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"Im Vatikan Kommst Du Als Frau Nur Mit Dem Staubsauger Nach Oben"

domradio
February 23, 2013

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/2018386/

Die Deutsche Bischofskonferenz mochte ein Diakonat fur Frauen einrichten, um ihnen den Zugang zu Leitungspositionen zu erleichtern. Die Theologin Uta Ranke-Heinemann glaubt aber nicht an einen echten Fortschritt: Der Vatikan sei "der reine Junggesellenverein, wo nur die Jungfrau Maria Zutritt hat".

Matthias Hanselmann: Auf der diesjahrigen Fruhjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Trier, die heute zu Ende geht, sagte der Osnabrucker Bischof Franz-Josef Bode, dass in Zukunft mehr Frauen in Leitungspositionen der katholischen Kirche kommen sollten. Des Weiteren schlug Kardinal Walter Kasper ein neues Diakonat fur Frauen vor, die dann im Namen der Kirche pastorale, liturgische und Segenshandlungen vornehmen konnten. Aber wohlgemerkt, ohne dass sie vorher ordiniert werden mussten. Von der Priesterweihe sollen Frauen also auch weiterhin ausgeschlossen sein, daran wird nicht geruttelt.

Uta Ranke-Heinemann ist Theologin und kirchenkritische Buchautorin, war 1970 die erste Professorin im Fach katholische Theologie, im Jahr 1987 allerdings wurde ihr die Lehrbefugnis dafur wieder entzogen, weil sie offen bekannte, dass sie nicht an die Jungfrauengeburt glauben kann. Ihr Buch "Eunuchen fur das Himmelreich" ist gerade in einer erweiterten und aktualisierten Auflage erschienen mit dem Untertitel "Katholische Kirche und Sexualitat - von Jesus bis Benedikt XVI.". Und jetzt ist Frau Ranke-Heinemann fur uns am Telefon. Willkommen in unserer Sendung!

Uta Ranke-Heinemann: Hallo!

Hanselmann: Die Rolle der Frau in der katholischen Kirche wurde also gerade zum Thema der Bischofskonferenz gemacht. Ist das an sich schon ein Schritt in die richtige Richtung?

Uta Ranke-Heinemann (Bild: dpa / picture alliance / Horst Galuschka)

Ranke-Heinemann: Nein, uberhaupt nicht. Ich meine, das steht ja schon in der Bibel, es ist nicht gut, dass der Mann allein sei, es gibt viele Sachen, die der Mann einfach … die ihm also zu unbedeutend sind, und die lasst er von Frauen erledigen. Und nichts anderes passiert hier: Diakonissen sind sie nicht geworden, Diakonissen gab es fruher, aber sie wurden wegen ihrer monatlichen Verunreinigung - also die Menstruation, die Verunreinigung durch das weibliche Blut spielte damals in der Antike eine gro?e Rolle. Dadurch haben sie das Diakonat, was sie auch jetzt noch nicht bekommen, nie bekommen. Diakonissen ist nicht der richtige Ausdruck.

Hanselmann: Da reden wir vielleicht gleich noch etwas ausfuhrlicher daruber. In den deutschen Bistumern sind 13 Prozent der oberen Leitungsamter ohne Ordinariat mit Frauen besetzt, auf der mittleren Ebene sind es 19 Prozent. Nach Angaben der Bischofskonferenz lag der Frauenanteil vor acht Jahren in diesen Positionen bei funf beziehungsweise 13 Prozent. Frau Ranke-Heinemann, die Kurve geht doch also nach oben - ein Fortschritt?

Ranke-Heinemann: Horen Sie mal, was Sie da fur Zahlen nennen - ich meine, das ist doch Irrsinn. Gucken wir doch mal wirklich nach oben: Im Vatikan kommst du als Frau nur mit einem Staubsauger nach oben, und, ja, gibt es Kardinalinnen, gibt es Bischofinnen? Also es ist doch der reine Junggesellenverein, wo nur die Jungfrau Maria Zutritt hat.

Hanselmann: Also die Zahlen habe ja nicht ich mir ausgedacht, die sind ja von der Bischofskonferenz.

Ranke-Heinemann: Nein - ich rede ja auch nicht gegen Sie, Herr Hanselmann, sondern Sie mussten eben den Unsinn der Bischofe, der jetzt als Fortschritt verkauft wird, mussten Sie eben oder durften Sie lesen. Ja.

Hanselmann: Nun gut, wir sind 19 Prozent auf der mittleren Ebene, aber …

Ranke-Heinemann: Ach, was hei?t denn hier mittlere?

