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Vatikansprecher Wehrt Sich Gegen Kritik an Skandalen

By Nikos Tzermias
Neue Zurcher Zeitung
February 24, 2013

http://www.nzz.ch/aktuell/international/vatikansprecher-wehrt-sich-gegen-kritik-an-skandalen-1.18020251



Papst Benedikt XVI. hat am Samstag, nach Abschluss der Fastenexerzitien, Italiens Staatsprasidenten Napolitano empfangen. Derweil reagierte der Vatikansprecher Lombardi ungewohnlich erbost auf die Kritik an den Skandalen in der Kirche.

Am Samstagvormittag hat Papst Benedikt XVI. die diesjahrigen Exerzitien fur die Fastenzeit in der Kapelle Redemptoris Mater beendet und den anwesenden Kardinalen fur die grosse Kompetenz, Zuneigung, Liebe und den Glauben gedankt, mit dem sie die schwere Last des Petrusamtes mitgetragen hatten. Darauf empfing Benedikt, der fur den 28. Februar seinen epochalen Amtsverzicht angekundigt hat, den seinerseits scheidenden italienischen Staatsprasidenten Giorgio Napolitano zu einer Privataudienz.

Soweit zu den neusten nuchternen Fakten, die indes am Samstag nicht nur von anhaltenden Spekulationen uber die tatsachlichen Umstande des Rucktritts des Papstes, sondern auch durch neue Kontroversen um die Skandale um sexuellen Missbrauch uberlagert wurden. Der ublicherweise ruhig wirkende Vatikansprecher Lombardi reagierte in einem Editorial fur Radio Vatikan sehr unwirsch auf den «Druck», der auf das bevorstehende Konklave ausgeubt werde. Es fehle nicht an Personen, die sich den Moment der Uberraschung und Desorientierung schwacher Geister zunutze machen wollten, um Verwirrung zu saen und die Kirche und ihre Leitung in Misskredit zu bringen.

Verleumdung und Desinformation

Da wurden alte Machenschaften wie Verleumdung und Desinformation eingesetzt, um das Wahlrecht des einen oder anderen Kardinals zu konditionieren. In den meisten Fallen hatten aber diese Richter, die nun scharfe moralische Urteile abgaben, nicht die geringste Autoritat dazu. Wer vor allem Geld, Sex und Macht im Kopf habe und die Welt daran messe, sei nicht imstande, in der Kirche anderes wahrzunehmen, erklarte der Jesuitenpater entnervt.

Lombardi reagierte unter anderem darauf, dass eine Gruppe von amerikanischen Katholiken eine Kampagne gegen den Kardinal Roger Mahoney fuhrt, dem schwere Fehler beim Umgang mit den Missbrauchsfallen vorgeworfen werden und der deshalb aufgefordert wird, von einer Teilnahme am Konklave abzusehen. Seit Tagen befassen sich im Besonderen die sogenannten Vatikanisten der italienischen Medien aber auch weiterhin mit der Frage, ob der Papst nicht nur aus Altersgrunden, sondern auch wegen boser Intrigen, Skandalen, Korruption, Erpressung, Sex und einem Netz homosexueller Beziehungen innerhalb der Kurie das Handtuch geworfen haben konnte.

«Vatileaks»-Skandal

Das wollen vorab die rechtsstehende Wochenzeitschrift «Panorama» und die linksliberale Romer Tageszeitung «La Repubblica» herausgefunden haben. Dabei berufen sie sich ohne Angabe von Informanten auf den «brennenden», 300 Seiten dicken Bericht von drei Kardinalen, die Benedikt vor einem Jahr mit der eingehenden Untersuchung des «Vatileaks»-Skandals beauftragt hatte. Das Dokument wurde Benedikt am 17. Dezember uberreicht und wird seither streng geheim gehalten. Wenn auch unklar geblieben ist, was in dem Bericht wirklich steht, hat sogar Benedikt selber schon mehrmals, wie etwa wahrend seiner Messe am Aschermittwoch von letzter Woche, angedeutet, dass ihn die Rivalitaten und «Individualismen» sehr besorgen.

Laut der Turiner Tageszeitung «La Stampa» soll Benedikt entschieden haben, dass die drei Kardinale noch vor dem Konklave, an dem sie selber aus Altersgrunden nicht teilnehmen werden, die wahlberechtigten Purpurtrager uber ihre Untersuchungsergebnisse unterrichten sollen. Dabei waren aber allenfalls bloss summarische Schlussfolgerungen ohne Namensnennungen zu erwarten, da die mit der Untersuchungen betrauten Kardinale den Hunderten der von ihnen Befragten «papstliche Geheimhaltung» zugesichert hatten.

Entsprechend wird anderseits auch erwartet, dass Benedikt die drei Kardinale, die er am Montag zu empfangen plant, damit beauftragen wird, das Dossier dem neuen Papst zu ubergeben. Zudem ist ohnehin vorgesehen, dass das Dokument im papstlichen Appartement aufbewahrt bleibt, das beim Beginn der Sedisvakanz versiegelt wird.

Intrigen und Machtkampfe

Einige Vatikanisten versuchten auch, die letzten Neubesetzungen durch den scheidenden Papst als Ausfluss virulenter Intrigen und Machtkampfe zu interpretieren. So wurde in den Samstagausgaben hiesiger Zeitungen heftig gemutmasst, ob die Promotion des 46-jahrigen vatikanischen «Vizeaussenministers» Ettore Balestrero zum Erzbischof und apostolischen Nuntius in Kolumbien eher eine Weg-Beforderung einer der rechten Hande des umstrittenen Staatssekretars Tarcisio Bertone gewesen sein konnte, was vom Vatikansprecher Lombardi indes als vollig abwegig zuruckgewiesen wurde.

Fur ahnliche Mutmassungen sorgte unlangst auch die Erneuerung der Kardinalskommission fur die Aufsicht uber die Vatikanbank IOR. In dem Gremium wurde der Kardinal Attilio Nicora abgelost, der als Befurworter einer radikalen Weissgeld-Politik gegolten hatte. Pater Lombardi machte indes geltend, dass Nicora im Januar 2011 zum Vorsitzenden der neuen vatikanischen Finanzaufsichtsbehorde ernannt worden war und im folgenden Sommer 2011 selber darum gebeten hatte, sich vollstandig seiner neuen Aufgaben widmen zu konnen. Und in der Tat durfte es modernen Regeln der Corporate governance entsprechen, dass der Chef einer Uberwachungsbehorde nicht auch noch im Vorstand jener Bank sitzt, die er zu beaufsichtigen hat.

 

 

 

 

 




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