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Zorn in Der Kirche

The Publik-Forum
February 21, 2013

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Was tun – so allein gelassen, ohne Papst Benedikt? Auf den Image-Absturz der deutschen katholischen Kirche nach dem Skandal von Koln und dem Scheitern des Forschungsprojekts zur Aufklarung sexueller Kleriker-Gewalttaten reagieren die Bischofe ratlos. Ihre Fruhjahrsvollversammlung in Trier zeigt nur eines: Einer zornigen Kirchenbasis rei?t der Geduldsfaden

Einen Karnevalswagen mit der Aufschrift "Verschweigen & Vertuschen" liehen Dusseldorfer Karnevalisten einem Aktionsbundnis aus, das wahrend der Bischofskonferenz in Trier fur die luckenlose Aufklarung des Missbrauchsskandals in der katholische Kirche demonstrierte. Ob die Bischofe das lustig fanden? (Foto: pa/Frey)

Die von sexueller Gewalt von Priestern Betroffenen fordern umfassend Aufklarung. Etwas, was sie der Amtskirche nach vielerlei schlechten Erfahrungen und personlichen Enttauschungen kaum noch zutrauen.

Doch unter den katholischen deutschen Bischofen herrscht Sprachlosigkeit. Journalisten fragen: »Wie soll es weitergehen in der Kirche? Jetzt, da die Wahl eines neuen Papstes bevorsteht?« Statt eine umfassende Antwort zu geben, laden der Kolner Kardinal Joachim Meisner – der seit vielen Jahren in einem erzkonservativen Paralleluniversum zu leben scheint – und der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, zur Pressekonferenz mit einem einzigen Thema: Der Kolner Eucharistische Kongress im Juni 2013. In Koln, so sagen sie, solle die Verehrung der verwandelten Hostie den Menschen wieder nahe gebracht werden. Was geht in den Kopfen dieser Bischofe vor? Offenbar sind sie beherrscht von der Sehnsucht nach Bewahrung. Eine sehr traditionelle Frommigkeitsform wiederzubeleben, die im 19. Jahrhundert und bis vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) ihre hohe Zeit hatte, wird zum Ausdruck dessen.

Auf die Fragen der Gegenwart reagieren sie sprachlos. Gegen Ende ihrer Fruhjahrskonferenz, die am morgigen Donnerstag, dem 21. Februar 2013, abschlie?t, wollen sie uber das neue Kirchengesangbuch berichten, das zum Advent 2013 in den Gemeinden eingefuhrt werden soll. Brav hatten die deutschen Bischofe ihre Liedauswahl nach Rom geschickt, zur vatikanischen Kontrolle.

Immerhin: Das Fallbeil der Zensur hat offenbar nicht alle kritischen Lieder des beliebten, hollandischen Kirchenlied-Dichters Huub Oosterhuis (»Ich steh vor Dir mit leeren Handen, Herr…«) getroffen. Das wird in vielen Pfarreien Freude auslosen – doch es bietet keine Antwort auf die Krise, in die sich die Bischofe hineinmanovriert haben.

So sprachlos sie sind, so sprachmachtig ist die zornige Kirchenbasis. Eigens zur Trierer Bischofsversammlung hat sich ein Aktionsbundnis gegrundet. Seine Krafte stammen vornehmlich aus der Region Rheinland-Pfalz und Saarland. Die Akteure: Die Saarbrucker Initiative gegen sexuellen Missbrauch, www.schafsbrief.de, die Katholische Studierende Jugend (ksj) im Bistum Trier, MissBiT, die Selbstorganisation der Missbrauchten im Bistum Trier, und die Initiative Ehemaliger im Johanneum Homburg. Hinzu kommen die bundesweiten Reformer-Gruppen: Leserinitiative Publik, Initiative Kirche von unten und Wir sind Kirche.

Auf dem Domplatz von Trier haben sie einen Karnevalswagen aus Dusseldorf aufgebaut. Er stammt von Jacques Tilly. Fur 550 Euro Spendengeld haben sie den Wagen nach Trier transportiert. Er zeigt einen rundlichen Bischof mit dampfendem Weihrauchfass, unter dessen rotem Mantel sich viele Aktenordner mit der Ruckenaufschrift »Missbrauchsfalle« verbergen. Vor dem Bischof liegt ein Stapel leerer Aktenordner. Hermann Schell von der Blog-Aktion www.schafsbrief.de erklart: »Wir weisen so auf die geschredderten und gefledderten Akten hin, die die Oberkirche zerstort hat – und die nun uns Betroffenen die Aufklarungsarbeit schwer machen.«

Jede Nacht fordert das Aktionsbundnis mit seiner Laser-Licht-Aktion »Aufklaren!« die Bischofe dazu auf, ihrer Pflicht nachzukommen. Allein: »Ich habe keine Hoffnung mehr, dass die Kirche es schafft, selbst fur Aufklarung zu sorgen. Da ist der Staat gefragt«, sagt Schell. Thomas Schnitzler von MissBiT, der Betroffenen-Initiative im Bistum Trier, stimmt ihm ausdrucklich zu.

Die Bischofe sprechen mit den Betroffenen im Aktionsbundnis, indem sie ihren Trierer Missbrauchbeauftragten, einen Pastoralreferenten, schicken. Doch immerhin hat der Trierer Bischof Ackermann dem Aktionsbundnis die Aula des katholischen Angela-Merici-Gymnasiums zur Verfugung gestellt. Dort tagt dann die mit knapp einhundert Teilnehmenden gut besuchte Abend-Diskussion »Struktureller Verrat? Sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche«.

 

 

 

 

 




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