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Wir Sind Keine Opfer, Wir Sind Betroffene

The Rheinneckarblog
May 21, 2012

http://www.rheinneckarblog.de/2012/05/21/wir-sind-keine-opfer-wir-sind-betroffene/

Bei der Podiumsdiskussion diskutieren Peter Probst, Thomas Schnitzler, Barbara Tambour, Matthias Katsch, Hermann Schell und Jutta Lehnert über "Sexuelle Gewalt in der Kirche" .

Matthias Katsch ist mit der Aufklärungsarbeit der katholischen Kirche unzufrieden.

Mannheim, 20. Mai 2012. (red/cr) Bis heute ist sexuelle Gewalt in der Kirche ein Thema, mit dem sich die katholische Kirche nicht nur schwer tut, sondern weiter belastet. Die versprochene Aufklärung bleibt aus, Opfer werden durch Serienbriefe weiter erniedrigt. In der Johanniskirche disktutierten Betroffene über das, was fehlt und das, was man selbst tun kann.

Von Christian Ruser

An diesem Morgen ist das Hauptschiff der Johanniskirche gut halb gefüllt. Ob es an der Uhrzeit liegt oder am Thema, ist schwer zu sagen. Klar ist nur, dass es sich um ein Thema handelt, über das in der katholischen Kirche ungern gesprochen wird: Sexuelle Gewalt in der Kirche.

Barbara Tambour von der Zeitschrift Publik-Forum hat fünf Gäste zum Gespräch geladen. Der Autor Peter Probst, beschäftigt sich literarisch mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Thomas Schnitzler, ist selbst ein Missbrauchsopfer durch Geistliche aus Trier-Kürenz. Matthias Katsch war 2010 einer der Betroffenen aus dem Canisius-Kolleg. Hermann Schell wurde als Kind Opfer struktureller Gewalt. In seinem Blog schafsbrief.de bietet er ein Forum für Betroffene. Pastoralreferentin Jutta Lehnert ist aktiv in der Jugendarbeit am Bistum Tier.

Barbara Tambour moderiert die Diskussion. Einleitet betont sie, wie schwierig dieses Thema ist. Es geht um einzelne Opfer und einzelne Täter. Doch sind diese Taten im System katholische Kirche geschehen.

Kein Interesse an Aufklärung

Thomas Schnitzler schildert seine Erfahrungen mit dem Bistum Trier. Obwohl Aufklärung versprochen wird, glaubt er diesen Worten aber nicht mehr. Er ist der Meinung, dass die Kirche nicht an Aufklärung interessiert ist, sondern das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit schützen will.

Auch Herrman Schell sieht die Imagepflege bei der katholischen Kirche im Vordergrund. Vieles funktioniert nicht. Die sexuelle Enthaltsamkeit der Priester, die Aufklärung der Übergriffe und die Kommunikation mit den Geschädigten.

Sehr gut funktioniert aber zu verbergen, was nicht funktioniert.
Jutta Lehnert möchte sexuell straffällige Priester am liebsten nicht mehr in der Kirche sehen. Ihr wurde ein Redeverbot von ihren Vorgesetzen auferlegt. Sie ist zu der Überzeugung gekommen, dass nicht der Missbrauch ein Fehler im System ist, sondern das System der Fehler ist. Die katholische Kirche begünstigt und fördert Personen mit schädlichen Tendenzen und stattet sie mit Macht aus.

Matthias Katsch war als Kind selbst Missbrauchsopfer durch einen Priester. Er wirft den Kirche nicht die Tat an sich vor. Er sieht die Schuld der katholischen Kirche im Täterschutz. Sie ist nicht bereit Verantwortung zu übernehmen. Er hofft auf die Gläubigen, also auf die Basis der Kirche. Aus der Basis heraus muss die Änderung kommen. Die Kirchenvertreter würden keinen Grund erkennen wollen.

Den grundlegenden Fehler in der Missbrauchsaufklärung sieht Katsch in der internen Bearbeitung. Es geht um Verbrechen, die von staatlichen Behörden aufgeklärt werden sollten, nicht von der Institution, durch deren Vertreter sie begangen wurden. Auch will er nicht mehr als Opfer gesehen werden. Opfer war er als Kind, jetzt sieht er sich als Betroffenen.

Alle Redner sind davon überzeugt, dass sich etwas in der katholischen Kirche ändern muss. Matthias Katsch befürchtet aber, dass diese Änderungen nicht begonnen werden, da seit Jahrzehnten darüber geredet wird. Er empfiehlt den Reformgruppen darüber nachzudenken, etwas Eigenes zu machen. Konsequent gedacht also der katholischen Kirche ein Alternativmodell gegenüber zu stellen, wie es die Reformatoren im 16. Jahrhundert getan haben.




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