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Bistum Würzburg Zahlt 29 000 Euro an Opfer

By M. Schweidler, C. Jeske Und J. Ungemach
Main Post
February 29, 2012

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Das Aloysianum: In Lohr soll es in den 70er Jahren im Internat der Mariannhiller Mission zu Übergriffen gekommen sein.

Missbrauch in der katholischen Kirche: Neue Vorwürfe richten sich gegen Lohrer Pater

Die katholischen Bischöfe in Deutschland sehen die Vertrauenskrise durch sexuelle Übergriffe von Geistlichen offenbar bewältigt. Jedenfalls ist das Thema bei der Frühjahrskonferenz der katholischen Oberhirten in Regensburg bis Donnerstag nicht auf der Tagesordnung. Dies bestätigte der Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, am Montag.

950 Männer und Frauen, die von Priestern oder Mitarbeitern missbraucht wurden, haben in Deutschland eine finanzielle Entschädigung erhalten. Dies meldet das „Westfalen-Blatt". Für die Kirche scheint der Skandal damit erledigt zu sein. „Alle Anträge auf Opferentschädigung sind bearbeitet worden. Uns liegen keine offenen Fälle mehr vor", sagte Matthias Kopp, Sprecher der Bischofskonferenz.

Die Bischofskonferenz hatte im März 2011 angekündigt, an Betroffene bis zu 5000 Euro zu zahlen – in Härtefällen auch mehr. „Die Orden und Bistümer haben uns 1000 Entschädigungsanträge vorgelegt", sagte Kopp. Über die Gesamtsumme sagt der Sprecher nichts, da das Geld direkt von den Orden und 27 Bistümern an die Opfer floss. Die Kirche versucht, die Summe von den Tätern zurückzubekommen, um möglichst keine Kirchensteuern zu verwenden.

Allein das Bistum Würzburg hat laut Auskunft des Missbrauchsbeauftragten, Professor Klaus Laubenthal, bisher 29 000 Euro Entschädigung an sieben Opfer gezahlt – genau die Summe, die von der zentralen Koordinierungsstelle der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn empfohlen worden sei. Etwa 30 Opfer hätten Anträge stellen können, 14 seien eingegangen, sagt Laubenthal, „vier davon betrafen Ordensangelegenheiten und wurden weitergeleitet".

Letztlich hätten acht Anträge, die das Bistum betrafen, die Kriterien für eine Entschädigung erfüllt. Bei einem Antrag stünde die Auszahlung noch aus, so Laubenthal. Er sei von der Koordinierungsstelle „als besonders schwerwiegender Härtefall eingestuft" worden. Dieses Missbrauchsopfer wird voraussichtlich mehr als 5000 Euro erhalten.

Die Koordinierungsstelle, die alle Schilderungen der Opfer geprüft hatte, empfahl in 95 Prozent der Fälle, an die Betroffenen zu zahlen. Häufig halten die Opfer die Summe aber für völlig ungenügend. Ein Beispiel ist Jens H., ein ehemaliger Schüler des Aloysianums in Lohr (Lkr. Main-Spessart). Der 47-jährige Unternehmer berichtet in dem erst jetzt bekannt gewordenen Fall von Schlägen, Demütigungen und sexuellen Übergriffen durch Patres in dem Internat in den 70er Jahren. Für eine Psychotherapie zur Bewältigung der Folgen hat ein Gutachter 130 Therapiestunden veranschlagt, dazu kommt der Verdienstausfall. Dass ihm der Orden nur 5000 Euro anbot, empfindet Jens H. als unverschämt. Er will auf Übernahme der Therapiekosten im sechsstelligen Bereich klagen und fordert Schmerzensgeld.

Auch die Haushälterin eines Pfarrers im Landkreis Main-Spessart weiß davon ein Lied zu singen. Der 56-Jährige, der danach im Bistum Fulda eine Gemeinde betreute, hatte gestanden, ihren fünfjährigen Sohn missbraucht zu haben. Dann tauchte der Pater des Deutschen Ordens im Kloster ab. Die Frau musste sich sogar ihr Gehalt, das von einem Tag zum andern ausblieb, von der katholischen Kirche einklagen. Der Geistliche steht demnächst wegen der Missbrauchsvorwürfe vor Gericht.

Die kirchenkritische Initiative „Wir sind Kirche" rief die Bischöfe jetzt dazu auf, sich mit Strukturen innerhalb der Kirche auseinanderzusetzen. Diese beförderten sexuelle Gewalt, sagte Sigrid Grabmeier vom „Wir sind Kirche"-Bundesteam. In der katholischen Kirche könnten junge Männer mit mangelnder sexueller Reife so gut Unterschlupf finden wie nirgendwo anders.




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