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„Vertuschung, das ist das Wort, das an der Kirche klebt“

shz
March 3, 2014

http://www.shz.de/schleswig-holstein/meldungen/vertuschung-das-ist-das-wort-das-an-der-kirche-klebt-id5890311.html


Ganz still war es im großen Tagungssaal des Travemünder Maritim-Hotels. Hätte ein Mitglied der Landessynode der Nordkirche einen Bleistift fallen gelassen, alle anderen hätten es gehört. „Vertuschung, das ist das Wort, das an der Kirche klebt“, sagte Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs (Foto) am Rednerpult. „Vertuschung, das wird man schwer los.“ Die Theologin berichtete vor den 156 Synodalen zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Nordkirche. „Das Spiel mit der Abhängigkeit war ein Perfides“, sagte Fehrs.

Ihre Kirche forderte die Bischöfin auf, beim Thema Missbrauch weiter genau hinzuschauen und hinzuhören. „Viele Gewaltopfer haben sich in ihrer Not an Seelsorger gewendet, aber diese haben es hilflos abgewehrt, es nicht geglaubt oder konnten es nicht aushalten“, sagte Fehrs. Die Schweigepflicht der Seelsorger sei teils wörtlich genommen worden, auch wenn das die Opfer gar nicht wollten. „Bezogen etwa auf Opfer von Gewalttaten sollte – behutsam und gemeinsam mit den Betroffenen – geklärt werden, ob die Seelsorger von ihrer Schweigepflicht entbunden werden können.“ In der früheren Nordelbischen Kirche war es in der Kirchengemeinde Ahrensburg zwischen den 70er und 90er Jahren zu einer unbekannten Zahl von Missbrauchsfällen gekommen. Ein Bericht einer unabhängigen Expertenkommission dazu wird sich nach Angaben von Fehrs noch bis zum Juni verzögern. Eine Kommission für Unterstützungsleistungen habe sich nach Angaben von Fehrs dagegen mittlerweile mit fast allen an die Kirche herangetretenen Missbrauchsopfern auf die Auszahlung von Anerkennungsleistungen geeinigt. Dabei handelt es sich nach Informationen dieser Zeitung um Beträge von deutlich mehr als 5000 Euro, die etwa für Therapiekosten oder zur Schaffung einer neuen beruflichen Existenz verwandt werden.

Während der Synode kritisierte der Synodale Michael Rapp auch den von Missbrauchsopfern gegründeten Verein „Missbrauch in Ahrensburg“. Die Strukturen des Vereins böten ein hohes Instrumentalisierungspotenzial. Es gebe erneute „Retraumatisierungen durch von außen kommende Gutmenschen“ sowie von Opfern, die versuchten, andere Opfer für eigene Zwecke oder Vereinszwecke zu missbrauchen.




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