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Debatte über Chemische Kastration Von Pädophilen

By Hubertus GÄrtner
Nw-News
June 21, 2012

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Detmold/Essen. Die Psychiaterin Nahlah Saimeh (46) leitet die Maßregelvollzugsklinik in Lippstadt-Eickelborn. Saimeh gilt als Expertin für die Behandlung von Sexualstraftätern. In einem Prozess vor dem Landgericht Detmold hat sie nun einen viel diskutierten Vorschlag gemacht. Sie verwies auf die Möglichkeit, einen angeklagten pädophilen Mann mit Medikamenten zu kastrieren.

Alexander B. (28) ist ein einschlägig vorbestrafter Kinderschänder, der offenbar Kontakte zur internationalen Pädophilenszene unterhalten hat. Die Staatsanwaltschaft hat ihn angeklagt, in der Zeit von 2006 bis 2009 drei kleine Jungen im Alter von neun Monaten bis vier Jahren sexuell schwer missbraucht zu haben.

Saimeh ist der Überzeugung, dass Alexander B. wie viele andere Pädophile nicht heilbar ist – und ohne eine medikamentöse Kastration weiter eine Gefahr darstellt. "Ein Mensch sucht sich seine sexuellen Vorlieben nicht aus. Was ihm gefällt, ist und bleibt Schicksal", sagt Saimeh.

Zu einem Leben in Freiheit befähigen

Vor allem Pädophile litten häufig selbst extrem unter ihrer sexuellen Fixierung auf Kinder. Eine medikamentöse Behandlung könne "den ständigen Druck zur Suche nach weiteren Befriedigungsmustern" nehmen und sie auf längere Sicht wieder zu einem Leben in Freiheit befähigen. Tatsache sei, dass es sehr unterschiedliche Gruppen von Sexualstraftätern gibt, betonen Saimeh und ihr ebenfalls prominenter Kollege Norbert Leygraf, der das Institut für Forensische Psychiatrie an der Universität Duisburg/Essen leitet.

Wenn Gewalt bei den Taten oder in den Phantasien eine Rolle spiele, sei eine medikamentöse Behandlung zur Kastration in aller Regel nicht zielführend, sagt Leygraf. Viele Pädophile seien aber nicht im engeren Sinne gewalttätig. Zur Behandlung dieser Personengruppe wurde ein Medikament entwickelt, das bewirkt, dass in Hoden und Nebenniere kein Testosteron mehr produziert wird.

Das Präparat kann auf freiwilliger Basis als Depot gespritzt werden. "Die Betroffenen haben anschließend keinen Sexualtrieb mehr, sie müssen diese Medikamente aber ihr Leben lang einnehmen", sagt Leygraf. Es könnten bei ihnen Nebenwirkungen wie Osteoporose und eine leichte Gewichtszunahme auftreten.

"Betroffenen müssen ihr Einverständnis geben"

"Die medikamentöse Behandlung von Sexualtätern kommt zunehmend häufiger zum Einsatz, wobei immer zu betonen ist, dass die Betroffenen ihr Einverständnis zur Behandlung geben müssen. Sie dürfen diese jederzeit wieder abbrechen", betont Leygraf.

Nach Angaben von Saimeh lassen sich derzeit etwa ein halbes Dutzend Sexualtäter in Eickelborn freiwillig medizinisch kastrieren. "Manche erleben das regelrecht als Befreiung", sagt Saimeh. Wenn ihre Alternativen die Sicherungsverwahrung im Gefängnis oder die möglicherweise lebenslange Unterbringung im Maßregelvollzug sind, dann entscheiden sich Täter eher für die medikamentöse Kastration.

Damit sie wieder in Freiheit dürfen, ist aber eine längere Erprobung unter geschlossenen Bedingungen notwendig. Draußen müssen diese Täter anschließend regelmäßig nachweisen, dass sie sich die Medikamente regelmäßig spritzen. Dazu dienen zum Beispiel Kontrollen des Testosteronspiegels im Blut.

Die Entlassenen können dauerhaft dazu verpflichtet werden, sich diesen Kontrollen zu unterziehen, weil der Gesetzgeber mittlerweile die Möglichkeit geschaffen hat, eine Person lebenslang unter Führungsaufsicht zu stellen. "Das ist eine segensreiche Regelung. Man muss wissen, dass die chemische Kastration rückgängig gemacht werden kann, indem man die Medikamente absetzt", sagt Leygraf.

Serienmörder starb bei Operation

  • Neben der medizinischen Kastration ("antiandrogene Medikation") gibt es die operative Kastration, bei der mit einem chirurgischen Eingriff die Hoden entfernt werden.
  • Diese Methode werde nicht mehr angewendet, sie sei auch aus ethischen Gründen abzulehnen, sagt Nailah Saimeh.
  • Der pädophile Serienmörder Jürgen Bartsch war 1976 gestorben, als er sich in einem Krankenhaus in Eickelborn freiwillig einer operativen Kastration unterzog.
  • Auch der Effekt einer operativen Kastration ist durch die Einnahme von Testosteron reversibel. (gär)




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