Hanselmann: Die Frage ist ja, was haben die Frauen in diesen Leitungsamtern zu sagen?

Ranke-Heinemann: Die haben keine Leitungsamter, das ist alles … was sind das denn fur Leitungsamter? Oder wenn du wirklich eine Missio canonica bekommst - hatte ich ja auch, also Lehrbefugnis -, kaum fangst du an zu denken und sagst so was, dass du also, da du selber Kinder bekommen hast, hast du das auch gemerkt, dass die nicht vom Heiligen Geist sind, du nimmst deinen Verstand wahr und sagst, dass eine solche Jungfrauengeburt eben nur fur Marchenglaubige gultig ist …

Hanselmann: Und schon ist die Missio canonica wieder weg.

Ranke-Heinemann: Naturlich, da ist sie bei mir jedenfalls weg gewesen.

Hanselmann: Es gab die Idee - wir mussen daruber noch mal reden -, es war ein Vorschlag, ein Diakonat fur Frauen einzurichten. Diese durften dann segnen, sie durfen wohl auch Gottesdienste halten und Ahnliches, allerdings ohne Ordination. Sind sie dann so was wie Priesterinnen zweiter oder dritter Klasse?

Ranke-Heinemann: Sie sind uberhaupt keine Priesterinnen. Segnen? Abraham hat seine Sohne … mich hat sogar mein sterbender Mann einen Tag vor seinem Tod gesegnet. Das hei?t, er hat gesagt: "Du bist gesegnet." Also mit anderen Worten, seit wann konnen nur diese Frauen, die jetzt da von den Bischofen als hervorgehoben uns gezeigt werden … ? Jeder kann segnen - jede Mutter, jeder Vater, jawohl!

Hanselmann: Der Einfluss der Frauen in der Kirche hangt nicht am Ordinariat, betonte Kardinal Walter Kasper.

Ranke-Heinemann: Ja, ist klar!

Hanselmann: Woran hangt er eigentlich?

Ranke-Heinemann: Ach, wissen Sie, ich kann das ganze Gerede nicht mehr horen, also es ist doch dummes Zeug. Eine derartige Frauenverachtung - gucken Sie mal, fruher, vor dem Jahre eins, wurden die Menschen nicht nach Glaubigen und Unglaubigen unterteilt, aber dann wurden sie im Jahr eins zu einer Marchenstunde umgeschaltet, infantilisiert. Und die Menschen werden wieder infantil, sie werden zu - das ist noch zu viel gesagt - sie werden zu Schafen, von Hirten und Oberhirten geleitet, und alle Hirten sind Manner und alle Frauen sind Schafe.

Hanselmann: Ein solches Schaf ist die saarlandische Ministerprasidentin Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU, die ist auch im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, und sie sagte, es musse auch auf geistlicher Ebene Veranderungen geben. Das von uns eben besprochene Diakonat sei ein wichtiger Schritt, sagt diese doch intelligente Frau, Frau Ranke-Heinemann, aber die Priesterweihe fur Frauen lage noch in weiter Ferne.

Ranke-Heinemann: Es ist nicht das Diakonat, es ist ein fur Frauen, fur die Schafe sozusagen angeschneidertes Diakonat. Es ist was anderes, die Diakone, die mannlichen, haben eine andere Position, sind schon in der Hierarchie eingeordnet, die Frauen nicht. Es ist einfach eine Namens- … wie soll ich es mal sagen? Ein Namensmissbrauch, dass man sagt, ach, man denkt, man nennt das jetzt Diakonissen, dann sind einige damit zufrieden. Ich nicht, denn ich wei?, was Diakonissen waren, weswegen sie weggeschafft wurden, und dass sie es nicht bis jetzt geworden sind.

Hanselmann: Soll das eine Art Beruhigungspille sein fur die katholischen Frauen, um sie an die Kirche zu binden und nicht weglaufen zu lassen?

Ranke-Heinemann: Ja, irgend so was wird es wohl sein, dass wir denken, ach, wir mussen da mal ein bisschen schon reden, in den oberen Leitungsfunktionen und so weiter - die beginnt bei mir oben beim Papst, aber die ist ja auch gar nicht gemeint. Leitungsebenen fur Frauen, die also die niedrigen Arbeiten verrichten und da leitend sind.

Hanselmann: Glauben Sie denn, dass es jemals Priesterweihe fur Frauen geben wird und dann sogar die Moglichkeit fur eine Papstin entsteht?

Ranke-Heinemann: Glaube ich nicht.

