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Missbrauch in Der Katholischen Kirche: Der Pater, DAS Madchen Und Ein Geheimes Protokoll

Spiegel
December 5, 2015

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/missbrauch-hildesheimer-bischof-trelle-macht-fragwuerdige-aussagen-a-1066066.html

Hildesheimer Bischof Trelle: Was hei?t kussen?

Fur den Hildesheimer Bischof Norbert Trelle steht in diesen Tagen seine Glaubwurdigkeit auf dem Spiel.

Grund ist der Fall Peter R. Die Moglichkeit, den Priester als mutma?lichen Missbrauchstater vor ein ordentliches Gericht zu bringen, hat das Bistum Hildesheim im Marz 2010 offensichtlich leichtfertig vertan. Anzeige erstattete man erst geraume Zeit spater.

Am 4. Marz 2010 kam eine Religionslehrerin mit ihrer 14-jahrigen Schulerin in die Hildesheimer Bistumszentrale, um einen sexuellen Missbrauch anzuzeigen. Das Madchen bestatigt: "Ich berichtete dort, dass der Priester Peter R. sich nachts zu mir ins Bett gelegt und mich gekusst hat."

Das Madchen von damals ist inzwischen 20 Jahre alt und meldete sich jetzt noch einmal zu Wort. Das geschah in einer Dokumentation der Filmemacherin Eva Muller, der Beitrag wurde Anfang dieser Woche in der ARD-Reihe "Die Story" ausgestrahlt.

Bischof Trelle dementiert

Trelle reagierte emport: "Der Vorwurf einer Verschleppung und Vereitelung ist ungeheuerlich." Das Gesprach mit der 14-Jahrigen habe damals "keine eindeutigen Hinweise auf sexuellen Missbrauch ergeben". Aus dem bislang geheimen internen Gesprachsprotokoll zitierte er dabei nicht.

Doch darin sollen die Formulierungen "Zu mir ins Bett legen" und "Kussen" auftauchen, das sagen mehrere Personen aus dem Bistum, die das Schriftstuck einsehen konnten. Das Opfer ist schockiert von der jungsten Reaktion des Bischofs. Die junge Frau fordert: Das Bistum solle nach Rucksprache mit ihr der Offentlichkeit Einblick in Passagen des Protokolls geben.

Peter R. galt Anfang 2010 bereits als ein Haupttater im Fall des jahrelangen sexuellen Missbrauchs am Berliner Canisius-Kolleg. Samtliche Taten aber waren damals bereits verjahrt.

Kurz vor dem 4. Marz 2010 hatte die Lehrerin im Religionsunterricht das Thema Missbrauch durchgenommen, weil es seit Wochen Schlagzeilen machte. Auf Fotos in zahlreichen Artikeln war Peter R. zu erkennen.

Die Schulerin weinte und wirkte verstort, das bemerkte die Religionslehrerin. Ihr Mann Wilfried Otto, ein Hildesheimer Diakon, wusste sofort Bescheid, als der Name Peter R. fiel. Telefonisch kundigte er den Besuch seiner Frau und des Madchens in der Hildesheimer Kirchenzentrale an. Es gehe um sexuellen Missbrauch.

Otto war Nachfolger von Peter R. in der Hildesheimer Gemeinde "Guter Hirte" und kannte dessen dunkle Vorgeschichte sehr gut. Auf SPIEGEL ONLINE machte der Diakon schon im Februar 2010 das interne Wissen um Peter R. im Bistum Hildesheim offentlich.

Konkrete Vorwurfe hatte es intern schon seit Jahren gegeben, doch Peter R. wurde vom Bistum Hildesheim nur nach Wolfsburg und Hannover versetzt. Auch Diakon Otto kritisierte damals die Bistumsspitze und bekannte reumutig: "Ich war zum Stillschweigen verdonnert." Bistum und Bischof entschuldigten sich dafur. Und: Bischof Trelle gelobte Besserung.

Doch das Versprechen hielt nicht lange. Als die damals 14-Jahrige knapp einen Monat spater ganz neue Vorwurfe gegen Peter R. vortrug, die obendrein noch nicht verjahrt waren, uberlie? man die Jugendliche am Ende des Gesprachs trotzdem sich selbst.

Sie wurde im Oktober 2010 in eine Kinderpsychiatrie eingewiesen. Im Abschlussbericht des behandelnden Arztes ist unter dem Punkt "Aufnahmeanlass" der Umstand benannt: Missbrauch.

Wutende Gro?eltern

Bischof Trelle behauptet, er habe erst im November 2010 Erkenntnisse gehabt. Erst da habe sich das Madchen zum ersten Mal personlich mit konkreten Vorwurfen an sein Bistum gewandt. Danach hatte man auch kircheninterne Ermittlungen eingeleitet.

Trelle scheint es nicht zu storen, dass er sich im Widerspruch zu seiner eigenen Pressestelle befindet. Die bestatigte vergangene Woche uber den 4. Marz 2010 der ARD-Filmemacherin Muller schriftlich: "Ein junges Madchen wird auf Wunsch ihrer Lehrerin und deren Mann, eines Hildesheimer Diakons, angehort. Das Ehepaar vermutet, dass das Madchen einen sexuellen Missbrauch durch Peter R. erlebt hat. Das Madchen berichtet, dass sie sich von Peter R. bedrangt fuhle. "

Und die Mitarbeiter teilten mit, das Madchen habe sich nach dem Gesprach im Marz nie mehr bei ihnen gemeldet. Nur die Gro?eltern - inzwischen von der Enkeltochter eingeweiht - hatten sich im November 2010 beim Bistum gemeldet. Sie fragten wutend nach, ob man dort etwa schon langer Bescheid wisse. Und sie verlangten endlich eine Verfolgung des Taters.

Die erst durch dieses Drangen der Familienangehorigen erfolgte Anzeige des Bistums Hildesheim erreichte die Staatsanwaltschaft drei Tage vor Weihnachten 2010. Die Ermittler stellten das Verfahren jedoch wegen geringen offentlichen Interesses gegen Geldauflage ein.

 

 

 

 

 




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