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"Der Verantwortung Gestellt"

katholisch
January 22, 2015

http://www.katholisch.de/de/katholisch/themen/kirche_2/150122_ackermann_bilanz_missbrauch.php

Es gab Fortschritte, aber auch Ruckschlage: Nach funf Jahren Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche hat die Deutsche Bischofskonferenz heute Bilanz gezogen. Der Missbrauchsbeauftragte, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, sagte, die Kirche habe sich ihrer Verantwortung gestellt, die abscheulichen Taten verurteilt und die Betroffenen um Vergebung gebeten.

"Seitdem arbeiten wir an einer ehrlichen Aufklarung und Aufarbeitung, frei von falscher Rucksichtnahme, auch wenn uns Vorfalle gemeldet werden, die schon lange zuruckliegen. Die Betroffenen haben ein Recht darauf", so Ackermann.

Ackermann: Der Skandal hat die Kirche verandert

Ruckblende: Im Januar 2010 kam ein Stein ins Rollen, der die katholische Kirche in Deutschland in eine ihrer gro?ten Krisen sturzte. Nachdem Pater Klaus Mertes, der damalige Direktor des Berliner Canisuis-Kollegs, Missbrauchsfalle an Kindern und Jugendlichen an der katholischen Schule offentlich machte, wurden immer mehr Falle in ganz Deutschland bekannt. Die Tater der oft Jahrzehnte zuruckreichenden Verbrechen waren Gemeindepfarrer, Lehrer, Ordensleute, die das Vertrauensverhaltnis der Jugendlichen ausnutzten.

Der Trierer Bischof und Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Stephan Ackermann.

"Ich bin der festen Uberzeugung, dass das Thema die Kirche in unserem Land, aber auch weltweit verandert hat", sagte Ackermann. Die katholische Kirche habe einen "intensiven Lern- und Entwicklungsprozess durchlaufen, der bis heute nicht abgeschlossen ist". Sie habe es sich zur Aufgabe gemacht, Hinweisen sorgfaltig nachzugehen und Vorwurfe gewissenhaft zu prufen. Ziel sei es "flachendeckend zu einer Kultur der Achtsamkeit durch Praventionsarbeit auf allen Ebenen zu gelangen". Bei der Aufarbeitung des Missbrauchs seien vier Schritte ma?gebend: Die Wahrheit der einzelnen Falle aufzudecken, Verantwortung zu ubernehmen, die eigens entwickelten Leitlinien zum Umgang mit Missbrauch uneingeschrankt und aktiv umzusetzen, sowie Pravention zu starken.

27 Praventionsbeauftragte

Dieses Bemuhen schlagt sich in einer ganzen Reihe von Ma?nahmen und Projekten nieder. 8.500 Gesprache fuhrten allein die Mitarbeiter einer telefonischen Hotline , die im Marz 2010 eingerichtet wurde. Dort konnten Betroffene und ihre Angehorige ihre Erlebnisse schildern und sich bezuglich weiterfuhrender Hilfen beraten lassen. Die Hotline wurde nach fast drei Jahren zum Jahresende 2012 eingestellt, nachdem immer weniger Anrufe eingingen.

Au?erdem verstarkte die Bischofskonferenz ihre schon bestehenden "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch". Alle 27 Bistumer richteten Stellen fur Praventionsbeauftragte ein, die nach Angaben der Bischofskonferenz mit ihrer Expertise inzwischen vielfaltig gefragt sind: "Ich bin dankbar, dass unsere Praventionsbeauftragten inzwischen auch zu Fachberatern in Fragen der institutionellen Pravention au?erhalb des kirchlichen Raumes geworden sind", sagte Stephan Ackermann.

Au?erdem gibt es eine finanzielle Entschadigung: Die Opfer erhalten bis zu 5.000 Euro. Die Bischofskonferenz ist damit die erste gesellschaftliche Institution, die ein Modell zur materiellen Anerkennung des erlittenen Unrechts einrichtete.

Streit um wissenschaftliche Aufarbeitung

Streit entstand dagegen um die wissenschaftliche Aufarbeitung des Missbrauchs: Ein Projekt mit dem Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer platzte im Januar 2013 wegen inhaltlicher Differenzen. Die Bischofe sprachen von einem "zerrutteten Vertrauensverhaltnis", Pfeiffer warf der Kirche "Zensur und Aktenvernichtung" vor. In den Diozesen hatte es einige Kritik an dem Projekt gegeben, weil der Wissenschaftler Einblick in moglichst viele Personalakten der 27 Bistumer erhalten sollte. Gut ein Jahr spater, im Marz 2014, beauftrage die Bischofskonferenz einen anderen Forschungsverbund um den Mannheimer Psychiater Harald Dre?ing erneut mit dem Projekt .

Eine weitere Forschungsarbeit uber den Missbrauch in der katholischen Kirche ist bereits abgeschlossen: Ende 2012 kam eine Studie des Essener Psychiaters Norbert Leygraf zu dem Schluss, dass katholische Priester, die Minderjahrige missbraucht haben, in den seltensten Fallen in klinischem Sinne padophil seien.

Bischofe unterstutzen unabhangige Aufarbeitungskommission

Unterdessen kundigte Bischof Ackermann in seinem Statement am Donnerstag an, die Bischofe wurden "weitere Uberlegungen fur ein zukunftsgerichtetes Eintreten der Kirche fur den Schutz und die Rechte von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland" anstellen. Sie unterstutzen au?erdem die Idee, eine nationale unabhangige Aufarbeitungskommission einzurichten, die sich der gesamtgesellschaftlichen Problematik des Missbrauchs widmet. (gho)

Informationen der Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz hat in einem Dossier "Zum Thema: Sexueller Missbrauch" sind alle wichtigen Informationen und Dokumente zusammengefasst. Unter anderem sind dort die aktuellen Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjahriger zu finden, au?erdem die 'Rahmenordnung zur Pravention gegen sexualisierte Gewalt', sowie Listen von Personen, an die man sich bei Verdachtsfallen von sexuellem Missbrauch wenden kann - von den Beauftragte der Diozesen uber die Beauftragten der Ordensgemeinschaften bis hin zum Beauftragter der Bundesregierung.

Zum Dossier

Chronik des Missbrauchsskandals

Im Januar 2010 informierte der Jesuit Klaus Mertes mit einem Brief an ehemalige Schuler uber Missbrauchsfalle am Berliner Canisius-Kolleg. Er loste damit eine Lawine weiterer Enthullungen uber sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen aus. Katholisch.de nennt wichtige Stationen in der Geschichte des Missbrauchsskandals.

 

 

 

 

 




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