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  Pastor Droht Der Entzug Aller Rechte

SHZ
November 29, 2011

http://www.shz.de/nachrichten/top-thema/article/111/missbrauchsskandal-pastor-droht-der-entzug-aller-rechte.html

Ruhestandspastor Friedrich H. muss sich verantworten: Dem 70-Jahrigen droht der Verlust samtlicher Anspruche. Dem Ahrensburger wird sexueller Missbrauch vorgeworfen.

Ahrensburg. In den Ahrensburger Missbrauchsfallen muss sich Ruhestandspastor Friedrich H. (70) vor der Disziplinarkammer der Nordelbischen Kirche verantworten. Dem fruheren Pastor der Kirchengemeinde Ahrensburg (Kreis Stormarn) wird vorgeworfen, den sexuellen Missbrauch durch seinen Kollegen Gert Dietrich Kohl in den 70er und 80er Jahren vertuscht und seinerseits junge Madchen seiner Jugendgruppen sexuell missbraucht zu haben.

Gert Dietrich Kohl hatte seine Schuld eingeraumt. Einem Disziplinarverfahren entzog er sich, indem er selbst aus dem Kirchendienst ausschied. Der Verein "Missbrauch in Ahrensburg" hatte schon langer ein Verfahren auch gegen Pastor H. gefordert. Erst jetzt schloss das Kirchenamt aber seine Ermittlungen ab und ubergab den Fall an die Disziplinarkammer des unabhangigen Kirchengerichts.

Verfahren sollte nicht offentlich gemacht werden

"Es ist absolut positiv, dass sich ein neutrales Gremium der Sache annimmt", sagt Initiativen-Sprecher Anselm Kohn, "auch wenn das alles nur passiert, weil Druck gemacht worden ist". Er hat zudem die Hoffnung, dass sich noch weitere Opfer von H. melden, die bisher aus Angst geschwiegen hatten. Kritik ubte er aber daran, dass die Betroffenen wieder nur uber die Presse von dem Verfahren erfahren hatten. Das war vor einem Jahr auch im Fall von Pastor Kohl so gewesen. Damals hatte der Bischofsbevollmachtigte Propst Jurgen F. Bollmann es damit entschuldigt, dass man die Adressen nicht gehabt habe.

Die Nachricht uber die Eroffnung des Disziplinarverfahren hatte Bischof Gerhard Ulrich vermutlich bei seinem Besuch in der vergangenen Woche im Ahrensburger Kirchenvorstand kundtun wollen. Uber seinen Anwalt hatte Friedrich H. aber versucht, die Unterrichtung der Offentlichkeit zu verhindern. Sein Antrag auf eine Einstweilige Verfugung wurde aber am Montag vom Verwaltungsgericht Schleswig zuruckgewiesen.

Weitestgehende Ma?nahme: Entfernung aus dem Dienst

Bischof Gerhard Ulrich, Vorsitzender der Kirchenleitung, zeigte sich zufrieden, dass das Verfahren jetzt in eine entscheidende Phase tritt. "Auch wenn von der offentlichen Meinung immer wieder Schnelligkeit gefordert wurde, ist der von uns eingeschlagene Weg der Grundlichkeit der richtige gewesen. Nur ein geordnetes Verfahren erfullt alle Anforderungen in unserem demokratischen Rechtsstaat", sagte Ulrich.

Nach den Bestimmungen des Disziplinargesetzes komme gegen Ruhestandspastoren als weitestgehende Ma?nahme nur die Entfernung aus dem Dienst in Betracht, erklarte Nordelbiens Sprecher Norbert Radzanowski. Sie habe den Entzug der Ordinationsrechte und den Verlust samtlicher Anspruche aus dem Dienstverhaltnis einschlie?lich des Anspruches auf Versorgung zur Folge. Wenn aber die tatsachlichen Feststellungen diese "einschneidendste Ma?nahme" nicht rechtfertigen konnten, wurde das Verfahren eingestellt.

Bischof Ulrich: "Jeder Disziplinarfall ist in seiner Besonderheit zu beachten und zu behandeln, dennoch gilt unabhangig von der juristischen Aufarbeitung aller Falle von sexualisierter Gewalt und dem Umgang damit, dass es fur die Betroffenen nie einen Abschluss geben wird." Es werde weiterhin die Aufgabe der Kirche sein, ihnen fachliche Hilfe zu vermitteln und seelsorgerliche Begleitung anzubieten.

Kirchengericht: Gutliche Einigung hat Vorrang

Ein Kirchengericht dient dem Rechtsschutz innerhalb der Kirche?- in Deutschland entsprechend dem Grundgesetz, das ein Selbstbestimmungsrecht der Kirchen anerkennt (Art. 4 und 140 GG). Im Kirchengericht geht es nicht um Schuld und Suhne, Ma?gabe ist vielmehr in Anlehnung an die christlichen Werte eine gutliche Einigung, die in diesem Rahmen aber auch Sanktionen fur den "Schuldigen" beinhalten kann. Die Vorsitzenden Richter sind ehrenamtlich tatig und arbeiteten fruher meist an Arbeits- oder Verwaltungsgerichten. Quelle: Maren Warnecke, Evangelische Zeitung

 
 

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