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Ex-Pfarrer Von Reichertshofen in U-Haft

By Bettina Dennerlohr Und Bettina Mehltretter
The Mittelbayerische
August 26, 2013

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Die Gläubigen in Reichertshofen sind schockiert: Ihr ehemaliger Pfarrer sitzt in Haft – er soll einen Jungen missbraucht haben. Kripo und Staatsanwaltschaft durchsuchten das Pfarramt. Bestätigen sich die Vorwürfe, droht eine empfindliche Strafe.

Reichertshofen. Auf dem ehemaligen Pfarrer von Reichertshofen (Gemeinde Sengenthal) lastet ein schwerer Vorwurf: Der heute 48-Jährige soll sich während seiner Zeit in der Pfarrei St. Nikolaus, zwischen 1998 und 2001, mehrmals an einem Jungen vergangenen haben, der damals noch keine 14 Jahre alt war. Seit 20. August sitzt Priester nun in Untersuchungshaft in Nürnberg – er schweigt aber zu den Vorwürfen. „Der Haftgrund ist Fluchtgefahr“, sagte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke. Die Vorwürfe der sexuellen Übergriffe gegen den Pfarrer seien erst jetzt bekannt geworden. Wie die Ermittlungen nach so langer Zeit ins Rollen gekommen sind, wollte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth nicht sagen – „auch zum Schutz des mutmaßlichen Geschädigten“. Die Ermittlungen beziehen sich aktuell allerdings nur auf Reichertshofen und nicht auch auf den letzten Wirkungskreis des Pfarrers in Heideck, Laibstadt und Liebenstadt (Landkreis Roth). Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft durchsuchten Pfarrämter in beiden Gemeinden.

Bischof Mixa versetzte den Pfarrer

Von September 1995 bis August 2004 hatte der inhaftierte Pfarrer die Pfarrei Reichertshofen im Dekanat Neumarkt geleitet. Es war seine allererste Pfarrstelle für den gebürtigen Baden-Württemberger. Auf die Gemeindemitglieder habe der Geistliche immer „sehr korrekt“ gewirkt, sagte einer der Gläubigen. Auch Eltern, deren Kinder damals Ministranten waren, seien angesichts der Vorwürfe aus allen Wolken gefallen. Er kritisierte aber auch die Vorverurteilung, die seiner Meinung nach durch die Staatsanwaltschaft und das Bistum erfolgt sei. Werner Brandenburger, der Bürgermeister der Gemeinde Sengenthal, ist ebenfalls fassungslos: „Man kann sich das nicht vorstellen! Für mich und die ganze Gemeinde ist diese Nachricht schockierend.“ Brandenburgers Kinder hatten zu der Zeit, in der der jetzt inhaftierte Pfarrer in Reichertshofen eingesetzt war, ihre erste heilige Kommunion empfangen. „Jeder“ in der Pfarrgemeinde sei jetzt bestürzt, es habe auch Tränen gegeben. Der Pfarrer war beliebt in dem Dorf. Doch noch will Brandenburger den ehemaligen Pfarrer nicht verurteilen. „Auch für ihn gilt erst einmal die Unschuldsvermutung“, erklärt der Bürgermeister. „Ich vertrau‘ da dem Rechtsstaat, den Ermittlern.“ Werner Brandenburger war selbst 30 Jahre lang Polizist.

Drei Jahre war der Mann nach den Taten noch in Reichertshofen

Im Jahr 2004 hat Bischof Dr. Walter Mixa dann den Priester zum Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Heideck, Laibstadt und Liebenstadt ernannt; dessen Pfarrer Mixa wiederum als Zirkus- und Schaustellerseelsorger freigestellt hatte. Und der Kaplan von Heideck übernahm die frei gegewordene Pfarrstelle in Reichertshofen. Manfred Obermayer ist dort bis heute im Amt.

Das Bistum Eichstätt bestätigte die Ermittlungen in Reichertshofen, ohne Details zu nennen. „Das Verfahren ist voll und ganz an die Staatsanwaltschaft abgegeben“, sagte ein Bistumssprecher. „Ich kann derzeit nur bestätigen, dass es sich um einen Diözesanpriester handelt, der seit dem 20. August in Untersuchungshaft sitzt.“ Das Bistum werde die Ermittlungsergebnisse zunächst abwarten und erst danach über weitere eigene Schritte entscheiden, erklärte der Sprecher. Gegenüber dem Donaukurier sagte der Eichstädter Bischofsvikar Georg Härteis, dass er den 48-Jährigen am Freitag in der U-Haft besucht habe. Dem Pfarrer gehe es „einigermaßen gut“ und er mache einen „beherrschten Eindruck“, sagte Härteis, der Leiter der Personalkammer für die Pastoral in der Diözese Eichstätt. Er wolle „die Situation in solider Weise bestehen.“

Bistumsvertreter rief zu „Geduld“ auf

Am Sonntag wurden bei beiden Gottesdiensten in Reichertshofen Erklärungen des Eichstätter Generalvikars Isidor Vollnhals verlesen. „Das laufende Ermittlungsverfahren ist ergebnisoffen“, ließ Vollnhals der Gemeinde ausrichten. „Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.“ Vollnhals bat die Gemeinde um einen „angemessenen und wertschätzenden Umgang mit dem Beschuldigten“ und darum, „mit Geduld das Ergebnis der Ermittlungen abzuwarten.“ Allerdings sei die Situation „für uns alle erschütternd und verwirrend“. Außerdem öffnete das Bistum Eichstätt eine Hotline unter der Telefonnummer (0 84 21) 50 500, an die sich Gläubige bei Fragen wenden können. Viele Kirchenbesucher zeigten sich schockiert über den Verdacht, der über ihrem ehemaligen Geistlichen schwebt. Auch am Montag waren die Ermittlungen ein zentrales Gesprächsthema in Reichertshofen und Sengenthal.

Auch in der Pfarrkirche in Heideck wurde die Erklärung am Sonntag verlesen. Laut Informationen des Donaukuriers war das Gotteshaus bis auf den letzten Platz besetzt, sogar auf den Gängen standen Gläubige. Anstelle des inhaftierten Stadtpfarrers zelebrierte Georg Härteis die Sonntagsmesse. Für den Montagmorgen lud er zu einem Gebet in die Kirche ein.

In Heideck wird nun Kaplan Dominik Pillmayer die Aufgaben des Stadtpfarrers übernehmen. Bei der Messe in Liebenstadt zeigte der sich jedoch zugeknöpft, wie der Hilpoltsteiner Kurier berichtet. Pillmayer soll den anwesenden Journalisten verboten haben, zu berichten. Fotografierten sie doch, drohe ein Hausverbot und juristische Schritte.

Im Bistum Eichstätt wurden seit 1945 nach eigenen Angaben bisher insgesamt sieben Missbrauchsfälle untersucht.




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