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„kirche Erkennt Ihre Schuld Noch Nicht An“

Westfalische Wilhelms-Universitat
May 27, 2014

http://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/2014/mai/PM_Schuld_und_Kirche_nach_den_Missbrauchsfaellen.html

Dr. Julia Enxing

Nach dem Missbrauchsskandal muss die katholische Kirche der Theologin Dr. Julia Enxing vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ zufolge einen neuen Umgang mit der Schuld lernen. „Die 2010 bekannt gewordenen Missbrauchsfalle haben die Kirche tief erschuttert. Die Auseinandersetzung mit ihrer Schuld fallt ihr aber immer noch schwer. Es fehlen Worte und Gesten der Anerkennung der Schuld ebenso wie konstruktive theologische Ansatze“, sagt die Theologin. In vielen Missbrauchsfallen sei Vergebung gefordert worden, bevor Schuld eingestanden worden sei. „Hier wurde der zweite Schritt vor dem ersten getan.“ Enxing kundigt eine Tagung des Exzellenzclusters fur Ende Mai an, auf der sich katholische und evangelische Theologinnen und Theologen mit Schuld als Herausforderung fur Theologie und Kirche befassen.

Die Kirche musse ihre Schuld anerkennen und in ihr Selbstbild integrieren, fordert die Fundamentaltheologin. Anders gewinne sie verlorenes Vertrauen nicht zuruck. Auch wenn Ma?nahmen wie Telefon-Hotlines fur Opfer und Runde Tische ergriffen und Entschadigungen bezahlt worden seien, bestunden weiter Tendenzen, eine kollektive Verantwortung der Kirche zu leugnen. Indem sie jedoch Schuld nur als Verfehlung Einzelner verstehe, relativiere sie deren Reichweite.

„Die Kirche als Institution muss sich endlich zu ihrer Verantwortung bekennen“, sagt Enxing. Kirche sei kein Selbstzweck, sondern als Gemeinschaft von Christinnen und Christen gegrundet und von Gott eingesetzt. Verfehlungen von Mitgliedern dieser Gemeinschaft betrafen die Kirche als Ganze. Sich mit der strukturellen Schuld zu befassen, sei eine „gro?e Herausforderung der Zeit“. Dazu mussten jetzt Sprache und Gesten gefunden werden. Als positives Beispiel nannte die Wissenschaftlerin eine Geste des Bischofs von Osnabruck, Franz-Josef Bode. Er hatte 2010 mit dem Domkapitel vor 600 Glaubigen einen Bu?akt vollzogen, bei dem er sich bauchlings vor den Altar legte, um Demut und Scham auszudrucken. Solche liturgischen Bu?akte hatten Signalwirkung.

„Nicht nur ein katholisches Problem“

Unter den Glaubigen ist der Wissenschaftlerin zufolge viel Wut uber das jahrelange Vertuschen der Missbrauchsfalle zu spuren. Das Vertrauen Vieler in die Kirche sei zerstort. „Das hochste Gebot der Kirche ist die Gottes- und Nachstenliebe. Verantwortung fur Verfehlungen zu ubernehmen, ist Teil der Theologie.“ Enxing, die dem Habilitandenkolleg des Exzellenzclusters angehort, pladiert fur ein „Ende der Tradition der Sprachlosigkeit“.

Die Theologin unterstreicht, dass der Umgang mit Schuld nicht allein ein „katholisches Problem“ sei. „Allerdings ist die Problematik besonders pragnant, wenn es um die Schuld einer Kirche geht, die beansprucht ,heilig‘ zu sein.“ Die Schuld- und Glaubwurdigkeitskrise der Kirche schlage sich nicht nur in Kirchenaustritten nieder, sondern auch in einem steigenden Rechtfertigungsdruck fur jene, die noch dabei blieben, sagt die Theologin. Wie die Kirche jetzt mit Schuld umgehe, werde zum „Prufstein der Glaubwurdigkeit ihrer Botschaft“.

Die Tagung „Schuld als Herausforderung fur Theologie und Kirche“ findet vom 30. Mai bis 1. Juni im Franz Hitze Haus in Munster statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, Osterreich und der Schweiz gehen der Frage nach, wie Schuld und Schuldbekenntnis in das Selbstverstandnis der Kirche als Gemeinschaft der Glaubigen integriert werden kann. Aus der Konferenz soll ein Netzwerk hervorgehen, dass die wissenschaftliche Arbeit zum Thema Schuld vertieft. Dr. Julia Enxing forscht am Exzellenzcluster im Projekt C2-10 Kritik von innen. Modelle sozialen Wandels in der katholischen Kirche, das die Sozialethikerin Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins leitet. (ska/vvm)

 

 

 

 

 




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