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Zweifel Am Willen Zur Aufklarung

By Tonia Koch
dradio
March 15, 2013

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/laenderreport/2041723/

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch ubt sich in Zuruckhaltung: Kein Gesprachsangebot. (Bild: AP)

Jahrelang hatte es Missbrauch an den Schulern im Johanneum, einer katholischen Privatschule, gegeben. Die Opfer kampfen noch immer um Anerkennung und Gerechtigkeit, doch die Schule sperrt sich. Nun ist auch eine Mediation gescheitert.

Vier Tage tagten die deutschen Bischofe Mitte Februar in Trier. Und in diesen 4 Tagen versuchten die Vertreter von Opferinitiativen sexuellen Missbrauchs mit den Bischofen ins Gesprach zu kommen. Doch eine Geste in Richtung der Opfer blieb aus. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, begrundete die bischofliche Zuruckhaltung.

"Wir selbst konnen als Bischofskonferenz nicht anfangen, mit Einzelgruppen Gesprache zu fuhren, denn sonst wurden solche Gruppen unsere Bischofskonferenz bestimmen und wir kamen nicht zu unseren Themen."

Bernd Held ist Mitglied einer Opfer-Initiative. Wie viele andere auch hatte er in Trier ausgeharrt. Aber nach den unmissverstandlichen Worten des Kirchenhirten fuhlt er sich wieder einmal in seinem Gefuhl der Ohnmacht gegenuber der Institution Kirche bestatigt.

"Wir rennen seit drei Jahren gegen eine Wand und das immer und immer wieder."

Bernd Held hat eine Reihe von Schulern um sich geschart, die Opfer sexueller Ubergriffe von Ordensgeistlichen geworden sind. Der Missbrauch fand am Johanneum, einer konfessionellen Privatschule im saarlandischen Homburg statt. Die meisten Betroffenen hatten wie Bernd Held von Mitte der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre das Johanneum besucht. Ein Gymnasium und ein Internat, das zu dieser Zeit nur Jungen offen stand.

Bis heute wird die Schule von den Hiltruper Missionaren gefuhrt. Genauer gesagt von einer Stiftung, in der jedoch die Missionare vom Heiligsten Herzen Jesu das Sagen haben. Bis heute wartet die Initiative Ehemaliger des Johanneums auf einen Aufarbeitungsprozess, der aus ihrer Perspektive diesen Namen auch verdient.

"Warum schreibt der Orden nicht, wie das andere Institutionen gemacht haben, die betreffenden Jahrgange an und sagt, wir sind daran interessiert, wir mochten wissen, was damals passiert ist, bitte helft uns dabei. Schildert uns euer eigenes Empfinden, eure eigenen Erlebnisse, warum macht er das nicht?"

Der Orden selbst antwortet auf diese Frage nicht. In einer E-Mail des ehemaligen Missbrauchsbeauftragten, Pater Martin Kleer, der den Herz-Jesu-Missionaren seit dem vergangen Jahr vorsteht, hei?t es, vom Orden selbst stunde niemand zu einem Gesprach zur Verfugung.

Auch der Vorsitzende der Stiftung des Johanneums, der Bonner Theologe Prof. Ulrich Berges, ebenfalls Mitglied der Ordensgemeinschaft, sieht nach eigenen Angaben "keine Veranlassung" fur ein Interview. Schlie?lich verweist der Orden auf den Zweibrucker Rechtsanwalt Christoph Basler. Dieser ist Geschaftsfuhrer einer Gesellschaft, die im Auftrag der Stiftung die Schule fuhrt.

Basler halt ein aktives, ein offensives Entgegenkommen des Ordens gegenuber den Opfern weder fur notwendig noch fur machbar. Da die Anzahl der Schuler, die das Johanneum durchlaufen hatten, in die Tausende gingen und kaum noch personliche Daten verfugbar seien, hatten die Schuler nur schwer kontaktiert werden konnen.

"Durch die breite Presse-Berichterstattung, die es ja lange Zeit gab, war jeder, der im Johanneum war, ausreichend informiert uber die Vorwurfe und ich denke, jeder, der sich darin wiedergefunden hat und gesehen hat, ich habe ahnliches erlebt, der hatte dann die Moglichkeit, wenn er das wollte, sich bei den entsprechenden Stellen zu melden und hat es wohl teilweise auch getan. Aber den Vorwurf zu erheben, weil nicht alle angeschrieben wurden, sei nicht alles ans Tageslicht gekommen, das sei eine Strategie des Ordens gewesen, das zu unterbinden, das halte ich nicht fur gerechtfertigt."

