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Missbrauch: Diakonie Entschädigt Opfer

Kaernten@orf
June 21, 2012

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Hubert Stotter

Seit bekannt wurde, dass es auch in Heimen der evangelischen Diakonie in Treffen Missbrauchsfälle gegeben hat, läuft die Aufarbeitung. Die Diakonie zahlte den Opfern bisher 150.000 Euro Entschädigung. Rektor Hubert Stotter im Interview.

Sexueller Mißbrauch, sexualisierte Gewalt, schwarze Pädagogik, darüber berichteten bisher zehn Opfer, die als Kinder Zöglinge im Heim „de la Tour" im Treffen waren. Manche wurden zu Hause missbraucht, kamen ins Heim, wurden dort wieder missbraucht. Als sie verhaltensauffällig wurden, kamen sie zu Kinderarzt Franz Wurst, dieser habe sie wieder missbraucht.

Der Rektor der Diakonie, Hubert Stotter, erzählt von erschütternden Fällen. Im Interview mit ORF-Redakteurin Birgit Rumpf-Pukelsheim nahm er zu den Vorfällen und deren Aufarbeitung Stellung.

150.000 Euro bisher bezahlt

Hubert Stotter: Es wird Entschädigungszahlungen geben, die Entscheidung wurde getroffen. Die Zahlungen sind auf dem Weg. Das ist für uns im Prozess der Aufarbeitung der Vergangenheit ein ganz wesentlicher und wichtiger Schritt, aber nicht nur für uns, sondern auch für die betroffenen Personen. Es ist ein sichtbares Zeichen, dass man Verantwortung wahrnimmt. Gleichzeitig kann eine Entschädigungszahlung nie das schwer in Worte zu fassende Leid das ihnen widerfahren ist, wieder gut machen. Das wissen wir, aber das ist eine Form, die wir gewählt haben und es ist ein Teil dessen, wie wir Verantwortung wahrnehmen.

ORF: Wie viele Opfer gibt es, welche bekommen Geld und um welche Summe geht es?

Stotter: In Summe werden 150.000 Euro bezahlt, es sind im Moment fünf Personen betroffen, drei weitere in Bearbeitung. Die Zahlung bewegen sich je nach Schwere zwischen 5.000 und 25.000 Euro.

ORF: Mit welchen Geschichten haben sich die Opfer an Sie gewandt? Es gibt ja offenbar keinen Zweifel an den Erzählungen?

Stotter: Wir haben keinen Anlass, daran zu zweifeln. Es sind Details, die einem unter die Haut gehen, wenn man sie liest. Ich glaube, man wird verstehen, wenn ich diese Details nicht anspreche. Aber es handelt sich um sexuelle Gewalt, auch um pädagogische Maßnahmen, die wir heute nicht mehr nachvollziehen können.

ORF: Es war die Rede von einem Gremium, das diese Fälle bearbeitet hat. Wie ist die Entscheidung gefallen und wie läuft die Aufarbeitung ab?

Stotter: Wir haben die gesamte Bearbeitung dem weißen Ring übergeben, sodass wir da nicht eingebunden sind, um höchstmögliche Neutralität und Professionalität gewährleisten zu können. Der weiße Ring hat eine Expertenkommission von vier Personen zusammengestellt. Es haben Gespräche mit den Betroffenen stattgefunden, mit Fachleuten, dann hat die Expertenkommission unabhängig von uns entschieden. Vorab haben wir mit dem weißen Ring vereinbart, dass wir die Entscheidung akzeptieren und umsetzen werden.

ORF: Ist für Sie die Aufarbeitung damit abgeschlossen oder geht es noch weiter?

Stotter: Ich glaube, diese Vorfälle, die in der Vergangenheit geschehen sind, sind so ernst, dass man nicht davon sprechen kann, dass sie abgeschlossen sind. Es ist wichtig, dass man die Vergangenheit aufarbeitet, aber in diesem Prozess sich klarmacht, dass wir eine Gegenwart und Zukunft haben. Aber man muss realistisch sein. Auch in der Gegenwart wird es diesen Missbrauch geben, nicht nur in institutionellen Häusern, sondern auch außerhalb, in den Familien, fast zwei Drittel der Übergriffe stattfinden.

Es ist wichtig, dass die Vergangenheit auch dazu anleitete, die Gegenwart zur Sprache zu bringen, das Thema zu enttabuisieren und offensiv zur Sprache zu bringen, um diesem unsagbaren Leid, das Kinder erfahren, entgegenzuwirken und es zu verhindern. Wir wollen in unseren Institutionen dazu beitragen, dass das nicht mehr passieren kann, wir führen keine Heime mehr. Wir haben sozialpädagogische Wohneinheiten im kleinen Rahmen mit maximal zehn Kindern, betreut von einem multiprofessionellen Team und auch fachlicher Transparenz nach außen, sodass Experten immer Zugang zu den Bewohnern haben und umgekehrt auch die Bewohner externe Ansprechpartner haben. <<

ORF: Haben Sie Fälle Justiz weitergeleitet, gab es Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft?

Stotter: Von unserer Seite hat es zu den Fällen aus den 60er und 70er-Jahren keine Anzeigen gegeben. Das prüfen wir noch, ob es hier nötig ist. Sofern aber ein Betroffener einer Anzeige vornimmt, bleibt das dieser Person überlassen. Wir prüfen die Angelegenheit.

Das Gespräch führte Birgit Rumpf-Pukelsheim, ORF Kärnten.






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