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  Kriminelle Kleriker in Niederlanden

By Gerrit Hoekman
Junge Welt
December 30, 2011

http://www.jungewelt.de/2011/12-30/028.php

Kommission bezichtigt katholische Kirche des massenhaften Mi?brauchs von Kindern

Die katholische Kirche in den Niederlanden wurde zu Weihnachten von einem Mi?brauchsskandal erschuttert. Bis zu 20000 Kinder und Jugendliche zwischen elf und vierzehn Jahren sollen allein von 1945 bis 1981 von Priestern und Angestellten der katholischen Kirche sexuell mi?braucht oder belastigt worden sein. Das geht aus einem Bericht der sogenannten Deetman-Kommission hervor, die nach dem Vorsitzenden und ehemaligen Minister Wim Deetman benannt ist. Die Kommission wurde eingesetzt, nachdem Anfang letzten Jahres bekannt wurde, da? in einem Internat des Salesianer-Ordens in Heerenberg in den sechziger und siebziger Jahren offenbar regelma?ig Jungen und Madchen von Patern mi?braucht wurden.

Ein Jahr lang ist die Kommision mehreren hundert Tatern in der katholischen Kirche auf der Spur gewesen und konnte rund 800 namentlich identifizieren. Die meisten von ihnen sind jedoch bereits tot. Nur etwa hundert leben noch, doch werden sie nach den jetzigen Gesetzen straffrei ausgehen, weil die Taten verjahrt sind. Viele von ihnen arbeiten noch heute bei kirchlichen Tragern. Der Anwalt Jan Boone hat deshalb gegen das ganze Bistum Rotterdam Anzeige erstattet. Die katholische Kirche sei eine kriminelle Vereinigung, so der Anwalt, die den Zweck habe, Kinder zu mi?brauchen. Zumindest sei den Bistumern eine Mittaterschaft vorzuwerfen, denn fast jeder in der Kirche hatte davon gewu?t und geschwiegen, selbst die Bischofe. Der konservative Ministerprasident Mark Rutte kundigte im Fernsehen an, nun prufen zu lassen, wie die Geistlichen, die sich schuldig gemacht haben, doch noch zur Rechenschaft gezogen werden konnen, etwa nach EU-Recht.

Insgesamt hatten sich an die 2000 Opfer bei Deetman und seinem Team gemeldet, doch die weiteren Nachforschungen ergaben eine zehnmal gro?ere Dunkelziffer. In den katholischen Archiven fand die Kommission Hinweise, da? die Kirche von vielen Fallen wu?te und versucht hat, diese intern zu regeln. Sie kummerte sich dabei vor allem um die Tater. »Von Hilfe und Beachtung fur die Opfer haben wir wenig gefunden«, hei?t es in dem Bericht.

Die Bischofskonferenz in den Niederlanden zeigt sich in einer offiziellen Erklarung »schockiert« von dem Kommissionsbericht: »Er erfullt uns mit Scham und Kummer«, sagt Wim Eijk, der Erzbischof von Utrecht. »Nicht nur die Tater trifft der Makel. Auch kirchliche Wurdentrager, die nicht akkurat gehandelt haben und die Sorge um die Opfer nicht an erster Stelle gesetzt haben, sind verantwortlich. Wir erklaren unser Bedauern.« In Zukunft werde die Kirche sofort den Staatsanwalt einschalten, sobald ihr Mi?brauchsfalle zu Ohren kommen, so Eijk. Sein Vorganger im Amt, Kardinal Ad Simonis, schlie?t sich der Erklarung an: »Dies hatte nie passieren durfen.« Die meisten der aufgedeckten Straftaten fallen in Simonis Amtszeit. »Ich glaube nicht, da? er wu?te, da? es sich um Zehntausende Falle handelte«, meint Joep Dohmen, Journalist bei der Tageszeitung NRC Handelsblad. Aber er sei daruber informiert gewesen, da? es Mi?brauch gab. 1991 soll Simonis, so die niederlandische Presse, einen verurteilten padophilen Priester als Pastor nach Amersfoort geschickt haben, wo sich der Mann an weiteren Kindern verging.

Ob die Kirche den Ernst der Lage erkannt hat, ist trotz aller Beteuerungen zweifelhaft. Noch Mitte Dezember, kurz vor Veroffentlichung des Deetman-Berichts, zeigte das Bistum Utrecht in einem Brief an die katholische »Meldestelle fur sexuellen Mi?brauch« viel Verstandnis fur einen 1986 verstorbenen Pastor aus der Region Twente, der in den siebziger Jahren mindestens einen Me?diener mi?braucht hat. Der Geistliche, hei?t es in dem Schreiben, habe »ein goldenes Herz« gehabt, sei still gewesen und bescheiden, musikalisch und mit Gefuhl fur Humor. Zur Zeit des Mi?brauchs habe noch niemand von Opferhilfe gesprochen, bittet das Bistum um Nachsicht, erst in den Achtzigern sei das ein offentliches Thema geworden. »Ich bin mir sicher«, so der Vertreter des Bistums, »da? er keine Ahnung hatte, welche traumatischen Wunden er durch sein Handeln schlug, und wenn er es gewu?t hatte, was wir heute wissen, hatte er sich tief geschamt.«

 
 

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