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Einige Rufen: Skandal!

The Sueddeutsche
June 13, 2012

http://www.sueddeutsche.de/panorama/heilige-stuhl-und-vatileaks-es-geht-um-die-offenen-wunden-der-kirche-1.1380841-2

Da ist zum Beispiel das schockierende Geständnis von Pater Alfredo Moreno, dem Sekretär von Marcial Maciel, des 2006 wegen sexuellen Missbrauchs mit Amtsverbot belegten Gründers der Legionäre Christi. Am 19. Oktober 2011 um 9.30 Uhr trifft Moreno den Sekretär des Papstes. Er gibt zu, Dokumente über Maciels Schandtaten vernichtet zu haben. Er enthüllt aber vor allem, dass er bei Papst Johannes Paul II. kein Gehör fand, als er 2003 von diesen Taten berichten wollte. Warum, bleibt ein Geheimnis. Moreno war ein glaubwürdiger Zeuge, er war viele Jahre Maciels treuer Schatten. So aber mussten noch Jahre vergehen, bis der Skandal ans Licht kam.

Da sind auch die Hintergründe der Entschädigungen für Opfer von sexueller Gewalt in den USA. Kurz, es geht in den Dokumenten um die offenen Wunden der Kirche.

Wird die Veröffentlichung der internen Dokumente die katholische Kirche verbessern? Einige sagen: Nein. Sie rufen: Skandal! Und behaupten aus Eigeninteresse oder falsch empfundener Loyalität, die Veröffentlichung sei Verrat, sie richte sich gegen den Heiligen Vater, gegen den Glauben oder die Kirche.

Das stimmt nicht. Es geht nicht gegen den Papst, den Glauben oder die Kirche. Es geht um die Wahrheit, denn nur sie wird die Kirche besser machen. Papst Benedikt hat selbst gesagt: "In einer Welt, in der die Lüge mächtig ist, bezahlt man für die Wahrheit mit Leiden."

Kein Sachbuch gegen den Papst

Mein Buch "Sua Santità" ist kein Sachbuch gegen den Papst. Es zeigt vielmehr, wie anstrengend und schwierig es für Benedikt ist, seine Kirche zu führen angesichts so vieler Skandale, Affären, dem Orchester der persönlichen Interessen, die ihm Tag um Tag im Apostolischen Palast als Interesse der Kirche vorgetragen werden. Der Papst ist, wie wir ihn alle kennen: zurückhaltend, anspruchslos. Wie aus den Dokumenten hervorgeht, leidet er darunter, dies alles handhaben zu müssen und dabei das Leitprinzip der Einheit der Kirche zu bewahren.

Deshalb ist meine Haltung ähnlich wie die jener Menschen, die mir geholfen haben. Auch sie hoffen auf eine Änderung zum Besseren. "In manchen Momenten des Lebens ist man ein Mann oder nicht", sagte mir einer der Informanten. "Den Unterschied macht allein der Mut aus, zu tun und zu sagen, was du für richtig hältst." Sein Mut bestehe darin, bestimmte Geheimnisse öffentlich zu machen, große und kleine Geschichten, die nicht über das Bronzetor hinausdringen. "Tatsächlich fühle ich mich nur auf diese Weise frei," fügte er hinzu. "Ich entlaste mich von der unerträglichen Komplizenschaft dessen, der schweigt, obwohl er weiß."

Die Entscheidung zur Veröffentlichung habe ich mir nicht leicht gemacht. Ich glaube aber, dass ein Journalist nicht anders handeln kann. Noch nie sind derart authentische und relevante Dokumente aus den Heiligen Palästen nach außen gedrungen. Glaubt ein Journalist in dieser Situation an seinen Beruf, veröffentlicht er alles - auch im Wissen, Leid zu verursachen, wie es vom Pontifex durchgesickert ist. Andernfalls müsste er destillieren, was zu veröffentlichen ist und was zu vernichten, was in der Schublade bleibt. Das aber hat nichts mit dem Beruf des Journalisten zu tun. Deshalb werde ich den kleinen Helden des Buchs immer danken. Ohne die vielen, die mir Papiere und wichtige Dokumente gegeben haben, wären viele, zu viele Angelegenheiten im Dunkeln geblieben.




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