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  Gutachten Zu Missbrauch Im Erzbistum München Vorgelegt

Der Standard
December 3, 2010

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Aus den Akten sei nur ersichtlich, dass Ratzinger sich mit einem Missbrauchsfall beschäftigt habe.

Akten - 159 Priester wegen sexuellen Missbrauchs oder Gewalt auffällig

Im Erzbistum München und Freising sind einem Gutachten zufolge in den Jahren 1945 bis 2009 mindestens 159 Priester wegen sexuellen Missbrauchs oder körperlichen Misshandlungen auffällig geworden. Die tatsächliche Zahl sei aber wahrscheinlich "wesentlich höher", sagte die Rechtsanwältin Marion Westpfahl. Ihre Kanzlei erstellte das Gutachten auf Basis von Akten und Gesprächen mit Mitarbeitern des Erzbistums in dessen Auftrag. Welche Rolle der heutige Papst Benedikt XVI. beim Umgang mit entsprechenden Fällen spielte, konnte das Gutachten nicht eindeutig klären.

In nur 26 Fällen wurden Priester in der Vergangenheit wegen Sexualdelikten verurteilt. Das Gutachten kommt allerdings zu dem Schluss, dass mindestens 17 weiteren Priestern Sexualdelikte nachgewiesen werden können. Zwei Priester wurden wegen sonstiger körperlicher Misshandlungen verurteilt, in 36 weiteren Fällen sehen die Gutachter körperliche Misshandlungen als erwiesen an.

Aktenvernichtungsaktion

Viele Vorgänge seien überhaupt nicht nachvollziehbar gewesen, sagte Westpfahl. In den Akten gebe es "offenkundige Lücken", betonte die frühere Richterin. "Wir haben es mit umfangreichen Aktenvernichtungsaktionen zu tun." Teilweise seien auch Dinge wie Verurteilungen und Gründe für einen Diözesenwechsel von Pfarrern nicht in die Bistumsakten aufgenommen worden.

Nur ein Fall in Zusammenhang mit Papst

Inwieweit der heutige Papst in seiner Zeit als Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger mit entsprechenden Fällen befasst war, ist nicht zweifelsfrei geklärt. In einem Fall ist laut Westpfahl eine persönliche Befassung Ratzingers mit einem Missbrauchsfall aus den Akten ersichtlich. Der Betroffene habe damals wegen sexueller Übergriffe in einer Pfarrei südlich von München nicht weiter als Pfarrer arbeiten dürfen. Ratzinger hatte ihm auf dessen Klagen hin in einem mehrseitigen Brief die Gründe für das Vorgehen dargelegt, sagte Westpfahl.

Ob damals Strafanzeige erhoben wurde, sei aufgrund der schlechten Aktenlage nicht sicher. Rechtsanwältin Westpfahl bezweifelt das, geht aber auch davon aus, dass sich der damalige Erzbischof nicht persönlich mit der Frage befasst hatte, da entsprechende Entscheidungen in der Regel beim Generalvikar lägen. (APA)

 
 

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