NDR
July 20, 2011
http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/harz/missbrauch467.html
Drei Missbrauchsfalle hat der katholische Pfarrer in Salzgitter bereits gestanden. Es konnten noch mehr sein. Das kann die Polizei zumindest noch nicht ausschlie?en. Die Fahnder richten sich auf eine wochenlange Detailarbeit ein. Wahrenddessen kampft die betroffene St. Joseph Gemeinde um das Vertrauen ihrer Mitglieder.
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| Der Hildesheimer Weihbischof Heinz-Gunter Bongartz hat die Hande vor dem Mund gefaltet und schaut nach unten. © dpa-Bildfunk Fotograf: Caroline Seidel |
Am spaten Dienstagabend traf Weihbischof Heinz-Gunter Bongartz zu einem Krisentreffen mit dem Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand in Salzgitter-Lebenstedt ein. Die Frage "Wie soll es in der Gemeinde nun weitergehen" stand dabei im Mittelpunkt. Im anschlie?enden Gesprach mit dem NDR gab sich Bongartz selbstkritisch: Vielleicht sei im Vorfeld nicht genug gehandelt worden, sagte er. Aber fur solch ein Urteil mussten erst die Ermittlungen abgewartet werden. Bongartz personlich will am kommenden Sonntag die Messe in der Gemeinde halten und dabei auch auf die Sorgen und Angste der Mitglieder eingehen. Sobald er die Namen der drei Missbrauchsopfer kennt, mochte der Bischof Kontakt zu ihnen aufnehmen. Erst danach will er mit dem Pfarrer sprechen.
Taten zogen sich uber mehr als zwei Jahre
Die Ermittlungen waren ins Laufen gekommen, nachdem die Mutter eines Opfers Ende Juni Anzeige erstattet hatte. Danach soll der Beschuldigte im Jahr 2004 in Braunschweig seinen damals zehnjahrigen Kommunionsschuler mehrfach sexuell missbraucht haben.
Die Taten zogen sich nach Angaben der Braunschweiger Polizei uber einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren hin. Der Priester war am Wochenende kurz vor dem Aufbruch zu einer Jugendfreizeit in Taize (Frankreich) verhaftet worden. Am Montag informierte die Polizei uber zwei weitere Falle. Dabei handelt es sich um ein Kind und einen Jugendlichen aus dem Raum Salzgitter, an denen sich der Geistliche seit 2004 und 2007 jeweils etwa zwei Jahre lang vergangen haben soll. Einen ersten Verdacht gegen den Mann gab es bereits 2006. Als die Vorwurfe im vergangenen Jahr erneut aufkamen, schaltete das Bistum die Justiz ein. Die Staatsanwaltschaft sah zunachst aber keine Anhaltspunkte fur eine Straftat.
Proteste gegen den Priester
Vor der St. Joseph-Gemeinde in Salzgitter protestierten am Montag rund 40 Menschen gegen den Priester, darunter Anhanger der rechten Szene. Zeitgleich versammelten sich rund 30 Gemeindemitglieder, um ihrer Gemeinde Unterstutzung zu signalisieren.
Der 46-Jahrige galt bei einem Teil seiner katholischen Kirchengemeinde in Salzgitter-Lebenstedt schon lange als umstritten. Denn wie jetzt bekannt wurde, hatte sich vor vier Jahren ein junger Mann im Pfarrhaus erschossen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bestatigte diese Selbsttotung gegenuber NDR 1 Niedersachsen. Die Polizei gab am Dienstag bekannt, dass der Fall nun wieder aufgerollt werden soll. Damals galten familiare Probleme als Ursache, nun soll auch die Missbrauchsproblematik gepruft werden.
Sonderkommission ermittelt
Die Polizei Braunschweig hat eine Sonderkommission "Peccantia" (lat. "Sunde") eingerichtet. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten am vergangenen Freitag sei umfangreiches Material sichergestellt worden, sagte Polizeisprecher Joachim Grande gegenuber dem NDR Fernsehen. Er forderte mogliche weitere Opfer auf, sich bei der Polizei zu melden.
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