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Offener Brief an Bischof Dr. Ackermann Und an Alle Deutschen Kardinale, Erzbischofe Und Bischofe

Wir Sind Kirche
March 30, 2012

http://www.wir-sind-kirche.de/index.php?id=128&id_entry=3944

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Ackermann,

sehr geehrte Herren Kardinale, Erzbischofe und Bischofe,

die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche wendet sich wegen der Vorkommnisse im Bistum Trier in einem Offenen Brief an Sie. Wie den Medien zu entnehmen ist und vom Bistum Trier bestatigt wurde, sind derzeit sieben ehemalige Tater sexualisierter Gewalt im Bistum Trier im priesterlichen Dienst und in der Seelsorge eingesetzt. Dies halten wir fur kein vorbildhaftes Zeichen fur eine Umkehr und einen wirklichen Neuanfang im Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Kirche.

Die Erklarung des Bistums, dass Sie, Herr Bischof Dr. Ackermann – der Sie seit Februar 2010 auch „Missbrauchsbeauftragter“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) sind – nicht gegen die geltenden Leitlinien der DBK versto?en hatten, mag formal richtig sein, uberzeugend ist sie keinesfalls. Um die Glaubwurdigkeit der Kirchenleitung in Deutschland wiederherzustellen, bedarf es mehr als nur Lippenbekenntnisse.

Wir erneuern deshalb die seit Langem vorgetragene Forderung, ehemalige Tater nicht nur aus der Kinder- und Jugendseelsorge, sondern aus jeglicher sakramentaler und seelsorglicher Tatigkeit abzuziehen, auch aus Krankenhausern, Alteneinrichtungen und Justizvollzugsanstalten usw. Denn wenn dort jemand in einer Lebensbeichte auf das Thema sexualisierte Gewalt zu sprechen kommt, sind diese Priester, die ihre priesterliche Vertrauensstellung missbraucht haben, die denkbar ungeeignetesten Ansprechpartner.

Der aktuelle Fall wirft erneut die dringende Frage auf, ob die im August 2010 von der DBK uberarbeiteten Leitlinien der von Papst Benedikt XVI. geforderten und anderswo auch praktizierten Null-Toleranz-Politik gegenuber straffallig gewordenen Priestern entsprechen. Den deutschen Leitlinien nach sollen straffallig gewordene Personen nicht mehr in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden (Punkt 42), durfen aber ansonsten unter gewissen Voraussetzungen (Punkt 43 bis 47) weiterhin als Priester in der Seelsorge arbeiten. Wie die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, haben sich angesichts der Taterprofile auch „Auflagen“ und Kontrollen der Dienstvorgesetzten oft nicht als wirksam erwiesen, sondern Kinder und Jugendliche gro?en Gefahrdungen ausgesetzt.

Sie, Herr Bischof Dr. Ackermann, der Sie im Januar 2012 bereits eine gravierende Fehlhandlung eingestehen mussten, und alle anderen Bischofe mussen sich fragen lassen, wie glaubwurdig Sie sich fur die von sexualisierter Gewalt Betroffenen einsetzen konnen, da Sie gleichzeitig Dienstvorgesetzte der klerikalen Tater sind. Auf diesen unvermeidbaren Interessenkonflikt hat die KirchenVolksBewegung von Anfang an hingewiesen und fordert weiterhin unabhangige Ombudsstellen.

Auch sonst sehen wir betrubliche Zeichen, dass die im Jahr 2010 auf dem Hohepunkt der Aufdeckung jahrzehntelanger Vertuschung sexualisierter Gewalt eingeleiteten Ma?nahmen von Ihnen schon wieder zuruckgefahren werden:

Zum 1. April 2012 soll die von der DBK im Jahr 2010 eingerichtete bundesweite Telefon-Hotline „Hilfe fur Opfer sexuellen Missbrauchs“ wieder eingestellt werden. Zwar gibt es jetzt Beauftragte in den einzelnen Diozesen und bei den Ordensgemeinschaften, doch es ist nicht hinnehmbar, dass in einzelnen Diozesen immer noch Domkapitulare und andere Mitglieder der Bistumsleitung als Ansprechpersonen fur Betroffene angegeben werden.

Das komplizierte und die Betroffenen belastende Antragsverfahren hat vermutlich dazu gefuhrt, dass bisher nur ein Bruchteil der Betroffenen einen Antrag auf finanzielle Entschadigungen gestellt hat. Wenn dann noch – wie im Bistum Regensburg geschehen – gleichlautende Ablehnungsschreiben versandt werden, lasst dies gro?e Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit der bischoflichen Stellen aufkommen, das Leid der Betroffenen anzuerkennen und so weit wie moglich zu lindern.

Die Freisinger Bischofskonferenz hat kurzlich beschlossen, die vor einem Jahr eingerichtete Fachstelle Pravention sexueller Gewalt wieder zu streichen, die bei der Landesstelle fur katholische Jugendarbeit in Munchen angesiedelt war.

Sie verwenden nach wie vor den verharmlosenden Begriff „sexueller Missbrauch“, der in der Fachwelt seit Langem obsolet ist, denn dann musste es ja auch einen „sexuellen Gebrauch“ geben. Richtigerweise muss von „sexueller Kindesmisshandlung durch Kleriker“ gesprochen werden.

Mit freundlichem Gru?

 

 

 

 

 




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