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Forscher Arbeiten an Einem Padophilie-detektor

Bieler Tagblatt
April 13, 2015

http://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/schweiz/forscher-arbeiten-einem-paedophilie-detektor

Forscher in Zurich und Basel arbeiten an einem Gehirntest, der Padophile erkennen soll. Damit konnte dereinst genauer eingeschatzt werden, wie gefahrlich ein Straftater ist. Das Vorhaben weckt aber auch Angste - vor praventiven Tests beispielsweise.

(sda) 43 Manner haben in Basel bereits an dem Experiment teilgenommen: 20 verurteilte Straftater, die Kinderpornografie konsumiert oder Kinder missbraucht hatten, sowie 23 Normalburger. Sie alle liessen sich an Kopf und Fingern verkabeln und losten Testaufgaben. Dabei wurden sie beispielsweise durch Kinderfotos abgelenkt, worauf erfasst wurde, wie stark die Ablenkung ausfiel. Die Apparate massen derweil, was die Probanden stimulierte.

Die "SonntagsZeitung" und "Le Matin Dimanche" hatten am Sonntag erstmals uber die Experimente berichtet. Sie werden von Forschern der Universitaren Psychiatrischen Kliniken Basel durchgefuhrt. Das Projekt wird vom Bundesamt fur Justiz finanziell unterstutzt, wie Sprecher Folco Galli auf Anfrage bestatigte. Parallel zum Basler Projekt bereiten auch Forscher der Psychiatrischen Universitatsklinik Zurich solche Tests vor.

Doch wozu uberhaupt solche Tests? Der Antrieb fur ihre Experimente sei ein Unbehagen uber die heutigen Methoden, mit denen die Gefahrlichkeit von Tatern eingeschatzt wird, sagen Forscher beider Projekte. "Es ist schwierig, padophile Neigungen zu erfragen oder zu messen, wenn der Proband nicht bereit ist, daruber Auskunft zu geben", sagt Andreas Mokros, der das Projekt in Zurich leitet.

Marc Graf, Direktor der Forensischen psychiatrischen Klinik in Basel und Leiter des dortigen Forschungsprojekts, weist auf dasselbe Problem hin: Wenn ein intelligenter Mensch wahrend eines Therapieverlaufs versichere, er habe keine Kinderfantasien mehr, wisse man nicht, ob das stimmt.

Mit dem Test, der jetzt entwickelt werde, hoffe man, die Objektivitat eines Befundes wesentlich verbessern zu konnen, sagt Graf. Verlaufen die Versuche weiterhin erfolgreich, ware der Einsatz dieses Detektors im Strafverfahren oder im Strafvollzug denkbar, glauben die Forscher.

Fur gewisse Inhaftierte konnte der Test auch eine Chance sein, sagen die Projektleiter. Sie sprechen wegen Kindesmissbrauch verurteilte Tater an, die an sich keine padophilen Neigungen haben. Diese konnten mit einem solchen Test zeigen, dass sie nicht padophil sind.

Studien aus Nordamerika zeigten, dass vermutlich fast 60 Prozent aller Missbrauchstater keine padophilen Neigungen hatten, sagt Mokros. "Diese Personen haben Kinder also aus anderen Grunden sexuell missbraucht, etwa weil sie Macht ausuben wollten, oder weil sie in Inzestfallen die Rolle der Ehefrau auf die Tochter ubertragen."

Wenn der Grund fur einen Missbrauch jedoch padophile Neigungen seien, sei das Ruckfallrisiko besonders hoch, sagt Mokros. "Es scheint deshalb bei Ersttatern sinnvoll herauszufinden, ob sie eine padophile Praferenz haben oder nicht." Dies konne helfen, die Ruckfallgefahr abzuschatzen.

Mokros und Graf sind sich der Brisanz ihres Unterfangens bewusst. Die Experimente wecken Schreckensvisionen von flachendeckenden Gehirntests ohne Anfangsverdacht, von der systematischen Vermessung des menschlichen Gehirns nach allfalligen kriminellen Neigungen. Von der "SonntagsZeitung" und "Le Matin Dimanche" befragte Richter ausserten denn auch grundsatzliche Bedenken.

"Es darf keine verdachtsunabhangige Untersuchung geben", sagt der Forensiker Mokros und mahnt generell zur Zuruckhaltung. Die Tests mussten moglichst lange im Forschungsstadium bleiben, bis ihre Zuverlassigkeit hinreichend bestatigt sei.

Und selbst dann durften sie nur als ein zusatzliches Element in einer ganzen Reihe von Untersuchungen eingesetzt werden. "Der Test soll die herkommliche Analyse nicht ersetzen, sondern erganzen", sagt Mokros.

Auch Graf halt fest: "Wir mussen mit dieser technischen Entwicklung sehr sorgfaltig umgehen. Solche Tests sind nicht nur ethisch-moralisch, sondern auch rechtlich heikel." Es musse eine gesellschaftliche Diskussion stattfinden, ob solche Tests in der einen oder anderen Form anwendbar seien. "Wir sind primar der Wissenschaft verpflichtet. Wir forschen, weil wir diese Zusammenhange verstehen wollen."

 

 

 

 

 




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