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"Ansporn, Aber Mit Blinden Flecken"

Katholisch
February 7, 2014

http://www.katholisch.de/de/katholisch/themen/kirche_2/140207_un_kinderschutzbericht_kritik_zustimmung.php

Auch am Tag nach den Vorwurfen des UN-Kinderrechtskomitees an der Missbrauchsaufarbeitung des Heiligen Stuhls – und der Kritik des Vatikan an der UN – wird das Thema hei? diskutiert. Wahrend am Donnerstag Prominente deutsche Katholiken die Kritik der UN zuruckwiesen, lasst auch der Vatikan den Vorwurf der Untatigkeit nicht unwidersprochen stehen. Es gab aber auch ein leises "mea culpa" aus Rom.

Aus Deutschland meldete sich Alois Gluck, der Prasident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), zu Wort und sprach von einer konsequenten Kursanderung der Kirche. Allein Papst Benedikt XVI. habe in zwei Jahren knapp an die 400 Priester wegen Missbrauchs aus dem Amt entlassen. In Deutschland und in einer Reihe anderer Lander habe man "ganz klar Konsequenzen gezogen aus dem Fehlverhalten der Vergangenheit", so Gluck im Deutschlandfunk. Bezogen auf die Vergangenheit, seien die Vorwurfe des UN-Komitees "nicht vollig unberechtigt", raumte er ein. Und: Bei einzelnen nationalen Bischofskonferenzen gebe es noch ein Ringen um den richtigen Kurs, etwa in Polen , wo der Schutz der Institution Kirche teils noch hoher gewichtet werde.

Auch der fruhere CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis wies die Kritik des UN-Komitees an der katholischen Kirche scharf zuruck. Bei dem Bericht handele es sich um einen "Angriff auf die katholische Kirche", sagte er demselben Sender als Mitglied im Kuratorium des konservativen Forums Deutscher Katholiken. "Die katholische Kirche wurde von den Kommunisten nie so angegriffen wie von den UN. Ich glaube, dass dort in diesem UN-Komitee Leute sitzen, denen es darum geht, die katholische Kirche an den Pranger zu stellen, und um nichts anderes."

Rom stort sich an drei Punkten der Kritik

Am Mittwoch hatte die Vorsitzende des Kinderrechtskomitees, Kirsten Sandberg, das Ergebnis des Berichts so zusammengefasst: "Sie haben nicht alles getan, was sie hatten tun konnen." Das war es nicht, was den Widerspruch vatikanischer Vertreter hervorrief. Schlie?lich hatte der fruhere Missbrauchsbeauftragte des Vatikan, der maltesische Bischof Charles Scicluna, wahrend einer Anhorung vor dem Komitee selbst eingeraumt, dass es "bestimmte Dinge" gebe, die der Vatikan "anders machen muss".

Das vatikanische Presseamt verbat sich noch am selben Tag eine "Einmischung" in die kirchliche Lehre von der Wurde des Menschen und sprach von einer Missachtung der Religionsfreiheit. Vor allem drei Dinge emporen Rom: Der Bericht berucksichtige zu wenig die jungsten Anstrengungen zum Schutz vor sexuellem Missbrauch, schlie?lich seien die vatikanischen Normen sehr verscharft worden, sagte der Vatikanvertreter beim Buro der Vereinten Nationen in Genf, Erzbischof Silvano Maria Tomasi.

Pater Hans Zollner ist Vizerektor der Papstlichen Universitat Gregoriana in Rom und dort Direktor des Instituts fur Psychologie.

Der zweite vatikanische Hauptkritikpunkt lautet, dass das Kinderrechtskomitee den besonderen Charakter des Heiligen Stuhls als Leitungsorgan der katholischen Kirche verkenne und ihn mit einem normalen Staat gleichsetze. Die Priester der Weltkirche seien keine vatikanischen Angestellten oder Funktionare, so Tomasi. Und unter die Rubrik "Einmischung" fallt aus vatikanischer Sicht etwa die Aufforderung des Berichts, die kirchliche Haltung zu Abtreibung zu andern, in katholischen Schulen uber Mittel zur kunstlichen Empfangnisverhutung aufzuklaren und sich auf die sogenannte Gender-Theorie zu verpflichten.

Kirche kein Kontrollorgan fur alle Katholiken

Der Leiter des Internationalen Zentrums fur Kinderschutz der Papstlichen Universitat Gregoriana, Hans Zollner, bezeichnete die UN-Empfehlungen hingegen als zusatzlichen "Ansporn" fur die Arbeit des Heiligen Stuhles im Bereich Kinderschutz. Es sei hochste Zeit gewesen, dass der Vatikan sich der turnusma?igen Evaluierung durch das UNCRC stellt, sagte der Jesuit am Donnerstag im Radio Vatikan: "Ich habe den Eindruck, dass sich der Heilige Stuhl keinen Gefallen damit getan hat, dass er vierzehn Jahre lang nicht die entsprechenden Berichte, die eingefordert wurden, lieferte". Nun mussten sich die Vertreter des Heiligen Stuhls "dem zu erwartenden Fegefeuer" aussetzen und alles auf sich nehmen, "was sich an Wut, Enttauschung und auch berechtigtem Arger uber sie ergoss."

Nachbesserungsbedarf sieht Zollner beim Tempo der Bearbeitung von Missbrauchsfallen an der entsprechenden Behorde der Glaubenskongregation. Mit nur zehn Mitarbeitern ausgestattet, sei diese durch die Zahl der Falle teilweise uberfordert gewesen. Auch musse die Prozessordnung transparenter werden, damit die Opfer einsehen konnen, an welchem Punkt ihr Prozess sei, sagte er dem Sender BR-alpha. Aber auch der Fachmann fur den Kampf gegen sexuellen Missbrauch bezeichnete das UN-Dokument als teils "ungerecht" und "verwirrend". So vermittele etwa die Forderung, dass der Vatikan die finanziellen Aufwendungen aller kirchlichen Einrichtungen zugunsten von Kindern kontrollieren solle den Eindruck, die Kirche sei ein "Kontrollorgan fur jeden Katholiken". (mit Material von KNA)

Von Agathe Lukassek

Zustimmung von Opfern

Die Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch" von Missbrauchsopfern hat die Kritik des UN-Kinderschutzkomitees am Vatikan begru?t. Es sei gut, dass der Umgang der katholischen Kirche mit den Missbrauchsfallen nun auf der internationalen Ebene gelandet sei, erklarte der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch. Jetzt solle sich der Europarat auf europaischer Ebene mit den Verhalten des Vatikans in Bezug auf sexuellen Missbrauch befassen. "Die Opfer in Irland, Deutschland, Osterreich, Polen, den Niederlanden und weiteren Landern sind bislang noch oft isoliert und haben keine Handhabe auf Ebene der europaischen Institutionen."

Den Vatikan und die katholische Kirche in Deutschland rief die Initiative auf, "endlich einen unabhangigen Zugang zu den Akten und Archiven zu gewahren, in denen sich Spuren des tausendfachen Kindesmissbrauchs durch Priester in den letzten Jahrzehnten befinden". Die Opfer hatten "ein Recht auf Transparenz und Aufklarung". Im Umgang mit ubergriffigen Priestern durfe es keinerlei Toleranz geben, so der Sprecher des "Eckigen Tischs". Weiter forderte er "endlich auch eine angemessene Entschadigung fur das institutionelle Versagen der katholischen Kirche beim Schutz der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendliche vor den Ubergriffen ihrer priesterlichen Mitarbeiter". (luk/KNA)

 

 

 

 

 




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