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Mindestens Zwei Maulwurfe Und Ein Rabe Im Vatikan

By Stefan Troendle
Tagesschau
August 14, 2012

http://www.tagesschau.de/ausland/vatileaks122.html

[with audio]

Paolo Gabriele war kein Einzeltater. Die wohl entscheidende Information aus dem Vatikan ist, dass der ehemalige Kammerdiener des Papstes beim Dokumentenklau Helfer hatte. Es waren also auf jeden Fall mehrere Personen in die Weitergabe der vertraulichen Schreiben vom papstlichen Schreibtisch an Medienvertreter beteiligt. "Vor einigen Tagen haben wir ja selbst erklart, dass Dokumente an die Offentlichkeit geraten sind, wahrend Gabriele im Gefangnis war", sagte Papstsprecher Federico Lombardi. "Mit anderen Worten: Es ist unmoglich zu sagen, dass er die einzige Person war, die Journalisten Dokumente ubergeben hat."

Wenig uberraschend war dagegen die Nachricht, dass der sogenannte "Vatileaks"-Skandal definitiv gerichtlich aufgearbeitet wird. Das war allgemein erwartet worden. Erstaunlich ist jedoch, dass nicht nur Ex-Kammerdiener Paolo Gabriele der Prozess gemacht wird, sondern auch einem Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats, Claudio Sciarpelletti. "Es handelt sich um einen Angestellten des Staatssekretariats - ein Informatiker, der dort gearbeitet hat", erklart Lombardi. "Er ist ein Bekannter von Paolo Gabriele. In seinem Buro hat es gleich am Anfang eine Durchsuchung gegeben, bei der einige Dokumente gefunden wurden. Allerdings wei? man nicht, welche Bedeutung die hatten. Der Bekannte ist gleich darauf festgenommen worden. Er war aber nur eine Nacht in Gewahrsam, schon am darauffolgenden Tag wurde er wieder auf freien Fu? gesetzt."

Angeklagt wird Sciarpelletti lediglich wegen Beihilfe, unter anderem wohl deshalb, weil er sich in Widerspruche verwickelte. Die Strafe fur ihn durfte eher gering ausfallen. Vatikansprecher Lombardi wollte sich nicht festlegen.

Sechs bis acht Jahre Haft drohen jedoch dem Hauptangeklagten Paolo Gabriele - wegen schweren Diebstahls. Der als "Corvo", Rabe, bezeichnete Gabriele hat namlich moglicherweise auch geklaut wie ein solcher. Die Ermittler fanden in seiner offensichtlich nicht sonderlich aufgeraumten Wohnung nicht nur jede Menge Dokumente, sondern auch mehrere Gegenstande, die Gabriele offenbar mitgehen lie?. "In dieser Situation hat man drei Dinge gefunden: Einen Scheck der auf den Namen des Papstes ausgestellt war, ein Goldstuck, das ich nicht naher definieren kann, und ein Buch aus dem 16. Jahrhundert", berichtet Lombardi. Letzteres war offensichtlich ein Gastgeschenk fur Papst Benedikt XVI. Gabriele entschuldigt diese Funde mit dem allgemeinen Chaos bei sich daheim. Ob die Richter ihm das abnehmen, ist eine andere Frage.

Der ehemalige Kammerdiener des Papstes steht weiter im Vatikan unter Hausarrest, der offentliche Prozess gegen ihn und seinen Verbundeten wird fruhestens Ende September beginnen.

Der geheimnisvolle "Signore E."

Im vatikanischen Untersuchungsbericht tauchen ubrigens noch andere Personen auf, die in den Fall verwickelt sind. Allerdings werden die Namen nicht genannt. So soll zum Beispiel ein "Signore E." Dokumente an den Enthullungsautor Gianluigi Nuzzi weitergereicht haben, der diese dann in Buchform verarbeitet hat. Nur: Ermittelt wird gegen den ominosen "Signore E." bisher nicht. "Es gibt keinen Zusammenhang mit diesem Fall", sagt der Vatikansprecher. "Das ist eine Spur, die die Ermittler in Zusammenhang mit der Tat von Paolo nicht verfolgt haben."

Das kann zweierlei bedeuten. Entweder der "Vatileaks"-Fall ist wesentlich gro?er als bekannt, oder im Vatikan waren mehrere Maulwurfe gleichzeitig aktiv. Pater Lombardi betonte ubrigens, dass es sich nur um ein vorlaufiges Zwischenergebnis handle. Nach Ansicht der Ermittler sei der Fall umfangreicher. Sein Problem ist der Vatikan also vermutlich noch lange nicht los.

 

 

 

 

 




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