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Bistum Wird Missbrauchsskandal Nicht Los

By Pascal Durain
Mittelbayerische
March 28, 2013

http://www.mittelbayerische.de/nachrichten/oberpfalz-bayern/artikel/bistum-wird-missbrauchsskandal-nicht-los/889415/bistum-wird-missbrauchsskandal-nicht-los.html

Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche kommt in vielen Teilen nur sehr schleppend voran. Auch vom Bistum Regensburg fordern Opfer, mehr Details an die Offentlichkeit zu geben. Foto: dpa

Regensburg. Als im Jahr 2010 Falle von sexuellen Missbrauch und Misshandlungen in zahlreichen katholischen Einrichtung in Deutschland bekannt wurden, erschutterte der Skandal auch Regensburg. Denn auch in einem der altesten Knabenchore der Welt, den Regensburger Domspatzen, kam es zu Ubergriffen und Gewaltexzessen. Das Bistum versprach Aufklarung und betonte immer wieder, nichts unter den Teppich kehren zu wollen. Doch zahlreiche Opfer hegen schon lange Zweifel daran.

Die Suche nach der Glaubwurdigkeit

Bistumssprecher Clemens Neck weist diese Kritik zuruck. Personliche und individuelle Aufarbeitung konne sehr unterschiedlich sein. Diese konne zum Beispiel Therapieangebote umfassen oder auch Gesprache mit Beschuldigten.

Er erklarte, dass man sich bei der Aufarbeitung an die Leitlinien der katholischen Kirche halte. Und: „Jede Beschuldigung sexuellen Missbrauchs, die das Bistum Regensburg erreicht, wird umgehend veroffentlicht, indem sie der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebracht wird“, so Neck schriftlich.

Wenn aber die Staatsanwaltschaft kein Verfahren eroffnen kann, weil der Fall verjahrt ist und auch ein kirchenrechtliches Verfahren nicht eingeleitet werden kann, setze man auf ein sogenanntes Anerkennungsverfahren. Dieses Verfahren sei „ein rechtsformiger Weg, eine Beschuldigung auch dann anzunehmen, wenn die strafrechtlichen Mittel der Rechtsfindung nicht mehr zum Einsatz kommen konnen“. Dazu musse der „Beschuldigende“ einen entsprechenden Antrag stellen. Hilfe dazu biete die Missbrauchsbeauftragte des Bistums. Dieses Anerkennungsverfahren helfe, Anschuldigungen zu verfolgen – auch ohne strafrechtliche Mittel. Von einem unabhangigem Juristen werde dann gepruft, ob die Beschuldigung in sich nachvollziehbar ist.

Zehn Tater wurden verurteilt

Seitdem Missbrauchsskandal ist laut Neck ein breites Bundel an Praventionsma?nahmen zum Einsatz gekommen. Auch er habe beim Antritt seiner Stelle ein erweitertes polizeiliches Fuhrungszeugnis vorliegen mussen. Eine Ubersicht moglicher Ma?nahmen finde man auf der Homepage der Deutschen Bischofskonferenz. Zudem habe das Bistum Regensburg im Jahr 2011 auch die Personalakten aller Mitarbeiter im seelsorglichen Dienst nach Hinweisen auf einschlagige Straftaten durchsucht. Ergebnis: „Die Untersuchung ergab keine neuen Erkenntnisse.“ Bisher seien aber zehn Tater strafrechtlich verurteilt worden.

Wahrend in Kloster Ettal die Opfer des Missbrauchs aufatmen, bleibt es in Regensburg still. Nun nimmt der Sprecher des Bistums Stellung.

Vertuschen wolle man nichts: Anerkennungsleistungen gebe man an das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz weiter; Opfer, deren Anschuldigungen also nachvollziehbar seien, erhielten eine „materielle Leistung“. Neck: „Diese Leistung ist keine Entschadigung, da eine Entschadigung nur ein verurteilter Tater dem Geschadigten erbringt.“

Das Bistum lege weiter die Prinzipien und Vorgehensweisen offen, nach denen man aufarbeite. Nach zwei Zwischenberichten ist aber ein Abschlussbericht nicht in Sicht. Neck: „Ein Abschlussbericht ware ein falsches Signal.“ Man konnte das so verstehen, also wolle man einen Schlussstrich ziehen. „Das wollen wir nicht tun.“ Bilanzierende Berichte, die auch die Zahlen aus Regensburg enthalten, veroffentliche die Bischofskonferenz.

Wichtigste Studie bald in Regensburg?

Das Bistum geriet zuletzt Anfang des Jahres in die Schlagzeilen, als die wichtigste Studie zum Missbrauchsskandal der Deutschen Bischofskonferenz, die das Kriminologische Institut in Hannover erarbeiten soltle, abgebrochen wurde. Als Grund dafur nannte der renommierte Kriminologe Widerstande aus den Diozesen Munchen und Regensburg. Wieder keimte der Verdacht, dass nie geklart werden konne, wie es zu sexuellen Ubergriffen in katholischen Einrichtungen kommen konnte. Michael Osterheider, Regensburger Professor fur Forensische Psychiatrie, sitzt seit Marz 2010 am Runden Tisch „Sexueller Missbrauch“, einer Arbeitsgruppe der Bundesregierung. Er wei? aus erster Hand, dass die Bischofe bemuht sind, einen neuen Partner fur diese Studie zu finden. Nach den Geschehnissen in Hannover solle das ganze „aber nicht mit der hei?en Nadel gestrickt werden“.

Ein Beirat der Kirche arbeitet derzeit daran, eine Forschergruppe zusammenzustellen. „Es ist vernunftig, das ganze auf mehrere Schultern zu verteilen“, sagte Osterheider. Fur Spekulationen sei es zwar noch zu fruh, aber er wei?, dass auch sein Institut im Gesprach ist. „Und wir sind sicher interessiert.“

Warum auch nach mehr als drei Jahren das Bistum Regensburg keinen Abschlussbericht vorgestellt hat, kann Osterheider nicht nachvollziehen. Ublicherweise dauert das nicht so lange. Das Bistum Regensburg habe sich wohl der Phalanx der Deutschen Bischofskonferenz angeschlossen, um sich auf eine einheitliche Entschadigung fur Opfer zu einigen.Osterheider sei damals zum Aufarbeitungsprozess nicht zu Hilfe gezogen worden, sagt er, weil er sich seinerzeit mit dem amtierenden Bischof, Gerhard Ludwig Muller, uberworfen habe. Es habe Muller damals nicht gepasst, dass Osterheider in einem Interview erklarte, dass sich Manner mit gestorter Sexualitat von den Strukturen der katholischen Kirche, einem „Biotop“ quasi, angezogen fuhlten. „Und dazu stehe ich auch heute noch.“

 

 

 

 

 




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