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Österreich: Bischöfe Wollen Missbrauchsvorwürfe Prüfen

Radio Vatikan
June 5, 2012

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Ernsthaft prüfen wollen die österreichischen Bischöfe die Vorwürfe, die die„Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt" gegen sie erhoben haben. Das hat der Medienreferent der Bischofskonferenz, Paul Wuthe, am Montag erklärt. Die Plattform hatte laut eigenen Angaben den österreichischen Bischöfen Briefe mit Namen von Priestern und weiteren kirchlichen Mitarbeitern geschickt, die des Missbrauchs beschuldigt und überführt worden seien, die aber immer noch ihren Dienst ausübten. Über Details der Beschuldigungen beziehungsweise der Einzelfälle könne er derzeit nichts sagen, so Wuthe, die Briefe seien bei den Bischöfen noch nicht eingegangen. Sollte es sich aber tatsächlich um Täter handeln, sei der Umgang mit ihnen klar geregelt, so der Sprecher:

„Ich bin davon überzeugt, dass die Bischöfe die Vorwürfe sehr ernst nehmen werden. Und ich kann dazu auch sagen, dass die geltende Rahmenordnung der Bischöfe, die seit zwei Jahren gilt und die ja auch international viel Aufsehen erregt hat, dass die ganz konkrete Maßnahmen vorsieht, wenn es Beschuldigte bzw. Täter gibt. Echte Täter, die eine strafrechtliche Verurteilung haben – so sieht das die Rahmenordnung der Bischofskonferenz vor – dürfen nicht mehr in der Kinder- und Jugendpastoral eingesetzt werden."

In der Rahmenordnung heißt es wörtlich: „Keinesfalls wird die Diözesanleitung pädophile Missbrauchstäter in der Pastoral einsetzen, wo der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gegeben ist. Über mögliche Einsätze in anderen Bereichen wird - eventuell nach Einholung eines Gutachtens - eine Entscheidung im Einzelfall getroffen. Dabei sind die Art des Vergehens, die Schuldeinsicht und Wiedergutmachung des Täters, die Wiederholungsgefahr und die größtmögliche Sicherheit für die Menschen im Wirkungsbereich zu berücksichtigen. Für die diesbezügliche Entscheidung soll ein forensisch-psychiatrisches Gutachten als Grundlage dienen."

Es sei eine wichtige und zugleich oft schwierig zu beantwortende Frage, wie mit verurteilten Tätern weiter umzugehen sei, so Wuthe:

„Was geschieht mit einem Priester, der seine Strafe abgesessen hat, der auch eine Therapie erfolgreich beendet hat, der auch weiterhin in Supervision ist? Wie kann er weiterhin priesterlich wirken? Vor allem auch, wenn er Mitglied einer Ordensgemeinschaft ist und wenn es auch ein entsprechendes kirchenrechtliches Verfahren gegeben hat. Dieses kirchenrechtliche Verfahren kann ja bis zum Ausschluss eines Priesters aus dem Klerikerstand führen. Alle diese Maßnahmen müssen gesetzt und müssen auch durchgeführt werden. Und wenn sie durchgeführt wurden, kann es sein, dass dennoch ein Einsatz als Priester gegeben ist, aber immer so, dass er nicht in Kontakt mit Kindern und Jugendlichen ist, so dass keine Gefährdung für andere Personen entsteht."

Hinsichtlich des Umgangs mit Missbrauchstätern aus dem Bereich der Ordengemeinschaften sei zu bedenken, dass ein Verbleib in der Gemeinschaft oft ein Beitrag zu mehr Sicherheit sein könne. Es sei besser, wenn sich eine Gemeinschaft für die Probleme eines Mitglieds verantwortlich weiß, als sich dessen zu entledigen. Aber auch dort gelte, dass pädophile Missbrauchstäter nicht mehr im Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen sein dürfen, so Wuthe, der Mitglied der Ad hoc-Kommission zur Weiterentwicklung und Evaluation der geltenden Rahmenordnung ist.

Einzelfälle werden sorgfältig geprüft
Die Kirche habe – etwa über ihre eigene diözesanen Ombudsstellen oder über die Klasnic-Kommission – in den letzten zwei Jahren vielen Menschen rasch geholfen. Dabei werde im Zweifel für das Opfer entschieden, so Wuthe. Wenn sich eine Beschuldigung nicht rechtlich nachweisen ließe, könne es zu der Situation kommen, dass einem Opfer von der Klasnic-Kommission und der Kirche zwar geholfen wird, ein Beschuldigter aber weiterhin im priesterlichen Dienst verbleiben könne. Das sei freilich eine Gratwanderung und müsse immer im Einzelfall sorgfältig geprüft werden, räumte Wuthe ein.

Wuthe verwies weiter darauf, dass die Kirche von sich aus bis jetzt rund 150 Fälle zur Anzeige gebracht habe, um die strafrechtliche Relevanz von Beschuldigungen prüfen zu lassen. Darüber hinaus sei jeder Bischof verpflichtet, zusätzlich eine kirchenrechtliche Untersuchung durchzuführen, wenn es Anhaltspunkte für den sexuellen Missbrauch durch einen Priester gibt. So können im kirchenrechtlichen Verfahren die Verjährungsfristen sogar gänzlich aufgehoben werden, und als schärfste Sanktion drohe die Entlassung aus dem Klerikerstand.




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