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  Die Rechte Faust Gottes

By Christoph Baumgarten
h/pd
May 20, 2011

http://hpd.de/node/11597

Die Schilder von Sepp Rothwangl

WIEN. (hpd) Zwei Nationalratsabgeordnete haben den kirchenkritischen Aktivisten Sepp Rothwangl bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Rothwangl hatte sein Waldstuck auf einem Pilgerweg nach Mariazell fur Priester gesperrt, die mit Kindern und Jugendlichen ohne elterliche Begleitung unterwegs sind. In seinen Augen ein Beitrag zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. In den Augen der Parlamentarier Verhetzung im NS-Stil.

Gerald Grosz und Ewald Stadler, Nationalratsabgeordnete fur die FPO-Abspaltung Bundnis Zukunft Osterreich (BZO) sehen nehmen das Verbot, das Priester mit unbegleiteten Minderjahrigen aus Sepp Rothwangls Wald verbannt, offenbar ernster als die Betroffenen selbst. „Diese Verbotstafeln fur Geistliche und glaubige Christen erinnerten in erschutternder Art und Weise an andere hetzerische Tafeln der Vergangenheit wie beispielsweise "Kauft nicht bei Juden ein“ “, teilen sie der Offentlichkeit in einer Presseaussendung mit. Und sie haben Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Leoben in der nordlichen Steiermark erstattet. Wegen Verhetzung. Rothwangls Schilder bezichtigten indirekt samtliche katholische Geistliche der Kinderschanderei. Das Verbot rufe eindeutig zu feindseligen Handlungen gegen eine Religionsgemeinschaft auf.

Kirchlicherseits hatte man das teilweise Betretungsverbot als „billigen Aktionismus“ und „Pauschalverurteilung“ bezeichnet und angezweifelt, dass es rechtlich haltbar ist. Rechtliche Schritte gegen Rothwangl wurden nicht angekundigt.

Rothwangl reagiert gelassen

Der Angezeigte nimmt es eher gelassen. Er halt es fur unwahrscheinlich, dass ihm der Prozess gemacht wird. Und wenn doch, haben ihm „etliche Anwalte von sich aus Unterstutzung zugesagt.“ Wie auch die atheistische Szene Osterreichs, mit der der Sprecher der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt seit dem Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien in enger Verbindung steht. Ein wenig uberrascht ist er trotzdem: „Dass meine Handlung eine derartige Reaktion hervorruft, hatte ich nicht erwartet, schon gar nicht von Stadler, dem oberster Schutzer "ungeborener Kinder". Da ich als Mitarbeiter der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt von so vielen Orten erfahren habe, wo sexuelle Misshandlungen stattgefunden haben, wie Beichtstuhle, Sakristeien, Konvikte, Schlafsale, Glockenturme usw., wollte ich wenigstens meinen Wald von Schandtaten dieser Art frei halten. Dass man dafur angezeigt wird, verwundert mich.“ Eines sto?t ihm an der Anzeige sauer auf: „Ins Nazi-Eck lass ich mich sicher nicht stellen.“

Unterstutzung kommt auch von Hannes Jarolim, dem Justizsprecher der SPO im Nationalrat. Stadler und Grosz schossen mit Kanonen auf Spatzen, reagierte der Parlamentarier. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell Vertreter des rechten Lagers derartige Vorwurfe erheben, um gegen politische Gegner zu polemisieren.“ Von einer strafbaren Agitation gegen glaubige Christen konne jedenfalls keine Rede sein. "Der Vergleich mit der antisemitischen Hetze des NS-Regimes ist vollkommen deplatziert und geschmacklos." Als Solidarisierung mit Rothwangls Aktion will er das nicht missverstanden wissen. Das teilweise Betretungsverbot halt er fur rechtlich unhaltbar.

Unklar ist, wie die Staatsanwaltschaft vorgehen wird. Dem hpd gegenuber wurde vorerst nur bestatigt, dass die Anzeige eingegangen ist. Erst wenn sie gepruft ist, kommt es zu weiteren Ermittlungen – oder zur Einstellung des Verfahrens. Das osterreichische Strafrecht definiert Verhetzung so: „Wer offentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die offentliche Ordnung zu gefahrden, zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehorigkeit zu einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer offentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen hetzt oder sie in einer die Menschenwurde verletzenden Weise beschimpft oder verachtlich zu machen sucht“.

Die rechte Faust Gottes

Dass Ewald Stadler in die Anzeige involviert ist, uberrascht wenig. Der fruhere FPO-Politiker, dem seine verbale Angriffslust den Spitznamen „Dobermann“ einbrachte, gibt sich als katholischer Fundamentalist und hat im Forum kreuz.net zahlreiche Anhanger. Er gilt als mitverantwortlich dafur, dass seine fruhere Partei auch nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden heute einen stramm katholischen Kurs fahrt und nach eigenen Angaben das „christliche Abendland“ verteidigt. In fruheren Zeiten galt die FPO als antiklerikal – wofur sich ihr heutiger Obmann Heinz Christian Strache bei der katholischen Kirche entschuldigt hat. Stadler selbst unterstutzte jahrelang die Pius-Bruderschaft, von der er sich vor zwei Jahren im Streit verabschiedete. Offentlich fordert er ein „wehrhaftes Christentum“ und wird immer wieder auf Veranstaltungen radikaler Abtreibungs-Gegner gesehen. Und er pflegt enge Kontakte zu den deutschnationalen Burschenschaften in Osterreich, er selbst gehort einer so genannten Sangerschaft an und hat mehrere Mensuren gefochten.

Vor zwei Jahren sorgte die Aussage Stadlers fur Wirbel, „moralisch“ wurden „die gleichen Gleise“ zur osterreichischen Fristenregelung (straffreie Abtreibung bis zum Ende des dritten Schwangerschaftsmonats, Anm.) „und in die Vernichtungslager der Nazis“ fuhren. Eine Aussage, die folgenlos blieb.

Ob das auch fur die Anzeige gegen Rothwangl gilt, der selbst als Kind sexuelle Gewalt durch Priester erlitten hat, wird sich zeigen. Rothwangl hat sich eine Klage wegen Verleumdung vorbehalten. „Obwohl mein Name Rothwangl ist, werde ich nicht nochmal meine Backe hinhalten, wie dies vielleicht der Gut-Christ Stadler erwartet. Ich bin kein Opfer und kann mich wehren und wenn er bekommen hat, was er verdient, wird "rotwangeln" ein neues Modewort werden.“

 
 

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