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Aneinander Vorbeigeredet

By Matthias Drobinski
The Sueddeutsche
September 11, 2015

http://www.sueddeutsche.de/panorama/katholische-kirche-und-glaeubige-aneinander-vorbeigeredet-1.2644154



Am Anfang stand der bittere Skandal um die sexuelle Gewalt von Priestern und Kirchenmitarbeitern, der die katholische Kirche im Jahr 2010 in den Abgrund blicken lie?. Und als es um die Frage ging, was nun anders werden musste in dieser Kirche, folgte die Erkenntnis: Die Bischofe und das Kirchenvolk mogen die gleichen Gebete sprechen - doch sie reden aneinander vorbei, dass sich dem Heiligen Geist die Federn strauben mussten, sollte er wirklich eine Taube sein.

In dieser Not hatte Robert Zollitsch, damals Vorsitzender der Bischofskonferenz, eine Idee: Man musste mal reden mit dem Volk. Schon vor funf Jahren zog dieser Gesprachsprozess einigen Spott auf sich. Das Kirchenvolk? Es trafen sich die Bischofe mit ausgewahlten Vertretern aus den Pfarreien und Verbanden, der Priester und Ordensleute. Und woruber reden, wenn doch nichts entschieden werden kann? Der konservative Kolner Kardinal Joachim Meisner zum Beispiel machte bei sich daheim im Erzbistum schnell klar: Ubers Beten konnen wir gerne sprechen, uber Veranderungen nicht.

Jetzt endet dieser Prozess. Und siehe da: Das Verhaltnis zwischen Bischofen und Kirchenvolk ist in diesen funf Jahren tatsachlich besser geworden. Man hat sich kennen und auch schatzen gelernt. Einige Bischofe haben eigene Foren in ihrem Bistum eingerichtet. Und dass es nun ein liberaleres kirchliches Arbeitsrecht gibt, liegt auch daran, dass viele Dialog-Teilnehmer dies forderten.

Insgesamt aber zeigt der Prozess, wie schwer es in der katholischen Kirche immer noch ist, etwas zu verandern, wie verbreitet immer noch die Angst vor zu viel Aufbruch und Umbruch ist, gerade unter Bischofen. Auf keinen Fall durften am Ende des Dialogs gemeinsame Forderungen der Teilnehmer stehen, gar noch per Abstimmung beschlossen. Blo? keinen Druck ausuben! Ja nicht die konservativen Kreise reizen, die dann in Mails und Briefen vom Verrat am Glauben reden! Nur nicht so viel von Wiederverheirateten, Homosexuellen, Verhutungsmitteln und Frauenpriestertum sprechen! Aber - warum eigentlich nicht?

Seit zweieinhalb Jahren sitzt der gro?ere Veranderer und Dialogsucher selbst im Vatikan: Papst Franziskus. Auch das lasst jetzt diesen Prozess so merkwurdig blass aussehen: Die Kirchengeschichte hat ihn uberholt. Es geht kein starkes Signal nach Rom und in die Weltkirche hinaus, wie vor 40 Jahren von der Wurzburger Synode, als Bischofe, Theologen und Laienvertreter berieten, was es hei?t, als Kirche und als glaubiger Katholik in der modernen Welt zu stehen.

Papst Franziskus lasst die Reformbemuhungen der Bischofe blass erscheinen

So gesehen war der Dialogprozess eine Art katholische Gruppentherapie: Man hat Verletzungen aufgearbeitet, Vorurteile abgebaut, und kann auch wieder miteinander reden. Das ist ein respektables Ergebnis. Aber ob es reicht, Impulse fur eine Kirche in der Entscheidungszeit zu geben?

Die konservativen Krafte organisieren sich gerade fur die Bischofssynode, in der es im Oktober um die Frage geht, wie die Kirche kunftig uber Ehe, Familie, Sexualitat redet. Dass sie das tun, ist nicht schlimm und bose, sondern naheliegend und ihr gutes Recht: Dialog hei?t ja gerade nicht, dass nun alle gefalligst einer Meinung sind. Dass aber jene so verzagt sind, die sich fur Veranderungen einsetzen - das erstaunt schon.

 

 

 

 

 




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