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Wer Hat Recht Beim Forschungsprojekt Zum Missbrauch?- 01.02.2013

The explizit
February 2, 2013

http://www.explizit.net/Kirchen/Wer-hat-Recht-beim-Forschungsprojekt-zum-Missbrauch



explizit.net hat bei Professor Dr. Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. zu den Einwanden gegen sein Forschungsprojekt nachgefragt. Im Kommentar zur Aufkundigung der Zusammenarbeit durch die Deutsch Bischofskonferenz waren kritische Stimmen gegen Forschungsansatz und bisherige Forschungsarbeit zu Wort gekommen. Im Folgenden gibt Prof. Pfeiffer Antworten zur Durchfuhrbarkeit, der forschungsethischen Frage und fruheren Forschungsprojekten.

Hier die Antworten von Professor Pfeiffer auf vier Fragen:

explizit.net: War es beabsichtigt, dass Opfer, die aus den Personalakten erkennbar werden, fur eine Befragung angeschrieben werden sollten? Wie ist das ethisch zu verantworten, Menschen, die evtl. traumatisiert sind, noch einmal mit den Vorfallen, die auch Jahre zuruckliegen, zu konfrontieren?

Mit unseren kirchlichen Kooperationspartnern hatten wir vereinbart, dass die Opfer zunachst von der jeweiligen Diozese befragt werden, ob sie sich an einer quantitativen oder qualitativen Befragung des KFN beteiligen mochten. Fur diesen Fall wurden sie dann gebeten, sich direkt an das KFN zu wenden. Damit blieb es jedem Opfer vollig freigestellt, ob es sich an der Forschung beteiligen mochte oder nicht. Unser Pretest in Hildesheim hat gezeigt, dass die Anfrage eine uberaus positive Resonanz ausgelost hat. Die gro?e Mehrheit der von der Diozese angeschriebenen Opfer hat sich bei uns gemeldet. Auf dieser Basis konnten beispielsweise 13 qualitative Interviews durchgefuhrt werden. Die Gesprache zeigten im Ubrigen, dass es den Opfern ein gro?es Anliegen gewesen ist, uber ihre Leidenserfahrungen mit unserer Mitarbeiterin ausfuhrlich sprechen zu konnen.

explizit.net: Welche therapeutischen Hilfen wurden eingerichtet, um Folgen einer neuen Konfrontation mit den traumatischen Erfahrungen aufzufangen?

Schon im Beirat des Projekts hatten wir vereinbart, dass die von uns angesprochenen Opfer gleichzeitig daruber informiert werden, wer in ihrer jeweiligen Region als Traumatherapeut gegebenenfalls angesprochen werden konnte. Nach diesem Prinzip verfahren wir auch weiterhin, wenn sich gegenwartig bei uns Missbrauchsopfer melden, die sich an der Forschung beteiligen mochten.

explizit.net: Welche Aussicht besteht, dass Tater, die durch das Institut befragt werden sollten, sich einem Interview stellen? Wie ware die Reprasentativitat gesichert?

Eigentlich waren wir nach der Erfahrungen, die unsere Kollegen in den USA gemacht hatten, recht optimistisch, dass es eine beachtliche Zahl von Tatern geben wurde, die bereit sind, sich einem auf Tonband aufgezeichneten Interview zu stellen. Naturlich ware das mit der Zusage verbunden, dass ihre Antworten strikt anonymisiert werden. Aber dieser Teil des Forschungsprojekts bleibt nun eine Aufgabe fur die Forschungseinrichtung, die nach uns damit beauftragt werden wird, den sexuellen Missbrauch durch Priester zu untersuchen.

Es werden verschiedene Aussagen von Prof. Pfeiffer in den Medien wiedergeben, u.a. dass der hohere Fernsehkonsum Dortmunder Jugendlicher zu einer hoheren Kriminalitatsrate fuhrt. Weiter die Hygieneerziehung in ehemaligne Kinderkrippen der DDR und hohere Gewaltbereitschaft in den Neuen Bundeslandern?

explizit.net: Gibt es dazu zitierbaren Stellungnahmen von Prof. Pfeiffer, auf die wir verlinken bzw. verweisen konnen?

Die Frage, ob der im Vergleich zu suddeutschen Stadten deutlich hohere Medienkonsum von Dortmunder Viertklasslern tatsachlich auch dazu beigetragen hat, dass sie spater in einem hoherem Ma? Straftaten begehen, haben wir nie untersucht. Unser Forschungsinteresse war es, die Auswirkungen des in Dortmund im Vergleich zu suddeutschen Stadten stark erhohten Medienkonsums auf Schulleistungen zu analysieren. Nur bei Schulerbefragungen die wir mit 14 bis 16 Jahrigen realisiert haben, sowie bei einer Berliner Langsschnittstudie, ging es um den Zusammenhang eines stark gewalthaltigen Medienkonsums mit eigenem Gewaltverhalten der Befragten. Insoweit verweise ich Sie auf die Habilitationsschrift unseres Mitarbeiters Dr. Thomas Mo?le, die gerade in unserer vom Nomos-Verlag vertriebenen Buchreihe veroffentlicht worden ist (Titel: "Dick, dumm, abhangig, gewalttatig?: Problematische Mediennutzungsmuster und ihre Folgen im Kindesalter“). Ebenso falsch ist auch die von Ihnen wiedergegebene These, ich hatte einen Zusammenhang hergestellt zwischen der Hygieneerziehung in den ehemaligen Kinderkrippen der DDR und einer generell hoheren Gewaltbereitschaft in den neuen Bundeslandern. Hierzu waren meine Aussagen sehr viel differenzierter. Im Jahr 1999 gab es dazu von mir einen langeren Spiegel-Artikel, den Sie in der Ausgabe des Spiegel 12/1999 auf Seite 60 finden konnen (Titel: „Anleitung zum Ha?“: Der Kriminologe Christian Pfeiffer uber das Erziehungssystem der DDR und die Folgen).

explizit.net stellt die Aussagen von Prof. Pfeiffer zur Diskussion und wird eingehende Stellungnahmen veroffentlichen.

Die Einwande gegen den Forschungsansatz finden sich im Kommentar vom 11.1. bei kath.de

 

 

 

 

 




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