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  Ratzinger Zweifelte an Zolibat

By Rudolf Neumaier
The Sueddeutsche
January 28, 2011

http://www.sueddeutsche.de/politik/debatte-um-zoelibat-in-der-katholischen-kirche-ratzingers-brandbrief-1.1052132

Den Inhalt darf man gut und gerne als Sensation bezeichnen: 1970 stellten neun Bischofe in einem Memorandum den Pflichtzolibat in Frage. Einer der Unterzeichner war Joseph Ratzinger. Der ist heute Papst.

Unterzeichnet ist das Memorandum von neun Theologen. Sie verfassten es am 9. Februar 1970 angesichts einer "notvollen Situation der Kirche" und sandten es "in aller Ehrfurcht" den deutschen Bischofen. Den Inhalt darf man heute gut und gerne als Sensation bezeichnen. Sie fordern die Bischofe eindringlich auf, den Zolibat auf den Prufstand zu stellen: "Unsere Uberlegungen betreffen die Notwendigkeit einer eindringlichen Uberprufung und differenzierten Betrachtung des Zolibatsgesetzes der lateinischen Kirche fur Deutschland und die Weltkirche im Ganzen."

Joseph Ratzinger in den 1970er-Jahren: Damals unterzeichnete der jetzige Papst ein Memorandum renommierter Theologen. (© ASSOCIATED PRESS)

Zu den Urhebern des Appells zahlen renommierte Theologen wie Karl Rahner und Otto Semmelroth, aber auch aufstrebende wie Karl Lehmann, Walter Kasper - und Joseph Ratzinger. Lehmann, Kasper und Ratzinger machten Karriere. Der Zolibat aber kam nie auf den Prufstand.

Die Verfasser des Schreibens agierten als Konsultoren der Bischofskonferenz, von der sie in eine Kommission fur Fragen der Glaubens- und Sittenlehre berufen waren. Sie betonen darin mehrmals, sie wollten mit ihrer Petition keine Entscheidung prajudizieren, das verpflichtend ehelose Priestertum abzuschaffen. Doch allein die Tatsache, dass sie sich zu einer ausfuhrlichen schriftlichen Intervention bemu?igt fuhlten, zeigt deutlich, dass sie am Sinn des Zwangszolibates zweifelten.

Das bislang offentlich nicht zugangliche Schreiben soll damals ein Mitarbeiter Rahners einem vertrauten Geistlichen ubermittelt haben, der dem kleruskritischen Aktionskreis Regensburg (AKR) angehorte. Es wurde diskret archiviert. In der neuesten Ausgabe seiner Vereinszeitschrift Pipeline aber hat es der AKR nun abgedruckt, angeblich vollstandig im Wortlaut. Nach 41 Jahren. Titel: "Aus dem Archiv. Den Unterfertigten zur Erinnerung."

"Alle" Verfasser des Memorandums seien "davon uberzeugt, dass eine Uberprufung (des Zwangszolibates, Anm. d. Red.) auf hoher und hochster kirchlicher Ebene angebracht, ja notwendig ist", hei?t es. Unbeschadet des Ausgangs der Diskussion werde das ehelose Priestertum als echte und reale Moglichkeit bestehen bleiben. "Wer aber von vornherein eine solche Klarung fur uberflussig halt, scheint uns wenig Glauben an die Kraft dieser Empfehlung des Evangeliums und an die Gnade Gottes zu haben, von der er dann an anderer Stelle wieder behauptet, sie - also nicht das blo?e ,Gesetz' - wirke diese Gnadengabe Christi."

 
 

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