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Brasilien Lost Sich Von Rom

Die Presse
May 10, 2012

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Noch ist Brasilien mit ca. 136 Millionen Katholiken das starkste Standbein von Papst Benedikt XVI. Allerdings halt eine starke Abwanderungswelle an - hin zu evangelikalen Pfingstkirchen und Erweckungssekten.

Religion ist das „Opium des Volkes“ und „Seufzer der bedrangten Kreatur“, hat schon Karl Marx geschrieben. Was er damals, 1844, nicht so genau beschrieben hat, ist, wie man mit Religion Geschafte macht. Da hilft in Brasilien das private „Seminar fur Theologie“ (Centro de Formacao Ministerial, Cefom). Laien konnen hier in einem 90-Tage-Schnellkurs lernen, wie man erfolgreicher „Glaubensmanager“ wird, quasi Religionsstifter mit eigenem Tempel.

„Die Kirche ist ein Unternehmen. Eines, das schwer zu fuhren ist, und dessen Aktien die Frommigkeit sind.“ Das ist ein Kernsatz aus dem Kurs fur Pastoren, die heute mit einer eigenen Kirchengrundung Erfolg anstreben. Profitmaximierung, Marktanalyse, Marketing sind Vokabeln, die das selbsternannte Theologieinstitut in Rio de Janeiro predigt, nicht etwa Bibelexegese.

Gott garantiert goldene Zukunft

Der Glaube spielt indes nur eine Rolle als Marke: Ziel ist, nach drei Monaten einen pseudochristlichen Prediger zu kreieren, der es schafft, alle 90 Tage die Schar seiner Anhanger zu verdoppeln und die Spenden zu verdreifachen.

Man lernt, sich dafur eine Gegend auszusuchen, in der wenige Gotteshauser stehen und viele Menschen einen „Hirten“ brauchen. Bei Armen punkte man mit Wunderheilungen und Taschenspielertricks. Hinterher sollte man um so strenger damit sein, den „Zehent“ zu verlangen, im Namen Gottes. Der Kurs ist nicht billig, rund 200 Euro im Monat, doch Absolventen garantiere Gott eine goldene Zukunft. Cefom bietet auch Seminare an, in denen man Diplome wie „Doktor des Heiligen Geistes“ bekommt, die mit umgerechnet 500 Euro teurer ausfallen. Dafur sind die rechtlichen Hinweise, wie man mit einer Kirchengrundung zu Subventionen oder Steuererleichterungen kommt, auch Gold wert. Hinter dem Rucken des Christus auf dem Corcovado-Berg von Rio, zwischen Mullbergen und Kanalen, wachst die Schar der Glaubigen. Es sind keine Katholiken mehr, ihre Kirchen sind Baracken wie alle Hauser hier. Doch die Armut wird durch Gebete wettgemacht.

Evangelikale Pfingstkirchen und Erweckungssekten breiten sich in Brasilien so schnell aus wie die Elendsviertel. Dabei hat Brasilien, wo fast 70 Prozent der gut 195 Millionen Einwohner Katholiken sind, die gro?te romisch-katholische Landeskirche. Doch wahrend der Erzbischof von Rio in drei Jahren nur eine neue Kapelle weihte, entstanden in dieser Zeit 673 evangelikale Kirchen. Ihre Prediger fragen nicht nach dem Gebetbuch, nur Hingabe zahlt. Den Heiligen Geist beschworen sie nicht durch lateinische Litanei, sondern durch inbrunstige Lieder und Gebete.

Der emotionale Rausch und die religiose Intimitat unterscheiden die Pfingstgemeinden vom starren Ritus der Hochkirchen. Vor allem aber leben die Laienprediger unter den Armsten und teilen ihr Brot. Wann kommt schon ein Priester in die Favelas? Die katholische Kirche hat sich trotz der „Befreiungstheologen“ in ihr Ghetto zuruckgezogen, zur Taufe und Hochzeit tritt man noch vor den Altar, aber sonst wirkt sie vor allem bei den Armen so weltfremd und unverstandlich, dass diese in Massen zu den Freikirchen wechseln. Die Landflucht ist eine Mitursache fur die Ablosung von Rom.

Die Kirche blieb im Dorf

Die Menschen wanderten in die Stadte, vor allem deren arme Vorstadte, doch die Kirche blieb im Dorf und folgte nur zogernd. Seit Langem herrschen in den Favelas die neuen Sekten in Hutten und Bethallen, ihre Prediger kommen direkt aus dem Volk, sprechen dessen Sprache. Wozu auch ein Profi-Priester, wenn doch in der Bibel steht, dass jedermann direkt mit dem Heiligen Geist kommunizieren kann? Wenn das Wachstum dieser neuen Kirchen weiter so anhalt, durfte jedenfalls schon in zehn Jahren die Mehrheit der Brasilianer nicht mehr katholisch sein.

 

 

 

 

 




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