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Missbraucht Worden Sein: Die Justiz Stellte Verfahren ZU Früh Ein

The Kurier
May 18, 2013

http://kurier.at/chronik/niederoesterreich/ein-bub-koennte-missbraucht-worden-sein-die-justiz-stellte-verfahren-zu-frueh-ein/12.924.449

Mutter Erbayir mit Anwalt Rast: „Mir geht es um Gerechtigkeit“

Ein möglicher Kindesmissbrauch könnte ungesühnt bleiben, weil ein Staatsanwalt lasch ermittelt haben soll.

3. September 2012, Andreasgasse 4 in Wien: Marian beschreibt gegenüber der Polizistin, wie ihn sein Vater schwer sexuell missbraucht haben soll. Irgendwann sagt der Zehnjährige: „Aber er hat mir in den Popo gegriffen.“ Eine Kamera und ein Tonband laufen mit. Das Material landet bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg. Die Beamten empfehlen eine kontradiktorische (Anmerkung: schonende) Einvernahme und die Beiziehung einer Kinderpsychologin. In solchen Fällen ist das Usus. Nicht für einen Staatsanwalt in Korneuburg, der das Verfahren einstellte.

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Log der Bub im Auftrag seiner Mutter? Oder wurde er schwer sexuell missbraucht? Fragen, auf die die Staatsanwaltschaft offenbar keine Antworten haben will.

Es ist eine heikle Angelegenheit: Der Beschuldigte ist Pfarrer, gehört einer zu Rom unierten Kirche an, die Ehen und Kinder erlaubt. In Österreich fand er eine Stelle als Prediger. Schon der Vorwurf an sich kann für ihn existenzvernichtend sein. Zwischen dem geschiedenen Paar bahnt sich ein Obsorgestreit an. Es gab Gewalt, wie zwei alte Betretungsverbote gegen den Geistlichen, der nunmehr auch mit Kindern arbeitet, dokumentieren. Und mittendrin sitzt Marian, der sich jedes Mal geniert, wenn er darüber reden muss.

Marian schrieb die Vorwürfe auch nieder. Er spricht, wie Kinder sprechen, und schreibt auch so. Lügt er deshalb?

Fortführung

Der Wiener Strafverteidiger Nikolaus Rast beantragte eine Fortführung des Verfahrens. „Für mich ist das eine riesige Schlamperei.“ Für solche Fälle, sagt er, gebe es „aussagepsychologische Gutachten“, in denen Erlebtes von Nicht-Erlebtem herausgefiltert werde. Genau das schwebt ihm vor.

Bemerkenswert ist jedenfalls die Begründung, warum das Verfahren Mitte Februar vom Staatsanwalt ad acta gelegt wurde: Erstens, weil die Mutter und ihr neuer Partner bei mehreren Institutionen, inklusive bei der Polizei, ein – um einen Tag! – falsches Datum angaben. Ein Irrtum, wie sie später zugaben. Der Bub sprach nachweislich nicht am 26. Juni des Vorjahres erstmals über den mutmaßlichen Missbrauch, sondern am Vortag. Das beweisen Aktenvermerke. Zweitens hält der Staatsanwalt Marian für „suggestibel ... Er sprach weitgehend über Vorhalte, ohne selbst den Anschein zu erwecken, Erinnerungen wiederzugeben.“ Ein „Tatnachweis“ sei deshalb nicht zu erbringen.

Fakt ist: Ein Psychologe der Kinderschutzeinrichtung MÖWE attestierte dem Achtjährigen eine posttraumatische Belastungsstörung.

Vielleicht war aber alles anders. Das Klischee von der hysterischen Mutter und dem vorverurteilten Vater passt hier wie eine Schablone. Sie selbst interviewte ihren Sohn, stellte dabei ausschließlich Suggestivfragen, legte das Tonband danach der Polizei vor. Außerdem brachte die Mutter den Vorwurf erstmals vor dem Bezirksrichter vor, just als der leibliche Vater ein Besuchsrecht beantragt hatte. Sie wolle ihn „fertigmachen“, erklärte er der Polizei in seiner Einvernahme.

„Wie würden Sie sich verhalten?“, sagt die Mutter, Maryana Erbayir, 32. „Mir geht es nicht um Geld oder Rache, sondern um Gerechtigkeit.“

Verleumdung

Gerechtigkeit sucht auch die Anklagebehörde, auch wenn diese merkwürdig anmutet. Postwendend klagte der selbe Staatsanwalt die Erbayirs wegen Verleumdung an. Sie hätten gewusst, dass „die Verdächtigungen falsch sind“, heißt es im Strafantrag. Dabei decken sich ihre Aussagen mit jener Marians. Anwalt Rast: „Der Bub sagt schwarz auf weiß, dass der Papa das mit ihm gemacht hat.“ Folglich: „Dann kann das keine Verleumdung sein.“ Der Prozess startete in der Vorwoche.

Der Fall „Marian“ liegt jetzt in den Händen eines Dreier-Richtersenats. Er entscheidet, ob doch noch weiterermittelt wird.




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