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Eine Letzte Offensive Der Missbrauchsopfer Von Kremsmunster

By Katharina Mittelstaedt
der Standard
February 5, 2013

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"Ja, es ist Schreckliches hinter den Klostermauern passiert", sagt der Stiftssprecher. Einigen Opfern ist das Zugestandnis zu wenig. Ein von ihnen angestrengter Zivilprozess wurde vorerst vertagt.

Seit drei Jahren wird rund um die Missbrauchsfalle im Stift Kremsmunster ermittelt. Nun wird eine kleine Gruppe von Opfern aktiv. Denn noch diese Woche entscheidet sich, ob der "Haupttater" vor Gericht kommt

Linz - Der ehemalige Klosterschuler ist inzwischen ein erwachsener Mann, und dennoch - jeden Sonntag aufs Neue holt ihn seine Vergangenheit ein, bis heute. Er bekomme dann zittrige Hande, Schwei?ausbruche, werde nervos und sei angespannt. Doch zumindest, so erzahlt das Missbrauchsopfer, das nicht namentlich genannt werden mochte, die Albtraume von Pater A. habe er inzwischen im Griff.

Pater A. ist der "Haupttater", wie Martin Schmidt, auch ein ehemaliger Schuler, der kein Opfer, aber Zeuge von "exzessiver Gewalt" wahrend seiner Zeit im Internat des Stifts Kremsmunster geworden sei, ihn nennt. Er hat viele der Geschadigten getroffen, die in dem mehr als tausendseitigen Gerichtsakt, der dem STANDARD vollstandig vorliegt, erzahlen, wie Patres sie geschlagen, misshandelt und missbraucht haben. Einige von ihnen seien heute "verkrachte Existenzen", die mit enormen Problemen im Alltag zu kampfen haben, erzahlt Schmidt.

"Verdrangen und Vertuschen"

Seit mehr als drei Jahren kommen immer neue Falle ans Licht. Eine Gruppe von Opfern geht nun in eine letzte Offensive. Sie werfen dem Stift vor, dass es mit "professionellen Medienberatern" eine Taktik der " Verdrangung und Vertuschung" fahre. Damit soll nun Schluss sein. Die Opfer wollen vor allem aufzeigen, welche Macht das Stift damals wie auch noch heute in Oberosterreich habe - wie sie argumentieren, bis hinein in die Justiz.

Eigentlich hatten am Mittwoch zwei der Opfer Abt Ambros Ebhart vor Gericht gegenubertreten sollen. Sie hatten eine Zivilklage gegen das Stiftsinternat eingebracht, weil vor einem Jahr mehreren Geschadigten eine offentliche Entschuldigung samt Eingestandnis, die Errichtung eines Mahnmals und die Aufarbeitung der Missbrauchsfalle durch externe Experten zugesagt worden sein soll. Das Stift bestreitet das. Der Abt lasst sich nun wegen einer Kapitelsitzung entschuldigen und der Prozess wurde auf Anfang Marz vertagt.

Mitwisser und Tater

"Die Klostergemeinschaft versucht, seine Opfer auszusitzen, verfolgt die Einzeltatertheorie mit Pater A. und leugnet die strukturelle Gewalt im Stift, die mindestens bis ins Jahr 1945 zuruckgeht", sagt Martin Schmidt. Was die Opfer vor allem erbost, ist, dass sich heute "alle blod stellen". Viele der Patres in Kremsmunster seien im Alter des 79-jahrigen Pater A., der vergangenes Jahr aus dem Kloster austrat.

Sie seien, belegt durch Zeugenaussagen im Gerichtsakt, nachweisliche Mitwisser und teilweise selbst Tater, die bis heute im Kloster leben und unterrichten. Der derzeitige Direktor der Schule ist beispielsweise seit den Achtzigerjahren dort tatig. "Es ist aus heutiger Sicht vollkommen unglaubwurdig und nicht nachvollziehbar, dass die Lehrer von all dem nichts bemerkt haben wollen", sagt Schmidt.

Pater Bernhard, Pressesprecher des Stifts, will die Emotionen der Opfer verstehen, Zugestandnisse mache das Kloster seiner Ansicht nach aber schon lange: "Ja, es ist Schreckliches hinter den Klostermauern passiert, aber wir haben uns entschuldigt und arbeiten intensiv an der Aufarbeitung." Nun lebe eine neue Generation "Kremsmunsteraner" im Stift, die interessiert daran sei, dass die Vergangenheit bewaltigt werde, "falsche Unterstellungen" wolle er sich aber nicht gefallen lassen.

Ermittlungen vor Abschluss

Insgesamt haben sich in dieser Causa 45 Manner bei der Kommission gegen Missbrauch gemeldet. Dem Pater sei die "kleine Gruppe" von Opfern bekannt, die nun versuche, das Kloster in ein "schlechtes Licht" zu rucken. "Denen geht es ums Geld. Sie wollen sich mit den Entschadigungszahlungen nicht zufriedengeben", sagt er.

Im Jahr 2010 waren gegen insgesamt zwolf Patres und weltliche Lehrer des Stifts Ermittlungen aufgenommen worden. Bis auf eine wurden alle eingestellt, weil die Vorfalle verjahrt waren oder als strafrechtlich nicht relevant eingestuft wurden. Funf Ordensleute enthob der Abt dennoch ihrer Amter.

Der einzig ausstehende Fall ist der gegen Pater A. - drei seiner Opfer wurden Langzeitschaden attestiert, was die Verjahrungsfrist verlangert. Der fertige Akt liegt nun beim zustandigen Staatsanwalt auf dem Schreibtisch. "Vermutlich schon Ende dieser, spatestens Mitte nachster Woche" werde er nun endgultig daruber entscheiden, ob gegen Pater A. Anklage erhoben wird. (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 6.2.2013)

 

 

 

 

 




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