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Hinweise Auf Padophilen-netzwerke

By Joachim Frank
Frankfurter Rundschau
January 17, 2013

http://www.fr-online.de/missbrauch/missbrauch-in-der-katholischen-kirche-hinweise-auf-paedophilen-netzwerke,1477336,21486762.html

Dies geht aus einer systematischen Auswertung von fast 9000 Beratungsgesprachen und Internet-Korrespondenzen einer zentralen Hotline hervor, die die katholische Bischofskonferenz von Marz 2010 bis Ende Dezember 2012 unterhalten hatte. Bei der Prasentation der Ergebnisse sprach der Missbrauchsbeauftragte der Bischofe, der Trierer Oberhirte Stephan Ackermann, von einem Angebot fur die Opfer sexuellen Missbrauchs, das „weltweit seinesgleichen sucht“. Es sei eingestellt worden, weil sich am Ende lediglich noch ein bis zwei Anrufer pro Mitarbeiterschicht gemeldet hatten. Die Anlaufstellen in den 27 Bistumern blieben aber erhalten.

Nach den Erkenntnissen aus den Hotline-Kontakten nutzten kirchliche Amtstrager ihren spezifischen Vertrauensvorschuss aus, setzten die Strahlkraft religioser Riten zur Ausschaltung von Schutzmechanismen der Opfer ein und gaben die eigenen Vergehen als „Ausdruck liebender Verbundenheit in Christus oder Auserwahlung vor Gott“ aus. Diese „Spiritualisierung des Verbrechens“ sei fur ihn das besonders Perfide und Abscheuliche, sagte Ackermann.

Uberwiegend mannliche Opfer

Andreas Zimmer, der als Fachverantwortlicher fur die Hotline die Auswertung der Kontakte zu mehr als 2000 Ratsuchenden erlauterte, sprach von schweren Schaden fur die Religiositat als besonderer „psychischer Kraft der Kinder“. Der Abschlussbericht zur Tatigkeit der Hotline erlaube neue Einblicke in das „Dunkelfeld“ der Opfer. So habe sich im Raum der Kirche ein uberproportional hoher Anteil mannlicher Opfer erharten lassen. Wahrend gesamtgesellschaftlich das Verhaltnis zwischen weiblichen und mannlichen Opfern bei 3:1 liege, seien in kirchlichen Schulen und Einrichtungen in bis zu 90 Prozent aller Falle Jungen die Opfer sexueller Gewalt gewesen.

Die Kontakte von Opfern mit der Hotline wurden anonym erfasst und ausgewertet. Sie hatten „die zustandigen Stellen erreicht und zu Konsequenzen fur Tater gefuhrt“, sagte Zimmer. Die erhobenen Daten sollen in verbesserte Pravention und weitere Forschungsprojekte einflie?en. Zimmer konstatierte insgesamt eine „chronische therapeutische Unterversorgung“ der Opfer.

Bischof Ackermann versicherte, dass sich die Bischofe „weiterhin mit gleichbleibender Intensitat und Konsequenz um eine grundliche und transparente Aufarbeitung bemuhen“ wurden. Ausdrucklich schloss der Bischof die Frage nach spezifisch kirchlichen Rahmenbedingungen und systemischen Ursachen fur sexuellen Missbrauch ein. Ein herber Ruckschlag in diesem Bemuhen sei der Bruch mit dem Hannoverschen Kriminologen Christian Pfeiffer gewesen, der die Personalakten der Bistumer nach Hinweisen auf – womoglich bislang unentdeckte – Missbrauchsfalle durchforsten sollte.

Forschungsprojekt soll ohne Pfeiffer fortgefuhrt werden

Gelitten habe darunter auch das Ziel der Kirche, Vertrauen und Glaubwurdigkeit zuruckzugewinnen. Das von Pfeiffer seit 2011 betreute und von den Bischofen in der vorigen Woche gekundigte Forschungsprojekt solle aber mit verandertem Design fortgesetzt werden. Es gebe bereits eine Reihe von Meldungen und Angeboten interessierter Wissenschaftler, sagte Ackermann.

Er nannte aber weder Zahlen noch Namen oder einen Zeitplan. Nach dem hohen offentlichen Druck, unter dem die Bischofe 2010, nach dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfalle durch katholische Geistliche, gestanden hatten, solle nun „moglichst zeitnah, aber solide“ gehandelt werden. Offen lie? Ackermann auch die Frage, ob und in welcher Form sich alle Bistumer an einer Folgestudie beteiligen werden. Pfeiffer hatte scharfe Kritik insbesondere an der Weigerung der Bistumer Munchen und Regensburg geubt, ihm entgegen vertraglicher Vereinbarung die Personalakten kirchlicher Mitarbeiter zur Verfugung zu stellen.

Ackermann trat dem Eindruck entgegen, die Kirche wolle die Tater schutzen und ihre Vergehen vertuschen. Im Vergleich zu vielen anderen gesellschaftlichen Gruppen sei die katholische Kirche in der Aufarbeitung sehr weit fortgeschritten, so Ackermann. Glaubwurdigkeit aber konne man „nicht verordnen“, sondern nur fur sie werben. Einen eigenen Anteil fur die offentliche Wahrnehmung in einem „hoch sensiblen, emotionalen Feld“ schrieb Ackermann der Berichterstattung in den Medien zu.

 

 

 

 

 




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