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DAS Bistum Regensburg Und Die Missbrauchsfalle

BR
April 19, 2012

http://www.br.de/fernsehen/bayerisches-fernsehen/sendungen/kontrovers/120418-kontrovers-bistumregensburg100.html

Als Symbol der Anerkennung soll Opfern sexuellen Missbrauchs eine Entschadigung gezahlt werden. So hat es die Deutsche Bischofskonferenz vor einem Jahr versprochen. Mehrere Diozesen haben bereits offengelegt, wie viele Antrage positiv beschieden wurden. Nicht so Regensburg. Das Bistum schweigt. Zu Wort melden sich Opfer, die sich von der Kirche verraten fuhlen. Zum zweiten Mal.

50 Jahre ist es her, dass Udo Kaiser die Vorschule der Domspatzen in Etterzhausen besuchte. Wenn er heute von dieser Zeit erzahlt, gerat seine Stimme ins Stocken, seine Augen werden feucht. Gedemutigt und geschlagen hatten sie ihn, sagt er. Aber nicht nur das: Eines nachts habe ihn der Prafekt aus dem Schlafsaal geholt. "Schlafanzughose runter, Kopf zwischen die Oberschenkel. Und dann hat sich bei jedem Schlag das erigierende Glied am Hinterkopf gerieben. Es war furchtbar." Der Tater habe dabei geschwitzt und gestohnt.

Bischofskonferenz will Entschadigung fur Missbrauchsopfer

Die Deutsche Bischofskonferenz hat vor rund einem Jahr beschlossen, Opfern sexuellen Missbrauchs als Anerkennung des Leids eine Geldsumme zu zahlen - in der Regel 5.000 Euro. Die Opferantrage sollen einem Merkblatt zufolge von einer zentralen Koordinierungsstelle bearbeitet werden. Vor kurzem teilte die Bischofskonferenz mit, die Stelle habe mittlerweile 1.000 Antrage bearbeitet. In 95 Prozent der Falle habe man den Bistumern empfohlen, eine Anerkennungszahlung zu leisten.

Ex-Domspatz Udo Kaiser fuhlt sich vom Bistum Regensburg verhohnt.

Udo Kaiser stellte einen solchen Antrag, schickte ihn an die Missbrauchsbeauftragte des Bistums - im Glauben, sie werde die Unterlagen weiterleiten. Monate vergingen. Bis er einen Brief vom Bistum bekam. "Wir konnten dabei Ihre Aussagen zur Frage eines sexuellen Missbrauchs nicht nachvollziehen", steht darin. "Eine Leistung in Anerkennung von erlittenem Leid erscheint auf diesem Hintergrund deshalb nicht gerechtfertigt."

Opfer fuhlen sich vom Bistum verhohnt

Auch Herrmann Schuster war Anfang der 60er Jahre in Etterzhausen. Nach Jahrzehnten findet er die Kraft, uber seine Erlebnisse zu sprechen: Dass er dort mehrmals schwer sexuell missbraucht worden sei. Auch Herrmann Schuster stellt einen Antrag auf Anerkennung. Seine Hoffnung: Endlich eine Geste der Entschuldigung von Seiten der Kirche, endlich Frieden machen mit der Vergangenheit. Doch er bekommt einen nahezu gleichen Brief wie Udo Kaiser: Antrag abgelehnt. Herrmann Schuster fuhlt sich durch das durre Schreiben verhohnt, abgefertigt und ausgeliefert.

"Wir bedauern dieses Missverstandnis", teilt das Bistum "Kontrovers" mit. Man habe lange gerungen, wie man bei einer Ablehnung mit den Antragstellern umgehen solle. "Schriftlich wird bewusst nichts im Detail erlautert oder auf den Einzelfall eingegangen, um eine Retraumatisierung zu verhindern. Der Brief ist als Einladung zu Gesprach und zur Mitteilung und Erklarung des Ergebnisses gedacht." Zu einem Gesprach mit einem Rechtsanwalt, der die Falle im Auftrag des Bistums gepruft hat. Nach Einschatzung von Psychologen konnte gerade dies zu einer Retraumatisierung fuhren.

Fur Bistum steht Aussage gegen Aussage

Weil Herrmann Schuster die Kraft fehlt, fragt "Kontrovers" beim Bistum an, warum der Antrag abgelehnt wurde. "In der Sache steht Aussage gegen Aussage", schreibt das Bistum. Es habe eine vermittelte Begegnung zwischen Herrn Schuster und der beschuldigten Person gegeben. Dabei habe der Beschuldigte allgemein bedauert, wenn es Herrn Schuster schlecht ergangen sein sollte. Die konkret geschilderten Vorwurfe sexuellen Missbrauchs habe er jedoch ausgeschlossen.

Das Bistum erklart: "In der Zusammenschau aller relevanten - auch juristischen - Aspekte waren die Hinweise nicht ausreichend genug, die Vorwurfe gegen den damaligen Erzieher als gegeben einzustufen. Der Antrag konnte daher nicht weitergeleitet werden." Die Bischofskonferenz erklart auf Nachfrage: Die Bistumer selbst prufen die Antrage auf Plausibilitat. Nur wenn diese bejaht wird, schicken sie die Unterlagen an die zentrale Koordinierungsstelle. Man betont aber auch: "Das Vorgehen in allen deutschen Bistumern sollte immer davon geleitet sein, dass der Sorge um die Opfer Prioritat eingeraumt wird."

Keine Transparenz in Regensburg

Doch von dieser Sorge haben Udo Kaiser und Herrmann Schuster in Regensburg wenig gespurt. Und sie vermissen Transparenz. Denn Regensburg will keine Angaben machen, wie viele Antrage gestellt und bewilligt wurden. "Dies geschieht nach intensiver Abwagung aus Gesichtspunkten des Opferschutzes", teilt das Bistum mit. Andere Bistumer wie beispielsweise Wurzburg sind langst mit Zahlen an die Offentlichkeit gegangen.

 

 

 

 

 




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