Der Orden bewegt sich auf dem Boden der von der Katholischen Kirche verabschiedeten Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsopfern. Das hei?t, der Orden erkennt diejenigen Betroffenen als Opfer an, die sich bei ihm melden, einen Antrag auf Entschadigung stellen und deren Schilderungen, soweit noch moglich, durch Aussagen potenzieller Tater bestatigt werden.

Zwei Patres des Johanneums haben den Missbrauch an Kindern zugegeben. Diese Falle wurden von der Staatsanwaltschaft Saarbrucken jedoch nicht verfolgt, weil sie verjahrt waren. Somit war Rom gefordert, disziplinarische Ma?nahmen zu ergreifen, was auch geschah. Einer der beiden Tater durfte nicht langer im Dienst in der Kirche stehen. Der zweite durfte sich Minderjahrigen nicht mehr unbeaufsichtigt nahern. Den Opfern aber reiche die Verurteilung zweier Einzeltater nicht aus, sagt Prof. Bernhard Haupert.

"Insgesamt mussten die Orden oder der Orden, um den es geht, so etwas wie ein Schuldbekenntnis ablegen und eine Verantwortung ubernehmen, weniger eine juristische oder eine finanzielle, sondern ein Schuldbekenntnis, dass es gravierendes professionelles Fehlverhalten gegeben hat. Was unter anderem auch damit zusammen hangt, dass die Fragen eine Rolle spielen, die im Kontext von sexuellem Missbrauch wahrscheinlich bis heute im Rahmen von Kirche oder im Rahmen des Ordens tabuisiert werden, also Sexualitat, Nahe, Distanz."

Der Mainzer Soziologieprofessor hatte sich als Mediator zur Verfugung gestellt. Doch die Vermittlung zwischen Opfern und Orden ist vor 'zwei Wochen, nachdem sie zwischenzeitlich schon einmal ruhte, endgultig gescheitert.

"Die Gesprache sind deshalb beendet worden, weil es keine Bewegung gab in den Gesprachen. Und es macht ja keinen Sinn, wenn wir uns treffen und die Opfer wiederholen ihre Position und der Orden. Und eine der zentralen Forderungen der Opfer war ja diese institutionelle Verantwortung des Ordens. Und der Orden lehnt das ab, er sagt klipp und klar, es gibt keine institutionelle Verantwortung."

Am 28. Februar dieses Jahres ist fur samtliche bekannten Falle im Zusammenhang mit dem Johanneum die Verjahrungsfrist eingetreten. In sofern verwundert es nicht, dass der Orden auf dem juristischen Standpunkt beharrt, ein Opfer ist, wer sich beim Orden als solches zu erkennen gibt. Das verlangten nun einmal die Leitlinien, argumentiert der Geschaftsfuhrer des Johanneums und Anwalt, Christoph Basler.

"In meinen Augen tut der Orden alles, um, a) Aufklarung zu betreiben und b) auch eine Einigung mit etwaigen Opfern zu erzielen. Und bisher hat ja auch jeder, der Antrage gestellt hat, hat entsprechende Leistungen auf der Grundlage der Leitlinien erhalten. Die Leitlinien wurden ja mit Sinn und Verstand in die Welt gesetzt und ich denke, man kann dem Orden keinen Vorwurf machen, dass er sagt, ich halte mich daran."

Aber was ist mit all jenen, die als Kinder, als Heranwachsende im Johanneum permanenten Grenzverletzungen ausgesetzt waren, die bis heute an diesem erlittenen Distanzverlust leiden. Wie zum Beispiel der ehemalige Schuler, Christian Fischer.

"Ich kann mich an manche Situationen erinnern, wo es am Bett zu Handlungen kam, nicht unbedingt der Natur, dass ich hart sexuell angegangen wurde, aber, dass mir halt an die Genitalien gefasst wurde. Details davon fehlen mir. Ich habe vor drei Jahren, als es in der Presse aufkam, erstmals uberhaupt realisiert, dass ich Betroffener dieses sexuellen Missbrauchs geworden bin und hatte vorher - obwohl ich Bilder hatte und auch Erinnerungen an diese Szenen - das fur mich personlich komplett abgespalten. Es ist total verruckt, zu was fur einer Verdrangungsleistung Leute, denen so etwas widerfahren ist, auch fahig sind."

