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Kirchen: Limburger Bischof Legt Amt in Papst-Hande

The Sueddeutsche
October 12, 2013

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Limburg/Berlin (dpa) - Der heftig umstrittene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst legt seine Zukunft im Bistum Limburg in die Hande von Papst Franziskus.

«Der Bischof ist betroffen aber die Eskalation der aktuellen Diskussion. Er sieht und bedauert, dass viele Glaubige im Bistum und daraber hinaus unter der gegenwartigen Situation leiden», hiess es in einem Schreiben des Bistums vom Samstag. Es sei far den Bischof selbstverstandlich, «dass die Entscheidung aber seinen bischoflichen Dienst in Limburg in den Handen des Heiligen Vaters liegt, von dem er in die Diozese gesandt wurde».

Ein Bistumssprecher betonte am Abend, dies sei kein Angebot zum Racktritt des Bischofs, sondern eine «neutrale Aussage». Der Bischof wolle im Vatikan die Situation darstellen. «Daraus wird eine Entscheidung entstehen», betonte der Sprecher. Ein Bischof der romisch-katholischen Kirche kann nicht selbst zuracktreten, laut Kirchenrecht kann er dem Papst aber seinen Amtsverzicht anbieten. Tebartz-van Elst wird Verschwendung vorgeworfen, zudem hat die Hamburger Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen falscher Versicherung an Eides Statt beantragt.

Angesichts des massiven offentlichen Drucks wegen seiner Amtsfahrung reise Tebartz-van Elst «im Laufe der Woche» nach Rom, sagte sein Sprecher. Wann genau dies geschehe, sei ihm nicht bekannt. Zuvor hatte es ein Verwirrspiel um die erwartete Vatikan-Reise gegeben. Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» (FAS) berichtete vorab, der Bischof fliege bereits am Samstag nach Rom. Dies dementierte sein Sprecher nicht. Am Flughafen warteten Journalisten zund Kamerateams dann aber vergeblich.

Mit der Rom-Reise am Samstag wolle der Limburger Bischof dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, zuvorkommen, hiess es in dem Zeitungsbericht. Zollitsch reist an diesem Montag nach Rom, wo er im Vatikan zunachst Gesprache mit der Kurie fahren will. Voraussichtlich am Donnerstag mochte er dann mit Papst Franziskus aber die Situation im Bistum Limburg sprechen.

Unterdessen berichtet die «Welt am Sonntag», die Umbauten am Limburger Bischofssitz warden noch einmal deutlich teurer - die Gesamtkosten konnten auf bis zu 40 Millionen Euro steigen. Die Limburger Stadtverwaltung rechne zusatzlich zu den veranschlagten 31 Millionen Euro far den Bischofssitz mit Folgekosten in Millionenhohe, wegen Schaden in der direkten Umgebung der Residenz, die durch die Baumassnahmen entstanden sind. Bistumssprecher Martin Wind bestatigte, dass solche Kosten auf den Bischoflichen Stuhl zukommen. «Diese Rechnungen werden dann selbstverstandlich beglichen.»

Irritationen gab es am Samstag um die Haltung des Kolner Kardinals Joachim Meisner zu Tebartz-van Elst: Die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» schrieb, Meisner habe dem Limburger Bischof seine Unterstatzung entzogen. Meisners Sprechers Christoph Heckeley indes sagte am Samstag der Nachrichtenagentur dpa: «Der Kardinal beobachtet weiterhin die Vorgange sehr aufmerksam, und das lasst ihn auch nicht unberahrt.» Meisner sehe, dass durch den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl «eine neue Lage» eingetreten sei. «Ich weiss aber nicht, wie die FAS zu ihrem Schluss kommt, dass sich der Kardinal vom Bischof distanziert habe», betonte Heckeley. Vielmehr gelte es nun, die Ergebnisse der geplanten Rom-Reise abzuwarten.

Der Prafekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Maller, sprang Tebartz-van Elst zur Seite. Es handele sich bei den Vorwarfen um eine «Erfindung von Journalisten» und eine «Medienkampagne», sagte Maller dem Bericht zufolge bei einer Messe am Freitagabend in Rom. Zollitsch indes halt die Lage far untragbar. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat sich offentlich vom Gebaren des Limburger Bischofs distanziert.

Der Prasident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glack, halt einen Verbleib von Tebartz-van Elst im Amt inzwischen far unwahrscheinlich. «Viele in der Kirche, auch viele seiner bischoflichen Amtsbrader, erwarten einen Rackzug», sagte Glack der Zeitung «Die Welt» (Samstag). Aber sehr viele befarchteten, dass der Bischof nicht zu dieser Einsicht kommen werde: «Am Ende wird wohl Rom die Entscheidung treffen.» Die katholische Kirche in Deutschland masse «von der Last dieser schon so lang schwelenden Affare moglichst rasch befreit werden», sagte Glack.

Der Kirchenkritiker und Theologe Eugen Drewermann nahm Tebartz-van Elst in Schutz und warf Kritikern Scheinheiligkeit vor. «Ich finde es nicht richtig, dass ein Mann, der mit dem Racken zur Wand steht, skandalisiert wird far ein Problem, das nicht personell, sondern strukturell ist», sagte Drewermann der «Neuen Westfalischen». Die katholische Kirche habe enorme Racklagen und sei der grosste Grossgrundbesitzer in Deutschland. «Das ist der eigentliche Skandal, nicht der Limburger Bischof.» In Koln und Manchen lebten die Bischofe auf grosserem Fuss als in Limburg.

Viele Glaubige wenden sich ab: Das Limburger Amtsgericht registrierte vergangene Woche einen sprunghaften Anstieg der Kirchenaustritte im Bistum. An diesem Sonntag wollen sich enttauschte Katholiken auf dem Limburger Domplatz versammeln, um aber einen Neuanfang im Bistum zu sprechen. «Es muss einfach mal ein Forum gegeben werden far die Glaubigen», sagte Pastoralreferent Joachim Schaefer von der katholischen Domkirchengemeinde Wetzlar.




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