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Kremsmünster - „vernichtungslager Für Kinderseelen"

The Nachrichten
March 19, 2012

http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/art4,841615


KREMSMÜNSTER. Von „sadistischer Gewalt, die uns Kleinkinder zu Hunderten kaputtgemacht hat", spricht ein ehemaliger Zögling des Internats von Stift Kremsmünster laut einem Gerichtsakt, in dem die Ermittlungsergebnisse der Polizei zu den Missbrauchsvorwürfen zusammengefasst sind.

Dem Wiener Nachrichtenmagazin „profil" liegt der Akt nun vor. Erschütterndes Ergebnis: Systematische Gewaltexzesse, sexueller Missbrauch und emotionale Zermürbung standen auf der Tagesordnung. Im Stift reagiert man mit tiefstem Bedauern.

„Ich habe den Strafakt gekannt und manches für unglaublich gehalten", sagt Abt Ambros Ebhart. In den Gesprächen mit Opfern sei ihm aber klar geworden, „dass doch, leider Gottes, vieles so geschehen ist und ich mich dafür nur entschuldigen kann." Er habe bisher mit „einer großen Zahl von Opfern" selbst gesprochen, es seien „sehr gute Gespräche" gewesen. Er sei selbst acht Jahre im Stift zur Schule gegangen, „es hat schon damals Gerüchte gegeben." Diesen sei aber nicht nachgegangen worden, „das war ein großer Fehler."

Die Schilderungen kämen aus einer Zeit, „die Gott sei Dank vorbei ist". Wie die Zukunft des Konvikts ausschauen werde? „Es wird praktisch kein Konvikt mehr geben, die Abteilung läuft aus", sagt Abt Ebhart. Jetzt gehe es darum, „das alles innerhalb der Gemeinschaft so gut als möglich aufzuarbeiten."

Das Stift habe bereits Entschädigungszahlungen geleistet, man halte sich an die Ergebnisse der Klasnic-Kommission. Es sei bereits „eine große Summe" bezahlt worden, zur genauen Höhe äußerte sich der Abt aber nicht.

Wie berichtet, wird der des sexuellen Missbrauchs verdächtige Pater A. (77) das Stift auf eigenen Wunsch verlassen. Er soll sich an Zöglingen körperlich und sexuell vergangen haben. Im März 2010 waren die Vorfälle publik geworden. Drei Patres hatten daraufhin Selbstanzeige erstattet. Ob gegen Pater A. Anzeige erhoben wird, hängt von einem noch ausstehenden Gutachten ab.

Bis das Trommelfell platzte

Mehr als 35 Opfer haben sich mittlerweile gemeldet. Einer von ihnen ist Jürgen Ö. (46), in Kremsmünster geboren, heute evangelischer Pfarrer in Villach. Er berichtet, dass ein 12-jähriger Zögling nach einer „Watsch'n" mit dem Kopf so gegen einen Heizkörper geschlagen sei, dass sein Trommelfell platzte. Zwar wurde er vom „Hausarzt" behandelt, doch vom Wahrnehmen der Anzeigepflicht sei keine Rede gewesen. Noch 2010 habe das Landesgericht Steyr einen Antrag der Staatsanwaltschaft abgelehnt, Beweisführungen gegen die drei mutmaßlichen Haupttäter aus dem Konvikt und dem Gymnasium durchzuführen.

Viele der in dem Akt zitierten Opfer sprechen von einem „Nachkriegs-KZ" und einem „Vernichtungslager für Kinderseelen." Aus nichtigen Gründen hätten sich die Zöglinge hinknien müssen, ehe sie unter dem von den Erziehern angeordneten Gejohle ihrer Klassenkameraden gezüchtigt worden seien. Einer der Pater sei Alkoholiker gewesen, er habe seinen Aggressionen freien Lauf gelassen. „Wir mussten nackt Turnübungen machen und angeblich zur Blockadelockerung erdulden, dass uns ein Pater die Genitalien streichelte," wird eines der Opfer zitiert.




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