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Kirche weist Vertuschungsvorwurf im Missbrauchsskandal zurück

MOZ
December 01, 2015

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Hildesheim (DPA) In den 70er und 80er Jahren soll ein Priester mindestens 100 Kinder am Berliner Canisius-Kolleg sexuell missbraucht haben. 2010 berichtete ein Mädchen dem Bistum Hildesheim, dass der Mann auch sie sexuell bedrängt habe. Doch zunächst passierte nichts.

Das Bistum Hildesheim hat Vertuschungsvorwürfe im Skandal um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche vehement zurückgewiesen. Der 2010 von einer 14-Jährigen erhobene Missbrauchsvorwurf gegen einen Pfarrer sei keinesfalls zu spät an die Staatsanwaltschaft weitergegeben worden, sagte Bischof Norbert Trelle am Dienstag in Hildesheim.

In einer am Montag ausgestrahlten WDR-Dokumentation war dem Bistum vorgeworfen worden, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aktiv behindert zu haben. Täter im jetzt bekanntgewordenen Fall soll Pater Peter R. gewesen sein, der 2010 im Zentrum des Missbrauchsskandals am Berliner Gymnasium Canisius-Kolleg mit mehr als 100 Opfern stand.

An der Jesuitenschule hatte es jahrelange systematische sexuelle Übergriffe gegeben. Die dem heute 74-jährigen Peter R. vorgeworfenen Taten am Canisius-Kolleg sind alle verjährt. Die Ermittlungen im Fall der 14-Jährigen aus Hildesheim stellte die Staatsanwaltschaft Berlin 2011 laut WDR wegen geringen öffentlichen Interesses gegen Zahlung einer Geldauflage ein. Dabei hatten die Ermittler allerdings nicht im Blick, dass Peter R. als Haupttäter im Canisius-Skandal galt und auch im Bistum Hildesheim zuvor schon zwei Frauen und eine Jugendliche aus Mexiko bedrängt haben soll.

"Wir würden es begrüßen, wenn angesichts der jüngsten Entwicklung die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufnehmen würde", sagte Bischof Trelle. Peter R. war nach Abschluss des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens von einem Kirchengericht zu einer Geldstrafe von 4000 Euro verurteilt worden. Das heute 20 Jahre alte Opfer aus dem Bistum Hildesheim erhielt keine Entschädigungszahlung von der Kirche, weil diese bei noch lebenden Tätern zivilrechtlich zu erstreiten wäre.

Das Mädchen hatte sich im März 2010 mit einer Lehrerin an das Bistum gewandt. Das erste Gespräch habe aber keine eindeutigen Hinweise auf Missbrauch ergeben, sagte Weihbischof Heinz-Günter Bongartz. Er habe das Kind ermutigt, mit einer Vertrauensperson zu sprechen. Allerdings informierte die Kirche nach dem ersten Gespräch nicht die erziehungsberechtigten Großeltern. Dies möge unachtsam oder dumm gewesen sein, sagte Bongartz. Er habe den Pater aber auf keinen Fall schützen wollen. Der 74-Jährige darf sein Priesteramt nicht mehr ausüben, erhält aber seine Altersbezüge.

Dem Bischof zufolge erfuhr die Kirche erst bei einem zweiten Treffen mit den Großeltern im November 2010 vom Ausmaß des Missbrauchs. Der beschuldigte Priester war ein enger Freund der Familie, die damals Elfjährige besuchte ihn und blieb über Nacht in Berlin. In einer schriftlichen Erklärung gab das Mädchen an, dass der Geistliche sich dort nachts auf sie gelegt und unter anderem versucht habe, sie zu küssen. Nach dieser Darstellung zeigte das Bistum den Fall bei den Behörden an, lieferte aber keine Details zur Vorgeschichte des Beschuldigten.




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