Thomas Lentes war zunachst auf dem Weg, sich einem Leben unter den Regeln des Ordens zu verschreiben. 1981 war er in die Gemeinschaft der Herz-Jesu Missionare eingetreten, 6 Jahre spater hat er sie wieder verlassen. Er selbst hat sich nach eigenem Bekunden im Internat uberaus wohl gefuhlt. Das Johanneum habe er als sein zu Hause begriffen. Inzwischen versucht er allerdings, das Erlebte neu zu ordnen.

"Ich erinnere mich an einen Pater, der im Grunde bei uns Kindern seine Streicheleinheiten gesucht hat. Ich bin 2010 wochenlang mit dem Gesicht dieser Fratze durch die Gegend gelaufen, der immer wieder mit seinem Bart mir an die Backe wollte, kussen, kuscheln. Als Kind habe ich das als unangenehm empfunden, bin abgehauen. Als Erwachsener merkte ich, da kommt Ekel in mir hoch. Fur mich selbst, werte das nicht als Missbrauch oder so, aber ich habe gemerkt, es gibt Dinge, die waren unausgesprochen."

Aus dem Mund eines Taters klingt die Vergangenheit nach spielerischem Miteinander mit den Jungen, die ihm anvertraut waren. Im Juni 2011 beichtet ein Pater im Online-Dienst der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

"Sie hatten zu mir ein Verhaltnis wie zu einem Bruder oder zu einem Vater. Ich habe sie gern gehabt. So kam es vor, dass ich mich auf diesen Rundgangen am spaten Abend noch fur einen Augenblick zu einem von ihnen aufs Bett setzte. Ich redete mit dem jeweiligen Jungen, streichelte seinen Oberkorper. Und rutschte dabei dann eher aus Versehen auch mal tiefer. Es war nicht bewusst, sondern quasi 'im Vorbeigehen'."

"Quasi im Vorbeigehen", die geschilderte Suche nach Nahe, nach Kontakt, sei im Grunde Ausdruck einer unprofessionellen Struktur, eines padagogisch unprofessionellen, ungelernten Umgangs mit den Kindern, sagt der Soziologe Bernhard Haupert. Und fur die Johanneumsschuler, die in dieser familiaren Scheinwelt zu Opfern wurden, ist nicht nachvollziehbar, dass es nur zwei Tater gegeben haben soll und alle anderen davon nichts gewusst haben wollen.

Florian Schilling: "Anhand der Definition Missbrauch, wie er auch in den Richtlinien steht, konnen wir von mindestens 8 Tatern sprechen und von einer Vielzahl von Betroffenen uber einen langen Zeitraum. Und wir konnen also sagen, es handelt sich also nicht um die Taten von zwei Einzelpersonen, es ist nicht die Problematik von Einzeltatern sondern eine Problematik des ganzen Systems, der Institution als solcher."

Der Orden lehnt eine kollektive Verantwortung fur die Geschehnisse ab und er streitet ebenfalls ab, dass es ein kollektives Wissen um die Vorgange innerhalb der Mauern von Schule und Internat gegeben hat. Zum einen sei die von den Opfern genannte Zahl der Tater fur den Orden nicht verifizierbar, weil nicht der Orden mit den Vergehen dieser mutma?lichen Tater befasst worden sei, sondern andere Institutionen, wie etwa das Bistum Speyer, argumentiert Rechtsanwalt Christoph Basler. Zum anderen sei fur ihn als ehemaligem Schuler des Johanneums, der zwar die Schule, aber nicht das Internat besucht habe, nicht vorstellbar, dass Mitglieder des Konvents vom Missbrauch an Schutzbefohlenen gewusst und diesen gedeckt haben konnten.

"Ich muss ehrlich sagen, wie ich die Ordensmitglieder erlebt habe, auch in meiner Schulzeit, ist es fur mich ausgeschlossen, anzunehmen, dass auch nur einer von diesen solches, was sich im Nachhinein herausgestellt hat, wirklich duldend hingenommen hatte. Das sind Leute, die ihr Leben fur die Kinder wirklich geopfert haben in dem sie alles, was ihnen an Verdienst zufloss an den Orden abgefuhrt haben, um die Finanzierung der Schule sicher zu stellen. Dass sie auf der anderen Seite solches Treiben eines Mitbruders mit ansehen und sagen, och, ist ein Mitbruder, ist nicht so schlimm, das halte ich fur ausgeschlossen."

