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Weisenauer Pfarrer Entschuldigt Sich

SWR
June 15, 2015

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/rp/sexuelle-gewalt-in-mainzer-kita-weisenauer-pfarrer-entschuldigt-sich/-/id=1682/did=15659406/nid=1682/1l0xpjh/

Der Weisenauer Pfarrer Christian Nagel hat sich wahrend eines Gottesdienstes am Samstagabend fur die sexuellen Ubergriffe in einer Mainzer Kita entschuldigt. Gleichzeitig kundigte er Aufklarung an.

Gleich zu Beginn des Wochenend-Gottesdienstes der Katholischen Gemeinde Maria Himmelfahrt lenkte Nagel auf das Geschehen in der kirchlichen Kita. "Ich bitte alle betroffenen Kinder, die an Leib und Seele verletzt wurden, um Entschuldigung", so Nagel.

Anschlie?end kundigte Nagel an, dass gemeinsam mit dem Verwaltungsrat versucht werde, die Vorkommnisse vollstandig aufzuarbeiten. Dafur wurde "alles Mogliche" getan.

In einer schriftlichen Erklarung, die im Anschluss des Gottesdienstes verteilt wurde, versprachen Pfarrer Nagel und Paul Rothenberger als Mitglied des Verwaltungsrates: "Gemeinsam mit jeder der katholischen Einrichtungen im Stadtgebiet organisieren wir Notfallplatze. Wir treffen auf eine gro?e Bereitschaft, aktiv zu helfen, in unserer Gemeinde, bei anderen Einrichtungen und im Bistum."

Die fristlose Kundigung von sieben Mitarbeitern - dem gesamten Personal der von den Vorfallen betroffenen Kita in Weisenau - sei "unumganglich" gewesen, da "entsprechende Hinweise und Anzeichen nicht ernst genommen wurden" und "nicht entsprechend gehandelt wurde und keine Hilfe von au?en eingeholt wurde".

"Schwere und schwerste Aufsichtspflichtverletzungen"

Das Bistum Mainz hatte sich bereits am Donnerstag ahnlich zu den moglichen Verfehlungen der Kita-Mitarbeiter geau?ert. Diese hatten Mitteilungen der Eltern uber Ubergriffe an ihren Kindern nicht ernst genommen, hei?t es in einem Brief des Bistums an die Eltern. Es gebe derzeit keine andere plausible Erklarung fur die Vorfalle als "schwere und schwerste Aufsichtspflichtverletzungen".

Den Angaben des Bistums zufolge waren 53 von 55 Kindern betroffen - sowohl aktiv wie passiv. Zweimal taglich habe es Ubergriffe gegeben, hatten Eltern dem Bistum berichtet. Nicht wenige Kinder seien traumatisiert, hei?t es in dem Brief an die Eltern. Allen betroffenen Kindern bietet das Bistum professionelle Hilfe an. Fur die Aufarbeitung der Ubergriffe wurden fur die Kinder Experten der Universitatsmedizin Mainz engagiert.

Landesjugendamt sieht Schuld bei Erziehern

Auch fur das Landesjugendamt ist die Frage der Verantwortung eindeutig. "Ich denke das ist ein Problem der Personen und des Teams", sagte der Prasident des Landesjugendamtes, Werner Keggenhoff, dem SWR am Freitag. "Das ist ungewohnlich, dass diese Situation nicht erkannt wird und dann auch nicht daraus abgeleitet gehandelt wird."

Mit den Ermittlungen wurde von der Staatsanwaltschaft die Kriminalinspektion Mainz beauftragt. Staatsanwalt Gerd Deutschler erklarte am Samstag im Gesprach mit dem SWR, dass zunachst die Kinder ermittelt werden, die andere Kinder missbraucht haben sollen - und diejenigen, die Opfer geworden sind.

Auch Verwandte sollen angehort werden

Angehort wurden dann auch die Eltern und die Mitarbeiterinnen der katholischen Kita, ebenso konnten in den kommenden Wochen Gro?eltern und andere Verwandte der Kinder von der Polizei befragt werden. Falls notig, wurden auch Rechtsmediziner und Psychologen zu Rate gezogen, so Deutschler weiter. Die Ermittlungen stunden aber erst am Anfang. Insgesamt konnten mehr als 100 Madchen, Jungen, Familienmitglieder und Erzieherinnen befragt werden.

Als reine Spekulationen bezeichnete der Oberstaatsanwalt die Vermutungen, Kinder konnten zu Hause Pornografie gesehen oder gar selbst missbraucht worden sein. Das seien bislang reine Spekulationen. Das Alltagswissen sage aber, dass Drei- bis Vierjahrige so etwas nicht im Bewusstsein haben.

Eltern klagen an

Am Freitag hatten zudem mehrere Eltern Vorwurfe gegen die Erzieherinnen erhoben: Ein Vater sagte dem SWR, dass sein Sohn eine Erzieherin mit den Worten "da hinten sind Kinder, die sich ganz doll wehtun" auf die Vorgange aufmerksam gemacht habe - geschehen sei daraufhin jedoch nichts. Dass seinem Sohn in der Not nicht geholfen wurde, mache ihn sehr wutend.

Eine Mutter sagte dem SWR, dass das Bistum fur die Kita viel mehr Personal hatte bereitstellen mussen. So seien zuletzt 55 Kinder von sieben Mitarbeitern betreut worden. Diese Zahl entspricht zwar dem Betreuungsschlussel fur Kindertagesstatten in Rheinland-Pfalz, sei aus ihrer Sicht aber nicht ausreichend. Zudem sei es fur sie unerklarlich, dass viele Eltern von den Vorgangen offenbar wussten und als Reaktion ihre Kinder aus der Kita genommen hatten, ohne eine Warnung auszusprechen. Damit hatte man den verbliebenen Kindern viel Leid ersparen konnen.

Der Betreuungsschlussel fur Kindertagesstatten in Rheinland-Pfalz schreibt vor, dass sich eine Betreuerin um maximal 8,2 Kinder kummern darf, wenn diese Kinder zwischen zwei und acht Jahre alt sind. Bei jungeren Kindern ist der Betreuungsaufwand deutlich hoher, da ist jeweils ein Betreuer fur 3,5 Kinder vorgesehen.

Generalvikar Pralat Dietmar Giebelmann nannte die Vorkommnisse "massive sexuelle Ubergriffe" von Kindern an Kindern. Nach seinen Angaben gab es bereits vor etwa funf Monaten erste Hinweise. Eltern seien mit Kindern beim Arzt gewesen. Dort seien Verletzungen im Genitalbereich festgestellt worden. Einige Eltern hatten im Dezember mit der Kita-Leitung gesprochen - ohne dass etwas geschehen sei. Die Mitarbeiter hatten ausgesagt, nichts mitbekommen zu haben - obwohl sie im selben Raum gewesen waren, wie Giebelmann betonte.

Auch Kardinal Karl Lehmann sei uber das Ausma? und die Vielzahl der Falle tief betroffen, sagte Giebelmann. Die Einrichtung soll noch uber die Sommerferien bis zum neuen Kita-Jahr im September geschlossen bleiben.

 

 

 

 

 




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