eine typische Mixa-Provokation, der gewunschte Proteststurm folgte auf dem Fu?. Selbst die "Bild"-Zeitung erklarte: "Murks, Herr Mixa".

Vor diesem Hintergrund sind die am Mittwoch in der "Suddeutschen Zeitung" gegen Mixa erhobenen Vorwurfe explosiv. Funf ehemalige Heimkinder aus dem Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef in Schrobenhausen berichten in eidesstattlichen Erklarungen, dass Mixa sie als Stadtpfarrer in den siebziger und achtziger Jahren mehrmals geschlagen habe. Es geht ausdrucklich nicht um sexuellen Missbrauch, aber Mixa soll haufig eine Tracht Prugel verabreicht haben - mit Teppichklopfer, Kochloffel oder auch der blo?en Faust. Von den "schlimmsten Jahren" ihres Lebens spricht ein Opfer.

Das Bistum Augsburg hat die Vorwurfe scharf zuruckgewiesen. Sie seien "absurd, unwahr und offenbar in der Absicht erfunden, den Bischof personlich zu diffamieren", hei?t es in einer Stellungnahme. Mixa habe "zu keinem Zeitpunkt und in keiner seiner Funktionen" Kinder misshandelt.

"Die Kirche muss nerven"

Es steht Wort gegen Wort, doch allein der Verdacht ist fur den streitbaren Bischof ein Fiasko. Er ware nicht der erste Moralprediger, der als scheinheilig entlarvt wird. Und er hat das Problem, dass kategorische Dementis von katholischen Wurdentragern in diesen Tagen nicht mehr allzu ernst genommen werden.

Fur den konservativen Bischof steht viel auf dem Spiel. Als oberster Kampfer gegen den liberalen Zeitgeist hat er sich in Deutschland einen gewissen Ruf erworben. Den gilt es zu verteidigen.

"Die Kirche muss nerven", lautet die Berufsphilosophie des 68-Jahrigen. Diese Ansicht wird von vielen Katholiken geteilt, doch ubertreibt Mixa es regelma?ig und sorgt fur Kopfschutteln bei Glaubigen wie Funktionaren. In der Offentlichkeit gilt er wahlweise als "medienfreudiger Kampfsportler" ("FAZ") oder als "durchgeknallter, spalterischer Oberfundi" (Grunen-Chefin Claudia Roth).

Zusammen mit dem Regensburger Bischof Gerhard Muller und dem Kolner Kardinal Joachim Meissner bildet Mixa die Hardliner-Fraktion in der Deutschen Bischofskonferenz. Mal gei?elt er die "Fixierung auf die Evolutionstheorie" im Schulunterricht ("Das hat etwas Totalitares"), mal wirft er den Atheisten vor, die "Holle auf Erden" zu schaffen.

Sein Rezept ist immer das gleiche: Am liebsten wahlt Mixa Worte, die harsche Reaktionen hervorrufen. Er sei nicht so fur das Einerseits, Andererseits, sagte er dem SPIEGEL, von ihm hore man klare Worte.

Einmischung in Tagespolitik

In seinem Wuten gegen die Abgrunde der heutigen Gesellschaft ist der Augsburger auch schnell mit Nazi-Vergleichen bei der Hand. Der Holocaust sei ein schlimmes Verbrechen, sagte er vor einem Jahr beim Aschermittwoch - und relativierte es sogleich: Der Zahl der sechs Millionen getoteten Juden stellte er die Zahl von neun Millionen Abtreibungen gegenuber. Spater sah er ein, dass die individuelle Entscheidung von Millionen Frauen nichts mit einem geplanten Volkermord zu tun hat. Die Kritik hatte ihn getroffen.

Leiser ist er deshalb jedoch nicht geworden. Auch in die Tagespolitik mischt Mixa sich weiterhin gern ein. Beruchtigt sind bis heute seine Ausfalle gegen das Kita-Platz-Programm der schwarz-roten Bundesregierung. Das Leitbild, dass Frauen ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes wieder in den Beruf zuruckkehren sollten, bezeichnete er 2007 als inhuman und "gegen die Wurde der Frau". Mutter wurden so zu "Gebarmaschinen" degradiert. Wochenlang regte sich die Republik uber die reaktionaren Ansichten des alten Mannes auf.

Der Bischof verteidigt seine Provokationen damit, dass er Debatten ansto?en wolle. Die Kirche habe einen politischen Auftrag, sagt er. Selbst die anderen Bischofe sehen sein Treiben jedoch oft mit Unbehagen. Mehrfach bestellte ihn der Vorsitzende der Bischofskonferenz zum klarenden Gesprach.

Der Vorwurf, Kinder geprugelt zu haben, gibt Mixas Kritikern neue Munition. Wahrend das Bistum Augsburg sogleich mit "zivilrechtlichen und strafrechtlichen Schritten" wegen Verleumdung drohte, forderte Mixas alte Lieblingsgegnerin Claudia Roth eine Aufklarung der Vorwurfe. "Anstatt schon im Vorfeld eine juristische Drohkulisse aufzubauen, die nur neue Angst schurt, sollten die Vorwurfe endlich ernst genommen werden", sagte die Augsburger Bundestagsabgeordnete.

[summary]

As a conservative figure, Bishop Walter Mixa of Augsburg has blamed child abuse in the church on the sexual revolution. Charges have now been brought against him by former children in care that he beat them when he was a pastor.

 
 

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