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Missbrauchsvorwurfe Gegen "DAS Werk" in Bregenz

der Standard
November 10, 2014

http://derstandard.at/2000007891805/Missbrauchsvorwuerfe-gegen-Das-Werk-in-Bregenz

Zwei Aussteiger berichteten von sexuellen Ubergriffen und Einschrankung der Freiheit - Vatikan soll ein Jahr lang intensiv untersucht haben - Laut Vatikan kein Bericht zu Missbrauchsvorwurfen gegen "Das Werk"

Bregenz - Zwei ehemalige Mitglieder der direkt dem Papst unterstellten katholischen Gemeinschaft "Das Werk" in Bregenz haben schwere Vorwurfe gegen die geistliche Familie erhoben. Sie sprachen von Missbrauchsfallen und der Einschrankung der personlichen Freiheit innerhalb der Gemeinschaft, berichtete der ORF Radio Vorarlberg. Der Vatikan soll "Das Werk" ein Jahr lang intensiv untersucht haben.

Einer der beiden Aussteiger, ein heute 35-jahriger Brite, lebte laut ORF ab seinem 18. Lebensjahr sechs Jahre lang in der Gemeinschaft in einem ehemaligen Dominikanerinnen-Kloster in Bregenz-Thalbach. Seit 1983 ist dies der Hauptsitz der geistlichen Familie "Das Werk", rund 100 Schwestern und 30 Bruder und Priester sollen derzeit in dem Gebaude leben. Er sagte, er sei sich zum Schluss vorgekommen, wie in einer Sekte, standig uberwacht und sogar von seinem Beichtvater durchleuchtet. Selbst zur Beerdigung seines Gro?vaters habe er nicht gehen durfen, so der Brite im Radio-Interview.

Ein ehemaliger Werkpriester berichtete von mehreren Missbrauchsfallen seiner ehemaligen Mitbruder an "Werk"-Schwestern. Frauen, die Anschuldigungen erhoben, seien stets selbst als Verfuhrerinnen dargestellt worden. Ein Priester des Ordens soll auch bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden sein. Weil der aber von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr sprach, sei es zu keiner Anklage gekommen. Der Priester sei danach in der Kurie im Vatikan an eine zentrale Stelle versetzt worden, obwohl er intern den Missbrauch zugegeben haben soll.

Dementi des Vatikans

Der vatikanische Pressesprecher, Pater Federico Lombardi, hat am Montag dementiert, dass im Vatikan bereits ein Abschlussbericht der "Apostolischen Visitation" bei der mit Missbrauchsvorwurfen konfrontierten katholischen Gemeinschaft "Das Werk" vorliege. Er habe gegenuber der von der Gemeinschaft veroffentlichten Presseaussendung nichts zu erganzen.

Die "Apostolische Visitation" wurde von der Kongregation fur die Ordensleute gefuhrt, bestatigte Lombardi im Gesprach mit der APA. Er fugte hinzu, dass Visitationen eine normale Aktivitat der Kongregation seien. Es sei jedoch nicht auszuschlie?en, dass bei der Visite bei der Gemeinschaft "Das Werk" auch das Thema der Missbrauchsfalle angesprochen worden sei.

Neues Enthullungsbuch einer ehemaligen Schwester

Eine Stellungnahme der Leitung von "Das Werk" gab es in diesem Zusammenhang nicht. Allerdings au?erte sich die Gemeinschaft gegenuber der APA zu einer am Samstag erschienenen Biografie der ehemaligen "Werk"-Schwester Doris Wagner mit dem Titel "Nicht mehr ich: Die wahre Geschichte einer jungen Ordensfrau". Sie schildert in dem Buch kontrolliert, manipuliert, sexuell missbraucht und unter Druck gesetzt worden zu sein.

Zwar werde "Das Werk" in dem Buch nicht explizit genannt, laut dem Regionalverantwortlichen der Gemeinschaft, Pater Georg Gantioler, sei aus dem Kontext aber leicht zu entnehmen, dass es sich um die geistliche Familie "Das Werk" handle.

In der Stellungnahme hei?t es etwa: "Wir bedauern es sehr, dass sie (Anm. Doris Wagner) in einer derartig negativen Weise auf die Jahre in unserer Gemeinschaft zuruckblickt und viele positive Dinge, die sie erlebt hat, ausblendet." Der Inhalt des Buches gebe subjektive Darstellungen und Empfindungen der Autorin wieder, Elemente des Gemeinschaftslebens und unserer Lebensordnung seien aus dem Kontext gerissen.

"Apolstolische Visitation" zur Klarung der Vorwurfe

Die Gemeinschaft bedaure sehr, "dass ein Priester der Gemeinschaft eine kurze intime Beziehung mit der damals 24-Jahrigen unterhalten hat". Eine diesbezugliche Anzeige wegen Vergewaltigung sei jedoch sowohl in Deutschland als auch in Osterreich zuruckgewiesen worden. "Der Priester war stets zu rechtlicher, kirchlicher und personlicher Klarung des Vorfalls und zu personlicher Bu?e bereit", so Gantioler.

Der Regionalverantwortliche der Gemeinschaft raumte in seiner Stellungnahme auch ein, dass es eine "Apolstolische Visitation" zur Klarung der Vorwurfe gegeben habe. Der abschlie?ende Bericht der Kongregation sei jedoch noch ausstandig.

"Entwicklungsschritte"

Die Gemeinschaft hat nach den am Samstag offentlich gewordenen Anschuldigungen Fehler eingeraumt. Diese gehorten aber der Vergangenheit an, sagte Sprecher Georg Gantioler im ORF. Er bestatigte etwa, dass die Leitung fruher personliche Briefe noch vor dem Adressaten gelesen und abgefangen habe. Auch sei es vorgekommen, dass dem geistlichen Begleiter personlich Anvertrautes weitererzahlt worden sei. "Da sind die Grenzen manchmal flie?end gewesen", sagte der Sprecher. Heute kamen solche Vorfalle in der geistlichen Familie nicht mehr vor.

Explizit als Fehler bezeichnete der Geistliche die Praktiken etwa der Verletzung des Briefgeheimnisses aber nicht. "Man kann das jetzt Fehler nennen. Ich wurde sagen, das waren Entwicklungsschritte", so der Geistliche. Diese hatten aus der "pubertaren" Gemeinschaft eine "reife" Gemeinschaft gemacht, "auch durch schmerzliche Erfahrungen hindurch."

"Das Werk" ist eine 1938 gegrundete katholische Gemeinschaft, die seit 2001 vom Vatikan approbiert und als "Familie gottgeweihten Lebens" anerkannt ist. Der Hauptsitz des in zwolf Landern aktiven Ordens ist seit 1978 das Bregenzer Kloster Thalbach. In Osterreich gibt es Niederlassungen in Schoppernau im Bregenzerwald, in Feldkirch, Innsbruck und Wien. (APA, 8./9.11.2014)

 

 

 

 

 




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