Eine vergleichbare Reaktion wie Christoph Basler zeigte zunachst auch die Mutter eines Jungen, der zwei Jahre lang sexuelle Demutigungen erdulden musste, bevor sie die Anzeichen seines zunehmend auffalligen Verhaltens deuten konnte. Die Enttauschung der glaubigen Katholikin, die der festen Uberzeugung war, sie hatte das Beste fur ihren Sohn getan, als sie ihn in die Obhut der Kirchenmanner gab, ist kaum zu beschreiben. Sie wurde sich wunschen, dass mehr Eltern offentlich Stellung beziehen und glaubt zu wissen, warum sie im Hinblick auf das Johanneum bislang die einzige ist, die ihren Schmerz offentlich macht.

"Weil sie sich schamen, weil sie Angst haben, weil sie ihren Kindern etwas zugemutet haben, das sie nicht wollten, ach, die Kirche, die macht so etwas nicht. Das geht nicht in die Kopfe rein, dass die Kirche fehlbar ist."

Bereits zu einem fruhen Zeitpunkt habe sie die Leitung des Internats informiert.

"1981 bin ich zum damaligen Leiter, zu Pater Ollertz gegangen und habe ihm gesagt, dass mein Sohn missbraucht wurde. Es hat den Eindruck gemacht, als dass er das wusste und er sagte nur, wir werden der Sache nachgehen. Der Sohn wurde dann zu ihm gerufen und in meinem Beisein hat der Sohn bestatigt, dass er das erlebt hat und er konne auch noch Namen anderer Kinder nennen."

Auch Thomas Lentes, der dem Orden den Rucken gekehrt hat, tut sich schwer mit der Darstellung der Hiltruper Missionare, es habe kein breites Wissen uber Vorfalle sexuellen Missbrauchs an Schutzbefohlenen gegeben.

"In wie weit die Ordensleitung etwas daruber wusste, kann ich naturlich nicht sagen, ich habe mit der Ordensleitung daruber nie gesprochen, ich bin allerdings sehr verwundert daruber, dass heute von Ordensseite massiv abgestritten wird, dass es irgendein Wissen gab. Da muss man glaube ich sagen: Das stimmt nicht. Es gab zumindest geruchteweise Wissen und so wie die Struktur des Ordens gestrickt ist, halte ich es fur nicht glaubhaft, dass die Oberen nichts davon gewusst haben."

Das Johanneum in Homburg liegt im Zustandigkeitsbereich des Bistums Speyer. Das Bistum finanziert den Schulbetrieb mit etwa einer halben Million Euro pro Jahr. Und allein schon deshalb, weil Speyer institutionell mit der Einrichtung verflochten ist, hatte sich die Initiative der Opfer Hilfe von dort erhofft.

Bernd Held: "Das hatten wir vom Bistum erwartet, weil sie nach meiner Ansicht die Moglichkeit hatten. Aber sie ziehen sich darauf zuruck, das ist ein papstlicher Orden, wir sind denen gegenuber nicht weisungsbefugt, wir kommen nicht an die ran."

Formal ist das korrekt. Und das Bistum bleibt bei seiner Linie, dass ihm die Hande gebunden sind, dass es keinen Einfluss geltend machen kann. Obwohl es 2011 in einem Brief des Generalvikariats an einen Vertreter der Opfer hei?t:

"Uber die Frage, wie mit den Missbrauchsopfern umzugehen ist, besteht ein schwerer Dissens zwischen der Diozese und dem Orden. Diese Auffassung wurde auch den Vertretern des Ordens mehrfach ausdrucklich mitgeteilt."

Gefuhlt steht das Speyrer Bistum moglicherweise auf Seiten der Opfer. Aber die Katholische Kirche hat sich in Bezug auf den Orden dazu entschlossen, Neutralitat zu wahren. Das gilt insbesondere fur die in den Gesprachen zwischen den Hiltruper Missionaren und den Opfern immer wieder hin und her gewendete Frage, was hat der Orden als Ganzes von den Missbrauchsvorwurfen gewusst, gibt es eine kollektive Verantwortung fur das verwerfliche Geschehen? Thomas Sartingen is in Speyer zustandig fur Schulen, Hochschulen und Bildung.

"Dass es an der Stelle unterschiedliche Bewertungen gibt, wer was gewusst hat oder nicht, wer wo Verantwortung tragt oder nicht, ist mir bewusst. Ich werde mich an dieser Stelle sicher nicht zum Entscheider aufschwingen, wer sozusagen Recht hat. Ich glaube tatsachlich, dass das Gesprach an der Stelle notwendig ist und ich sehe das Bistum oder mich - ich sage das mal in Anfuhrungsstrichen - nicht als Schiedsrichter oder Vergleichbares."

