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Sexueller Missbrauch Canisius Kolleg - Katholische Kirche Behinderte Ermittlungsbehorden

Hannover Zeitung
November 30, 2015

http://www.hannover-zeitung.net/aktuell/vermischtes/47230114-taten-im-missbrauchsfall-canisius-kolleg-nicht-verj%C3%A4hrt

Die katholische Kirche hat die Aufklarung der Straftaten des Haupttaters Pfarrer Peter R. im Missbrauchsskandal am Berliner Gymnasium Canisius Kolleg 2010 aktiv behindert. Das zeigt erstmals die ARD/WDR-Dokumentation "Richter Gottes" von Eva Muller aus der Sendereihe "Die Story im Ersten" am Montag, 30. November um 22.45 Uhr. Darin au?ert sich der Tater zum ersten Mal offentlich. Die Staatsanwaltschaft Berlin pruft nun die Aufnahme neuer Ermittlungen.

Anfang 2010 berichteten ehemalige Schuler von Pfarrer Peter R. am Berliner Gymnasium Canisius Kolleg, dass er sie nackt fotografiert, angefasst und zur Selbstbefriedigung genotigt habe. Sie losten damit den Missbrauchsskandal der katholischen Kirche in Deutschland aus. Die Rede ist von mehr als 100 Opfern. Bereits im Februar 2010 meldete die Staatsanwaltschaft Berlin, dass Peter R.'s Taten verjahrt seien und deshalb keine strafrechtlichen Konsequenzen hatten.

Vier Wochen spater, Anfang Marz 2010, meldete sich jedoch im Bistum Hildesheim ein 14-jahriges Madchen, das dort angibt, Peter R. habe auch sie bedrangt. Die Kirche veroffentlicht diese Meldung nicht, informiert die Familie der 14-Jahrigen und die Behorden nicht, vernimmt aber den Tater selbst dazu und leitet durch den Hildesheimer Bischof Norbert Trelle eine interne, kirchenrechtliche Voruntersuchung zu diesem Fall ein. Zur selben Zeit sagt der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, offentlich eine umfassende, "ehrliche Aufklarung" und bessere Zusammenarbeit mit den staatlichen Behorden zu.

Erst als das Madchen im Oktober 2010 in eine Kinderpsychiatrie eingewiesen wird und sich seine Familie daraufhin von sich aus beim Bistum Hildesheim meldet, informiert das Bistum auf ihr Drangen Ende Dezember 2010 auch die Behorden. Die Tatsache, dass es sich bei dem Beschuldigten um den Haupttater des Berliner Canisius-Missbrauchsskandals mit mutma?lich mehr als 100 Opfern handelt, erwahnt das Bistum Hildesheim offenbar bei seiner Anzeige nicht: "Aus den Ermittlungsakten ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Kollegen irgendwelche Hinweise darauf hatten, dass es sich bei dem Beschuldigten um eine der Hauptpersonen des Missbrauchsskandals um das Canisius Kolleg handeln konnte. Wir mussten davon ausgehen, dass es sich hier um einen Einzelfall handelt und haben die Sache auch entsprechend behandelt", sagt der Berliner Oberstaatsanwalt Martin Steltner in der ARD/WDR Dokumentation. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellt 2011 die Ermittlungen im Fall des Madchens wegen geringen offentlichen Interesses gegen Zahlung einer Geldauflage von Pfarrer Peter R. ein. "Wir sind moglichen weiteren Opfern schuldig, dass wir die neuen Erkenntnisse, die wir jetzt bekommen haben, prufen. Dass wir prufen, ob sich daraus neue Ermittlungsansatze ergeben", sagt Oberstaatsanwalt Steltner.

In der ARD/WDR-Dokumentation "Richter Gottes" bestatigt Pfarrer Peter R. selbst diesen Vorfall und au?ert sich erstmals in einem Interview zu den gegen ihn erhobenen Vorwurfen. Er bestatigt au?erdem, dass er von einem Berliner Kirchengericht noch 2012 zu diesem Fall befragt und dort "wegen sexueller Handlungen an einer Minderjahrigen" zu 4.000 EUR Geldstrafe verurteilt worden sei, die er auch abbezahlt habe. Von diesem kircheninternen Prozess hat das junge Opfer aus Hildesheim selbst nie erfahren. Auch eine finanzielle Entschadigung bekam die inzwischen 20-Jahrige bis heute nicht von der Kirche.

"Die Story im Ersten: Richter Gottes" (ARD/WDR) zeigt Das Erste am Montag, 30. November, um 22.45 Uhr. Online first wird der Film bereits ab Montag, 10 Uhr, in der ARD-Mediathek und der WDR-Mediathek zu sehen sein.

 

 

 

 

 




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