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Weiterhin Kein Geld Fur Missbrauchs-opfer

MDR
February 21, 2013

http://www.mdr.de/nachrichten/missbrauch154.html

Bund und Lander bleiben bei der Finanzierung des Hilfsfonds fur die Opfer sexuellen Missbrauchs zerstritten. Ein entsprechendes Treffen verlief am Mittwoch ergebnislos. In Berlin waren Vertreter von Bund, Landern, Kirchen sowie Beratungsstellen zusammengekommen, um Bilanz zu ziehen. Vor mehr als einem Jahr war am Runden Tisch zum Thema "Sexueller Kindesmissbrauch" vereinbart worden, dass Bund und Lander einen Hilfsfonds in Hohe von 100 Millionen Euro einrichten. Beide Seiten sollten jeweils die Halfte des Geldes einzahlen. Doch die Lander haben bis heute nicht gezahlt und knupfen die Mittel an Bedingungen.

Schroder: Lander sollten zum Hilfsfonds stehen

Familienministerin Kristina Schroder forderte die Lander beim Treffen in Berlin auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Sie wolle zudem bei der Regierung dafur werben, dass der Fonds notfalls auch ohne Landerbeteiligung gestartet werde - dann nur mit der Halfte des Geldes. Von den Landern hat sich bislang nur Bayern zur Beteiligung am Fonds bereiterklart. Thuringen stellt hingegen Auflagen und fordert, dass der Fonds nicht nur fur Missbrauchsfalle an Schulen, kirchlichen Einrichtungen und Heimen eingesetzt werden soll, sondern auch fur Falle aus dem familiaren Bereich. Einen Konsens zwischen den Lander lie? sich dazu nicht finden.

Missbrauchsbeauftragter: Konflikt muss beigelegt werden

Angesichts des Dauerstreits in dieser Frage forderte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rorig, die Regierung auf, bis zum Sommer einen "konkreten Fahrplan" vorzulegen. Der Konflikt zwischen Bund und Landern durfe nicht langer auf den Rucken der Opfer ausgetragen werden. Das "Mitgefuhl" der Politik musse sich nun auch "materiell niederschlagen". Der Sprecher der Betroffeneninitative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, sagte, die Betroffenen seien "unter Schmerzen an die Offentlichkeit gegangen, damit sich etwas andert". Uber die Entwicklung seien sie nun "bitter enttauscht".

Zivilrechtliche Verjahrungsfrist noch ungeklart

Im April 2010 hatten Justiz-, Familien- und Bildungsministerium den Runden Tisch ins Leben gerufen. Mehr als ein Jahr spater einigten sich die Beteiligten darauf, eine zentrale Anlaufstelle einzurichten, die moglichst unkompliziert uber die Antrage der Opfer entscheiden sollte. Jeder Betroffene sollte aus dem Lander-Bund-Hilfsfonds Sachleistungen im Wert von bis zu 10.000 Euro erhalten - etwa in Form von Therapien. Doch nicht nur der Fonds fehlt, auch ein zweites Versprechen wurde nicht eingelost: ein Opferschutzgesetz. Damit wurden Missbrauchsfalle erst nach 30 Jahren verjahren. Doch der entsprechende Gesetzentwurf liegt seit 20 Monaten im Rechtsausschuss des Bundestages auf Eis.

Schleppende Aufarbeitung durch die Kirche

Es gab aber auch Fortschritte: So hat das Bundesbildungsministerium wie angekundigt 30 Millionen Euro zur Verfugung gestellt, um das Thema Kindesmissbrauch wissenschaftlich erforschen zu lassen. Familienministerin Schroder startete zudem eine Praventivkampagne. Nichtstaatliche Einrichtungen, wie Caritas und Diakonie, wollen in den kommenden Wochen Therapien anbieten. Der Bund will hier Extra-Mittel zuschie?en. Und dennoch zeigen sich die Opfer weitestgehend enttauscht. Die Missbrauchstaten sind langst verjahrt, die Priester nicht mehr strafrechtlich zu belangen.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich bislang als einzige gro?ere Institution bereit erklart, den Geschadigten einen materiellen Ausgleich zu zahlen - au?erte sich aber bislang nicht zur Hohe. Auch das Ausma? des sexuellen Kindesmissbrauchs ist bis heute nicht bekannt. Andere Lander haben hier langst Zahlen vorgelegt. Die romisch-katholische Kirche in den Niederlanden geht von 800 Tatern und Zehntausenden Opfern aus. Auch die Deutsche Bischofskonferenz hatte eine umfassende Studie in Auftrag gegeben. Im Januar wurden die Forschungen abgebrochen, nachdem sich Kirchenvertreter und Forscher gegenseitig schwere Vorwurfe gemacht hatten.

Rektor von Jesuiten-Gymnasium brachte Debatte in Gang

Die Debatte um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche hatte der Rektor der katholischen Canisius-Kollegs in Berlin, Klaus Mertes, angesto?en. Er sorgte 2010 dafur, dass die Missbrauchsfalle in seiner Schule offentlich gemacht wurden. In einem Brief an rund 500 ehemalige Schuler gab er zu, dass es zwischen 1975 und 1983 mehrere Falle sexuellen Missbrauchs an dem Jesuiten-Gymnasium gegeben hatte. Die Enthullungen brachten eine Debatte in Gang, durch die viele weitere Falle bekannt wurden. Mit der Einberufung des Rundes Tisches wurde eine Welle von Anrufen, E-Mails und Briefen ausgelost, in denen Opfer ihr Schweigen brachen.

 

 

 

 

 




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