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Der Neue Papst Ist Uns Etwas Schuldig

der Standard
March 22, 2013

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Uber den neuen Papst haben wir erfahren, dass er sehr bescheiden ist. Sehr nett. Aber das reicht nicht.

Uber den neuen Papst haben wir erfahren, dass er sehr bescheiden ist. Die in einer Kammer neben der Sixtinischen Kapelle (Eingang direkt unter Michelangelos Weltgericht) traditionell fur unmittelbar nach der Wahl bereitliegenden Papstgewander (drei Gro?en) hat er abgelehnt, die Ma?-Slipper auch, seine Gemacher sind ihm zu weitlaufig.

Sehr nett. Aber das reicht nicht. Notwendig sind eher deutliche Klarstellungen zu zwei Gro?themen (die nichts mit Dogmen zu tun haben):

Ist geklart, wie der Papst zu grausamen, diktatorischen, aber gleichwohl katholischen Regimen steht und kunftig stehen wird? Und: Ist geklart, wie der Papst den immer noch schwelenden, massenhaften Kindesmissbrauch innerhalb der Kirche zu bewaltigen gedenkt? Die Kirche hat sich hier in beiden Fallen aufs Schwerste schuldig gemacht. Es fehlt a) ein uberzeugendes Schuldeingestandnis und b) fehlen klare Verhaltensregeln fur die Zukunft.

Papst Franziskus war Jesuitenprovinzial (regionaler Vorsteher des Ordens) wahrend der furchtbaren Jahre der argentinischen Militardiktatur. In dieser Zeit wurden tausende Regimegegner, aber auch nur verdachtige Liberale grasslich gefoltert, umgebracht und ihre Waisenkinder an Militarpersonal verschachert. Die katholische Kirche Argentiniens hat (wie in anderen Militardiktaturen Lateinamerikas) kollaboriert. Sie hat spat und nicht besonders uberzeugend offizielle Reue dafur gezeigt. Papst Franziskus wird vorgeworfen, personlich schuldig geworden zu sein. Die Evidenz ist nicht eindeutig.

Fur katholische Wurdentrager war (ist?) es schwer, mit rechten Diktaturen umzugehen, die sich aufs Christentum berufen. Totaler Widerstand kann kontraproduktiv sein, Kollaboration mit einer uniformierten Morderbande ist aber trotzdem ein Verbrechen. Und eine Sunde. Der Jesuitenprovinzial von damals sagt, er habe sich intensiv fur die verhafteten Priester eingesetzt. Gleichzeitig erhielt der Foltergeneral Videla (jetzt erst verurteilt!) die Kommunion aus der Hand anderer hoher Kleriker. Er wird wohl vorher nicht gebeichtet haben.

Selbst wenn sich der heutige Papst nicht personlich schuldig gemacht hat, so ist er der Weltoffentlichkeit, den Glaubigen und sich selbst eine feierliche Erklarung schuldig, wie er sicherstellen wird, dass die Kirche nie wieder blutige Diktatoren unterstutzt.

Ein zweites Riesenthema ist der flachendeckende Kindesmissbrauch in katholischen Einrichtungen. Dazu ist zunachst zu sagen, dass es in allen geschlossenen Institutionen, auch weltlichen Internaten, solchen Missbrauch gibt. Auch hat der vorige Papst Ma?nahmen gesetzt; die osterreichische Kirche unter Kardinal Schonborn war Vorreiter. Gleichzeitig herrscht aber Vertuschung und Verhohnung der Opfer in hohen Kirchenkreisen.

Ausstandig sind aber eine klare Benennung des Faktums und ein detaillierter Plan, wie man mit dem Problem kunftig umgeht. In beiden Fallen hat die Kirche enorm an moralischer Substanz eingebu?t. Ein Befreiungsschlag ware notwendig. Ist sich der neue Papst daruber wirklich im Klaren? (Hans Rauscher, DER STANDARD, 23./24.3.2013)

 

 

 

 

 




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