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Ackermanns Frechheit

By Matthias Katsch
taz
March 20, 2012

http://www.taz.de/Kommentar-Missbrauch-in-Kirchen/!89962/

Vor zwei Jahren wurde von der Politik ein Runder Tisch eingesetzt, um auf Missbrauchsfalle in kirchlichen und anderen Institutionen zu reagieren. Zwei Jahre spater ist klar: Das wichtigste Ziel wurde nicht erreicht. Klarheit und Wahrheit uber das Ausma? in der Katholischen Kirche zu erreichen.

Angesichts der Vorgange im Bistum Trier, wo mehrere padophile Priester weiter beschaftigt werden sollen, muss man sich fragen: Wie lange wollen es sich die von ihren Hirten gerne als Schafchen bezeichneten zahlenden Mitglieder der Korperschaft offentlichen Rechts noch gefallen lassen, dass ihr Ruf von uneinsichtigen oder uberforderten Vertretern der Katholischen Kirche vollends ruiniert wird? Und wie lange will sich die Gesellschaft noch gefallen lassen, dass eine Institution sich in dieser Weise selbst aufklart?

Polizisten bewaltigen keine Polizei-Skandale und Arzte klaren keinen Arzte-Pfusch auf. Nur die deutschen Bischofe sollen ihr Versagen selbst aufdecken und aufarbeiten. Und das Ergebnis?

Bis heute wissen wir nicht, wie viele Falle sexuellen Missbrauchs es wo innerhalb der weitverzweigten Katholischen Kirche in Deutschland gegeben hat. Wahrend in Irland, Osterreich oder zuletzt den Niederlanden Kommissionen im staatlichen Auftrag die Untersuchung vorantrieben, stochern wir hierzulande immer noch im Nebel. Nach dem Abflauen des offentlichen Interesses fuhlen sich die Betroffenen von Staat und Gesellschaft wieder allein gelassen mit ihrer „Tater-Organisation“.

Ware der Trierer Bischof Stephan Ackermann eine Fuhrungskraft irgendwo in Wirtschaft oder Politik, dann ware jetzt wohl der Zeitpunkt fur den Rucktritt: Erst kommt im letzten Jahr heraus, dass Ackermann noch im Jahre 2011 im Falle eines Tater-Priesters die eigenen Leitlinien der katholischen Kirche nicht einhalt. Und nun sind es mindestens sieben Priester, die in seinem Bistum allerlei priesterlichen Aufgaben nachgehen durfen – verbunden mit der Hoffnung, sie mogen sich nunmehr von Kindern und Jugendlichen fernhalten. Nach dem Motto: „Du du, nun ist aber Schluss“. Was fur eine Verkennung des psychischen Drucks unter dem solche Tater stehen und der sie zu immer neuen Taten treibt!

Ja, Ackermann besitzt sogar die Frechheit zu behaupten, dieses Vorgehen diene der Pravention. Es ware schlimmer, wenn die Tater nun irgendwo frei herum liefen, ohne dass der Bischof auf sie aufpasste. Bitter kann man dazu nur feststellen: Hatte die Kirche diese Seelsorger nicht solange gedeckt, waren viele von ihnen dort, wo Berufenere auf sie aufpassen wurden.

Was Ackermann als Nachstenliebe gegenuber gefallenen Mitbrudern zu verkaufen sucht, ist nur ein weiteres Beispiel fur die Unfahigkeit der Kirche, im eigenen Laden aufzuraumen und sich endlich mit den strukturellen Ursachen auseinanderzusetzen: Neben der verkorksten Sexualmoral ist das Festhalten am Zwangszolibat zu nennen, wodurch das falsche Personal angelockt und ein vergiftetes Binnenklima in der Mannerkirche geschaffen wird. Der dramatische Priestermangel in der Kirche fuhrt offensichtlich dazu, dass man auf wirklich niemanden verzichten kann. Demnach scheint die Logik zu lauten: Bevor man Laien Verantwortung in der Kirche ubertragt, oder, Gott bewahre, sogar Frauen, werden lieber padophile Straftater als Seelsorger eingesetzt.

Es ist hochste Zeit, dass auch in Deutschland ein wirklich unabhangiges und vollstandiges Bild von den Vorgangen in der Katholischen Kirche bekannt wird. Eine Untersuchungskommission aus Fachleuten, die den Opfern zuhort und Taten aufklart, ist dringend notwendig.

 

 

 

 

 




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