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Weiterer Fall Von Sexueller Belastigung Eines Gardisten

By Henry Habegger und Beat Kraushaar
Schweiz am Sonntag
January 11, 2014

http://www.schweizamsonntag.ch/ressort/nachrichten/weiterer_fall_von_sexueller_belaestigung_eines_gardisten/

[Schweizergardist packt aus: «Habe von Kardinalen Sex-Angebote erhalten»]

Die Vorwurfe rund um das sogenannte Homosexuellen-Netzwerk und die Schweizergarde weiten sich aus. Die sexuellen Belastigungen scheinen grossere Ausmasse zu haben als bisher bekannt.

Medienleute aus aller Welt mochten mit ihm sprechen. Fernsehstationen aus Deutschland und Italien mochten ihn interviewen. Aber der ehemalige Gardist G.* zogert, seine Identitat offentlich zu machen. «Ich muss mir das genau uberlegen», sagt der Schweizer. «Ich mache mir Sorgen um meine Familie. Mit dem Vatikan ist nicht zu spassen.» Der Kirchenstaat sei «eine Macht». Und vor dieser Macht furchtet sich der glaubige Katholik. Auch die Furcht, etwa von Ex-Gardisten als Verrater abgestempelt zu werden, halt ihn davon zuruck, offentlich aufzutreten.

In der «Schweiz am Sonntag» hatte G. erzahlt, wie er im Vatikan mit eindeutigen Angeboten belastigt worden war. 15 bis 20 Geistliche bis hinauf zum Bischof und Kardinal hatten ihm sexuell motivierte Avancen gemacht, so der ehemalige Gardist. Mit Alkohol, Einladungen und sexuellen Angeboten sollen sich die Diener Gottes ihm genahert haben. Vorgesetzte, die er informierte, nahmen ihn nicht ernst. Die Doppelmoral, auf die er wahrend seiner Gardezeit stiess, erschutterte und desillusionierte den jungen Mann. Er kehrte dem Vatikan zuletzt enttauscht den Rucken.

Sein Fall, den die «Schweiz am Sonntag» letzte Woche publik machte, sorgte weltweit fur Schlagzeilen. Zahlreiche Medien, von der deutschen «Welt» uber den britischen «Telegraph» bis zur amerikanischen «Washington Post», brachten ausfuhrliche Berichte, verfasst meist von Vatikan-Korrespondenten. Tausende von Leser-Kommentaren wurden weltweit aufgeschaltet, und bitterbose Karikaturen machten die Runde.

Ist G. uberrascht von diesem grossen Echo? «Ein wenig, aber nicht wirklich. Ich habe einfach die Realitat geschildert und finde es gut, dass daruber diskutiert und nicht mehr geschwiegen wird.»

Bei der «Schweiz am Sonntag» meldete sich diese Woche der Verwandte eines anderen ehemaligen Gardisten. Der Mann aus der Deutschschweiz, der vor zehn Jahren im Vatikan Dienst tat, soll ebenfalls von diversen Geistlichen sexuell belastigt worden sein. Der unterdessen verheiratete, «gross gewachsene Adonis» habe nach seiner Ruckkehr fast identische Vorkommnisse geschildert. «Auch er wurde sexuell angemacht, und wie G. hat er von Bischofen und Kardinalen eindeutige Angebote erhalten», sagt der Verwandte. Auch dieser Gardist habe von privaten Einladungen zu Essen mit viel Alkohol erzahlt. Nachts habe auf den Korridoren ein emsiges Kommen und Gehen geherrscht. «Geistliche gingen zu ihm, wenn er Wache hatte. Und einer, der Freude an ihm hatte, kam ihn sogar in die Schweiz besuchen.»

Dem Ex-Gardisten sei zu Beginn gar nicht bewusst gewesen, was da ablaufe. «Er glaubte anfanglich, diese Leute seien einfach besonders nett.» Erst nach und nach habe er gemerkt, was da in Wirklichkeit vor sich ging. Mit Namen hinstehen werde sein Verwandter nie und nimmer, glaubt der Mann. «Er ist sehr katholisch.» Und er wolle dem Ruf der Garde nicht schaden. Auch bei ihm spielen die Angst vor der Macht der Kirche und der Schutz seiner Familie eine Rolle.

Die Furcht ist nicht unbegrundet. Es gibt zum Teil gehassige Reaktionen von Ex-Gardisten, die die sexuellen Belastigungen im Vatikan als uble Nachrede und Rufschadigung an der papstlichen Garde bezeichnen. Andere werfen G. vor, dass er sich dies alles nur ausgedacht habe, um sich an der Garde zu rachen. «Die Aussagen eines Ex-Gardisten, welcher nicht einmal die Grosse hat mit seinem Namen und Bild hinzustehen», seien «wenig glaubwurdig», kritisierte ihn denn auch ein Leserbriefschreiber.

G. sieht das Problem nicht bei der Anonymitat. Er ist froh, dass jetzt ein weiterer Fall bekannt wurde, und hofft, dass noch weitere Opfer den Schritt an die Offentlichkeit wagen, damit der Druck auf die herrschende Doppelmoral im Vatikan wachst.

Diese Botschaft ist bei der Gardisten-Medienstelle bisher nicht angekommen. Diese sieht im Netzwerk der Homosexuellen kein Problem, wie sie letzte Woche mitteilte. «Fur sie stehen ganz andere Themen im Zentrum ihrer Kameradschaft», sagte Sprecher Urs Breitenmoser. Dies steht allerdings im Widerspruch zu Aussagen, die ein amtierender Kommandant einst machte: Er warnte seine Gardisten explizit vor gewissen Geistlichen, die er namentlich nannte. Eine Anfrage bei der Medienstelle, ob man Kenntnis von dieser Warnung hat, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

* Initialen geandert, Name der Redaktion bekannt

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