Speyer hat fur die Bistumsschulen zwischenzeitlich Praventionsma?nahmen ergriffen. Dazu zahlen zum Beispiel Schulungen des Lehrpersonals, erweiterte Fuhrungszeugnisse und die Ernennung eines Praventionsbeauftragten vor Ort. Und Speyer hatte Hoffnungen in eine erfolgreiche Mediation zwischen den Herz-Jesu-Missionaren und den Opfern gesetzt. Aber da diese nun gescheitert ist, wird das Johanneum die Folgen dieses Scheiterns tragen mussen, glaubt Sartingen.

"Weil in der offentlichen Debatte, allein schon immer der Name der Schule fallt, jenseits der Frage, was sie tatsachlich damit zu tun hat. Die Hypothek gibt es, ganz ohne Frage. Wie schwer diese Hypothek in der Zukunft belasten wird, vermag ich nicht abschlie?end zu bewerten."

Anfang Dezember hat sich die aktuelle Schulervertretung des Johanneums in einem offenen Brief an die Offentlichkeit gewandt. Mit Verargerung, so hei?t es darin, hatten die Schuler feststellen mussen, dass die Schule in der Presse immer wieder so dargestellt werde, wie sie nicht sei. Die Schule sei ganz anders als ihr beschadigter Ruf, sagt Victor, einer der beiden Schulsprecher.

"Aus unserer Sicht wurden wir vielleicht sagen, dass wir eine starke Schulgemeinschaft haben, ja, weil die Vergangenheit vielleicht auch, ich will nicht sagen, zusammenschwei?t , aber, man kann sich ja entschieden, ob man fur seine Schule einsteht oder nicht und da wurde ich doch sagen, dass die meisten begeistert sind."

Freunde und Bekannte wurden sich nicht mehr daruber wundern, dass sie sich fur das Johanneum entschieden habe, sagt Carolin, Schulsprecherin in Homburg.

"Naturlich wird man darauf angesprochen, da gab's doch Missbrauchsfalle und so und die Leute fragen dann auch, ja, wie ist das denn momentan, und dann sagen wir halt, ja, ganz normale Schule halt, relativ katholisch gepragt und das war's. Ich meine, man will das nicht verschweigen, weil es eben doch ein Teil der Geschichte ist, aber es hat ja nichts mit der Schule zu tun."

Ob die Hiltruper Missionare sich allerdings im besten Sinne um eine Aufarbeitung des Missbrauchs bemuhen, da hegen selbst die Schuler leise Zweifel.

"Da wollen wir ungern etwas dazu sagen, das steht uns auch nicht zu, daruber zu urteilen, ob die zu viel oder zu wenig machen. Aber, man kann sagen, das hatte besser gelost werden konnen."

Das Internat ist geschlossen, die Patres sind aus Altersgrunden aus dem Schuldienst ausgeschieden. Und es ist nur allzu verstandlich, dass Schuler und Eltern ihre Schule in einem positiven Licht erscheinen lassen mochten. Christian Lintz, Sprecher der Elternvertretung:

"Es ist ein Klima in der Schule, das Klima steht auf Aufbruch, auf Teamwork, das Klima steht auf Zukunft. Wir wollen die Zukunft gestalten und das ist das, was ich erlebe, wenn ich in die Schule komme und das ist das, was ich auch mittragen mochte."

Nachdem die Anmeldezahlen lange Zeit rucklaufig waren, sind sie fur das kommende Schuljahr wieder auf 120 gestiegen und haben sich damit gegenuber dem Vorjahr fast verdoppelt. Mit Hilfe einer starker naturwissenschaftlichen Ausrichtung des Gymnasiums hofft die Schule im Wettbewerb mit anderen zu bestehen. So lange sich die Hiltruper Missionare jedoch nicht bewegen und zu einer anderen Gesprachskultur zuruck finden, legen sie den Schulerinnen und Schulern des Johanneums eine Burde auf, die zu schultern sie nicht verdient haben. Auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung ermahnt die Herz-Jesu-Missionare zu mehr Offenheit.

Johannes-Wilhelm Rorig: "Im Fall des Johanneums in Homburg muss man Kritik uben, dass auch drei Jahre nach Bekanntwerden der Missbrauchsskandale noch kein gleiches Verstandnis von Aufarbeitung zwischen Orden und Betroffenen erreicht wurde."

 

 

 

 

 




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