Hanselmann: Deutschlandradio Kultur, das "Radiofeuilleton", wir sprechen mit der kirchenkritischen Theologin Uta Ranke-Heinemann uber die Rolle der Frau in der katholischen Kirche aus Anlass der katholischen Bischofskonferenz, die heute zu Ende geht.

Frau Ranke-Heinemann, der Kolner Kardinal Joachim Meisner hat heute einen Verlust des Vertrauens in die katholische Kirche beklagt. Dieser Verlust resultiere "aus unserem eigenen Versagen als Kirche", sagte er, die sexuellen Missbrauche und die Abweisungen einer vergewaltigten Frau in zwei unserer katholischen Krankenhauser. Es schmerze besonders, wenn das Urteil vom Innern der Kirche nach au?en geht. Aber er relativierte das Ganze gleich wieder und warf der Gesellschaft eine unverhaltnisma?ige Reaktion auf diese Missstande in der katholischen Kirche vor: Er beklagte, dass - Zitat - "unser Versagen dramatisiert und multipliziert wird, als ob es nichts anderes mehr bei uns gabe." Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie so was horen?

Ranke-Heinemann: Da argere ich mich. Also die ganzen Missbrauchsfalle konnen gar nicht, durfen gar nicht aufgedeckt werden; jetzt der Professor Pfeiffer ist da ja auch gescheitert. Denn Ratzinger hat - damals noch Kardinal, 2001 - ein lateinisches Schreiben, was da bei allen Bischofen im Tresor liegt, "De delictis gravioribus", "Uber schwererwiegende Verbrechen", geschrieben. Und da ist ausdrucklich gesagt, unter Strafe der Exkommunikation sind die Bischofe verpflichtet, alle Falle ausschlie?lich an den Vatikan zu melden. So, und wenn jetzt einer - und dieser Kriminologe Professor Pfeiffer hat ja dann auch aufgehort, weil es ist nicht moglich, es ist nicht moglich, da irgendwie ein Licht rein zu bringen, solange der Papst sein Schreiben "De delictis gravioribus" nicht zurucknimmt, aber das habe ich noch nicht gehort.

Hanselmann: Ein Punkt ist mir noch sehr wichtig: Der Noch-Papst Joseph Ratzinger hat ja immer wieder betont, dass sich die katholischen Kirche auf die alten Werte besinnen solle, sich nicht dem Zeitgeist beugen solle und so weiter. Hat er damit nicht irgendwo auch Recht aus der Sicht der Kirche, ist vielleicht gerade das Beharren auf der Tradition, auf Dogmen, den alten Regeln, ist das vielleicht das Einzige, was vielleicht der Kirche noch bleibt? Alle anderen konnen ja gehen.

Ranke-Heinemann: Also Papst Benedikt hat ja jetzt sein neuestes Buch geschrieben, "Uber die Kindheit Jesu". Er schreibt in diesem Buch, Maria habe ihren Sohn durch ihr Ohr empfangen, durch ihre Worte zu dem Engel: "Mir geschehe nach deinem Worte." Durch ihren Gehorsam sei Maria Mutter geworden. Ich sage, die Gynakologen konnen jetzt ihre Praxis schlie?en, und werden durch Hals-Nasen-Ohrenarzte ersetzt. Der Ohrsex als Durchbruch in der Sexualforschung, in der neuen Vatikanstudie des Buches von Joseph Ratzinger "Jesus von Nazareth", Auflage eine Million. Also mit anderen Worten: Jahrhunderte historisch-kritischer Textforschung der Protestanten wird vom Papst in den Papierkorb geworfen, wir mussen das alles wieder wortlich nehmen - ja …

Hanselmann: Und mussen …?

Ranke-Heinemann: Und mit anderen Worten, ich sage ja: Infantilisierung! Klapperstorchmarchen werden uns erzahlt. Ohrsex! Ohrsex!

Hanselmann: Sagt Uta Ranke-Heinemann. Ich mochte jetzt noch mal Ihren Buchtitel erwahnen zum Abschluss unseres Gespraches. Vielen Dank an Uta Ranke-Heinemann, Autorin des Buches "Eunuchen fur das Himmelreich", beschreibt den Ohrsex in der katholischen Kirche und mehr - Katholische Kirche und Sexualitat ist Ihr Thema, von Jesus bis Benedikt XVI.

Ranke-Heinemann: Aber Sie haben mein anderes nicht erwahnt: "Nein und Amen - mein Abschied vom traditionellen Christentum", neunte Auflage 2011, Heyne Taschenbuch.

Hanselmann: Wunderbar, vielen Dank!

Ranke-Heinemann: Ja, bitte!

Hanselmann: Und einen schonen Tag noch, danke!

Ranke-Heinemann: Ihnen auch!

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