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Debatte Um Die "Null-toleranz"

The Katholisch
March 20, 2012

http://www.katholisch.de/Nachricht.aspx?NId=7962

In der aktuellen Ausgabe des "Spiegel" kritisiert das Magazin den Umgang der katholischen Kirche mit padophilen Priestern.

Bischof Ackermann verteidigt Leitlinien gegen Missbrauch

Bonn - Er hat einen Zusatz-Job, um den ihn keiner beneidet: Seit Februar 2010 ist der Trierer Bischof Stephan Ackermann Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz. In einer der gro?ten Krise der katholischen Kirche seit Jahrzehnten hat der damals 46-Jahrige eine wichtige Position ubernommen und die Aufgabe seither ziemlich souveran gelost.

Doch jetzt hat Ackermann in seiner eigenen Diozese Probleme. Mitte Marz hatte der "Trierische Volksfreund" berichtet, dass ein 1995 wegen mehrerer Falle sexuellen Missbrauchs zu zwei Jahren auf Bewahrung verurteilter Priester im Saarland als Aushilfspfarrer eingesetzt werde. Er sei vor allem in der Krankenhausseelsorge tatig und feiere in einer Pfarrei heilige Messen, so der Bericht, den das Bistum bestatigte.

"Der Spiegel" erhebt Vorwurfe

Am Wochenende legte "Der Spiegel" nach: Im Bistum Trier seien mindestens sieben als padophil aufgefallene Pfarrer im Einsatz, berichtete das Magazin. Darunter ein Geistlicher, der als Lehrer in einem Internat sexuelle Beziehungen zu einem Schuler unterhalten haben soll, und zwei wegen des Besitzes von Kinderpornografie verurteilte Priester. "Der Spiegel" beruft sich auf "Kirchenmitarbeiter und Opfer", die unhaltbare Zustande kritisiert hatten.

Das Bistum Trier reagierte schnell: Es konne keine Rede davon sein, dass Ackermann von der Null-Toleranz-Linie gegenuber sexuellem Missbrauch abweiche, teilte die Diozese noch am Sonntag mit. Sie verwies auf die Leitlinien der Bischofskonferenz vom September 2010: Danach wird ein Kleriker oder kirchlicher Mitarbeiter, der sich des sexuellen Missbrauchs Minderjahriger schuldig gemacht hat, nicht mehr in der Arbeit mit Minderjahrigen eingesetzt. Andere Tatigkeiten aber sind unter strengen Auflagen denkbar.

Ackermann raumt Klarungsbedarf ein

Ackermann erklarte dazu am Montag im Kolner "domradio", wenn ein padophiler Tater im kirchlichen Dienst verbleibe, musse ein psychiatrisches Gutachten klaren, ob und wie er ohne Gefahrdung von Minderjahrigen eingesetzt werden konne. "Das ist der Weg, mit dem wir versuchen, mit den Tatern als Menschen und Priestern umzugehen." Der Bischof raumte zugleich Klarungsbedarf ein: Es stelle sich die Frage: "Wie kann jemand weiter glaubwurdig als Priester arbeiten, wenn er Tater geworden ist."

Die Meldungen aus Trier erinnern daran, dass die deutschen Bischofe in ihren Richtlinien von 2010 nicht die strenge "Null-Toleranz-Regel" der amerikanischen Bischofe ubernommen haben, wonach ein Geistlicher bereits nach einem einzigen erwiesenen Ubergriff gegen Minderjahrige nicht mehr offentlich die Messe feiern und keine klerikale Kleidung mehr tragen darf. Die kirchenrechtliche Hochststrafe der Entlassung aus dem Priesterstand wird in Deutschland nur in extremen Fallen angewandt.

Soziale Kontrolle wichtig

Die Auffassung, dass jeder, der sich jemals an Minderjahrigen versundigt hat, fur den Rest seines Lebens ausgegrenzt und zur Untatigkeit verurteilt werden musse, teilen die deutschen Bischofe bislang eher nicht. Die Grunde sind vielschichtig. Das Bistum Trier verwies auf die Meinung von Fachleuten, die davor warnten, einen Tater einfach nur zu feuern und ohne soziale Kontrolle sich selbst zu uberlassen. Daruber hinaus halten einige Bischofe eine solche Harte fur uberzogen. Vor allem aber weisen Kirchenjuristen darauf hin, dass das weltweit gultige allgemeine Kirchenrecht einen solchen rigiden Kurs gar nicht zulassen wurde.

Die US-Bischofskonferenz konnte ihre strenge Null-Toleranz-Linie auf dem Hohepunkt des dortigen Missbrauchsskandals nur deshalb durchziehen, weil sie sich diese als nationales Sonderrecht in Rom genehmigen lie?. Die Deutschen verzichteten auf diesen zeitraubenden Weg und setzten 2010 Leitlinien in Kraft, die mit dem "weicheren" universalen Kirchenrecht vereinbar sind. In der Offentlichkeit entstand dennoch der Eindruck, die Kirche wurde mit drakonischer Harte aufraumen. Um so gro?er ist nun die Uberraschung, wenn ehemalige Straftater, und sei es unter strengen Auflagen, wieder im seelsorgerischen Dienst angetroffen werden.

 

 

 

 

 




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